Skip to main content
Log in

Beobachtungen beim Grauspecht (Picus canus Gmelin) in der Brutzeit

  • Published:
Journal für Ornithologie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der Grauspecht bewohnt im Teutoburger Wald vorwiegend die Randlagen der Buchenwälder auf Muschelkalk und Pläner. Er fehlt im Nadelwald. Die Siedlungsdichte ist fast überall geringer als beiP. viridis. Ökologische Unterschiede gegenüber diesem wurden im engeren Beobachtungsgebiet nicht ermittelt. Am Stadtrand von Bielefeld wurden in den Jahren 1949 bis 1962 sieben Grauspechtreviere festgestellt; davon waren mindestens vier alljährlich besetzt. Die Reviere werden kurz beschrieben. Planbeobachtungen erfolgten im Revier „Bethel“ bei Bielefeld in den Jahren 1960 bis 1962.

Der Zeitraum der Balzaktivität umfaßt die Monate Februar bis April. Balz und Revierverteidigung sind temperaturabhängig. Beschrieben werden Richtungsflüge, Bogenflüge, Rufkorrespondenz, Trommeln, Höhlenanzeigen und Drohen. Es trommelt fast nur das ♂. Das verpaarte ♀ beteiligt sich an der Revierverteidigung meist ohne Trommeln und ohne Rufreihen. Mit Höhlenwahl bzw. Beginn der Bautätigkeit flauen die auffälligen Balzaktionen ab; die intimeren reichen bis zum Brutbeginn. Die Kontakte zwischen Grauund Grünspecht sind schwach und reichen weder zur Verpaarung noch zur räumlichen Trennung der Arten.

Fast alle Grauspechthöhlen des Beobachtungsgebietes sind in Buchen angelegt. Die Lage der Höhlen ist sehr charakteristisch. Im Kontrollrevier wurde in drei Jahren zweimal eine neue Höhle gebaut, einmal eine alte gewählt.

Beim Höhlenbau eines Paares überwog der Anteil des ♀ bei weitem. Unterschieden werden Außenbau (Frühphase) und Innenbau (Spätphase). „Vorsichern“ und „Ruhesitz“ werden als stereotype Verhaltensweisen beschrieben. Schlagrhythmus und Folge des Späneauswerfens wurden mit dem Sekundenzeiger gemessen und teils graphisch dargestellt. Eine Bruthöhle war in 12 Tagen fertig. Jeder Partner arbeitete für sich. Warmes Wetter setzte die Bauaktivität stark herab. Das Verhalten bei Störungen war bei Außen- und Innenbau verschieden.

Die abendlichen Einschlupfzeiten des ♂ bis zum Bebrütungsbeginn werden dargestellt, die Verhaltensweisen des ♂ beschrieben.

Die Brutdauer wurde bei zwei Paaren indirekt ermittelt und betrug höchstens 17 Tage. Bei 5 Ganztagsbeobachtungen wurden täglich 3 bis 4 Ablösungen beobachtet. Die Schichtdauer beim Brüten wird zahlenmäßig belegt. Die Ablösungen werden graphisch dargestellt. Nachmittags brütet das ♂ manchmal allein bis zum nächsten Morgen. Nachts brütet stets das ♂. Die Abendeinschlupfzeiten werden dargestellt. Das Verhalten der Brutpartner wird genau beschrieben: Das ♂ kündigt die Ablösung durch Rufreihen an, das ♀ nicht. Auf kurze Distanz dient der djük-Ruf als Ablösungssignal. Es werden 3 Versionen der Ablösung beschrieben, ferner das „Ausschau-Halten“, verschiedene Formen des Sicherns und Reaktionen bei Störungen.

Die Nestlingsdauer betrug bei 2 Bruten 23/24 und 26/27 Tage.

Etwa mit dem Tage des Schlüpfens hören die Rufreihen der Eltern auf. Ungefähr bis zum 5. Nestlingstag huderten die Partner in Ablösung, danach warteten sie den Anflug des Partners nicht mehr ab. Nachts huderte das ♂ bis zum 10. bzw. 13. Nestlingstag. Die Einschlupf-, Huder- und Fütterungszeiten werden dargestellt. In 7 Ganztagsbeobachtungen sowie in halbtägigem und stundenweisem Ansitz wurden über 300 Fütterungsanflüge protokolliert. Vom 9./10. Nestlingstag bis zum Ausfliegen ergaben sich im Mittel von 265 Fütterungsanflügen 1,9 Fütterungen je Stunde.

♂ und ♀ flogen bei einem Brutpaar in fast gleichem Maße an, in einem anderen Falle war das ♂, in einem dritten das ♀ der aktivere Teil. Ein ♂ hörte am 26. Nestlingstag auf zu füttern. Die Höchstzahl der Anflüge betrug 37 an einem Tage. Aus Futterresten wurdenMyrmica rubida undLasius flavus bestimmt. Selten halten sich beide Gatten gleichzeitig in der Höhle auf. Ab 15./16. Tag werden die Jungspechte am Höhleneingang gefüttert. Das Fütterungsverhalten wird beschrieben. Die ♂ ♂ füttern mehr Einzelportionen je Anflug als die ♀♀. Im Mittel vieler Fütterungsanflüge fütterte das ♂ 6,2mal, das ♀ 4,9mal einzeln je Anflug.

Der Kot wird zunächst von beiden Eltern abtransportiert. Das ♀ hört am 16./17. Tag, das ♂ erst am 23. Tag auf zu reinigen. Das „gewaltsame“ Eindringen des ♂ wird beschrieben, ebenso die Distanzfütterung des ♀.

Bei Begegnungen am Nistbaum erhält das ♂ den Vortritt.

Das unauffällige Verhalten der Eltern bei Störungen wird beschrieben. Der Warnruf ist „kük“.

Die Lautäußerungen der Jungen und die Entwicklung der arttypischen Rufe werden dargestellt. Die Jungen reagieren zunächst auf Tastreize (Bussmann 1944), später auf Helligkeits-, Kratz- und zuletzt auf Sehreize. Die Jungen betteln auch in den letzten Nestlingstagen nur periodisch.

Einmal zeigte sich ein Grünspecht- ♂ am Höhleneingang aggressiv.

Das Ausfliegen wurde zweimal beobachtet. Es erfolgte zwischen 5 h und 6 h nach Verzögerung der ersten Fütterung durch den noch fütternden Altvogel. In einem der beiden Fälle zog es sich bis gegen 11 h hin. Beide Male blieb ein Jungvogel einen Tag länger in der Höhle als die Nestgeschwister.

Familienzusammenhalt konnte nur am ersten Tag nach Verlassen der Höhle festgestellt werden.

Daten der Nestlingszeit und Rufe werden in Tabellen zusammengestellt.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Schrifttum

  • Blume, D. (1955): Über einige Verhaltensweisen des Grünspechtes in der Fortpflanzungszeit. Vogelwelt 76, p. 193–210.

    Google Scholar 

  • — (1957): Verhaltensstudien an Grünspechten. Vogelwelt 78, p. 41–48.

    Google Scholar 

  • — (1959): Weitere Verhaltensstudien an Schwarzspechten. Vogelwelt 80, p. 129 bis 142.

    Google Scholar 

  • - (1961): Über die Lebensweise einiger Spechtarten. J. Orn. 102, Sonderheft.

  • — (1962a): Spechtbeobachtungen aus den Jahren 1960 und 1961. Vogelwelt 83, p. 33–48.

    Google Scholar 

  • - (1962b): Schwarzspecht, Grünspecht, Grauspecht. Neue Brehm-Bücherei Nr. 300, Wittenberg.

  • — (1962c): Zum Begriff „Erregungsflug“. Orn. 103, p. 140–149.

    Article  Google Scholar 

  • Blume, D., undG Jung (1956): Über die stimmlichen Lautäußerungen bei Schwarzspecht, Grünspecht, Grauspecht und Buntspecht. Vogelring 25, p. 65–74.

    Google Scholar 

  • — (1958): Über die instrumentalen Lautäußerungen bei Schwarzspecht, Grünspecht, Grauspecht und Buntspecht. Vogelring 27, p. 1–13, 65–74.

    Google Scholar 

  • — (1959): Beobachtungen an Grauspechten(Picus canus) im Hessischen Hinterland. Vogelwelt 80, p. 65–74.

    Google Scholar 

  • Bussmann, J. (1944): Beitrag zur Kenntnis der Brutbiologie des Grauspechts. Schweizer Archiv für Ornithologie, Vol. 2, Fasc. 3, Bern, p. 105–123.

    Google Scholar 

  • Conrads, K. (1958): Der Grauspecht (Picus canus Gmelin) in Westfalen. Natur und Heimat 18, p. 43–50.

    Google Scholar 

  • Dircksen, R. (1953): Wolfshatz und Adlerfang. Gütersloh.

  • Friderich, C. G. (1905): Natur-Geschichte der deutschen Vögel. Stuttgart.

  • Frielinghaus, F. (1950): Zum Vorkommen des Grauspechtes (Picus canus Gm.) in Nordost-Westfalen. Natur und Heimat 10, p. 105–107.

    Google Scholar 

  • Goethe, F. (1948): Vogelwelt und Vogelleben im Teutoburgerwald-Gebiet. Detmold.

  • Kainz, F. (1961): Die „Sprache“ der Tiere. Stuttgart.

  • Koch, G. (1954): Grauspecht(Picus canus) trommelt an einer Luftschutzsirene. Orn. Mitt. 6, p. 13.

    Google Scholar 

  • Küchler, W. (1951): Seltsames Verhalten eines Grünspechtweibchens (Picus viridis L.) und eines Grauspechtweibchens (Picus canus Gm.). Orn. Mitt. 3, p. 276.

    Google Scholar 

  • Loos, K. (1903a): Beobachtungen über den Grauspecht bei der Nisthöhlenbereitung, beim Brutgeschäfte und bei der Aufzucht der Jungen. Orn. Mschr. 28, p. 166 ff.

    Google Scholar 

  • — (1903b): Noch etwas vom Grauspechte. Orn. Mschr. 28, p. 457–460.

    Google Scholar 

  • — (1905): Grauspechtbeobachtungen aus der Umgebung von Liboch a. E. Orn. Mschr. 30, p. 360–367 u. p. 412–420.

    Google Scholar 

  • Marshall, W. (1895): Der Bau der Vögel. Leipzig.

  • Niethammer, G. (1938): Handbuch der deutschen Vogelkunde, Bd. 2, Leipzig.

  • Nilsson, N. (1942): Några jakttagelser over gråspetten i mellerste Jämtland. Vår Fågelv., p. 7 ff.

  • Peitzmeier, J. (1953): Grauspecht (Picus canus Gmelin) trommelt auf Blech. Orn. Mitt. 5, p. 6.

    Google Scholar 

  • Schacht, H. (1877): Die Vogelwelt des Teutoburger Waldes. Detmold.

  • Schwerdtfeger, F. (1950): Grundriß der Forstpathologie. Berlin.

  • Sielmann, H. (1958): Das Jahr mit den Spechten. Berlin.

  • Tinbergen, N. (1955): Tiere untereinander. Berlin.

Download references

Authors

Additional information

mit 8 Aufnahmen von Rolf Siebrasse und einer Aufnahme von Rudolf Sichelschmidt

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Conrads, K., Herrmann, A. Beobachtungen beim Grauspecht (Picus canus Gmelin) in der Brutzeit. J Ornithol 104, 205–248 (1963). https://doi.org/10.1007/BF01671922

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF01671922

Navigation