Zusammenfassung
Die stark sinkende Zahl der Europäischen Großtrappen (Otis tarda L.) in Österreich, die fortschreitende Veränderung ihres Lebensraumes sowie bisher nur spärlich vorhandenes Beobachtungsmaterial ließen es geboten erscheinen, die Verbreitungsgrenzen sowie die Bestandsgrößen des Trappwildes festzustellen und die Überlebenschancen dieses Großvogels in unserer Kulturlandschaft einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Die Ergebnisse sollen als Grundlage für zielführende Schutzmaßnahmen dienen.
In vierjähriger Arbeit konnte im gesamten österreichischen Verbreitungsgebiet (Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland) ein Gesamtbestand von etwa 250 Individuen ermittelt werden; das sind rund 20% des Bestandes von 1942. Aus der Zahl von 46 balzenden und damit zur Fortpflanzung geeigneten Hähnen ergibt sich ein durchschnittliches Zahlenverhältnis Hahn : Henne=1 : 4,5, in extremen Fälle aber auch noch höher. Diese Werte sind biologisch untragbar.
Für die Befriedigung der Lebensbedürfnisse dieses Steppenvogels ist das Zusammentreffen verschiedener Faktoren erforderlich, wie etwa besondere geologische Gegebenheiten, spezifische Vegetation, Klima usw.
Die Gefahren für die Existenz des Trappwildes in Österreich sind vielgestaltig. Schutzmaßnahmen, wie sie in bisher veröffentlichten Merkblättern (Gewalt 1959 a,Klafs 1967) empfohlen werden, reichen mit einiger Wahrscheinlichkeit für eine Erhaltung des Trappwildes nicht mehr aus. Das Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften versucht daher durch „Umdressieren“ von Jungtieren (Koenig undLukschanderl 1969), die nach dem Flüggewerden ausgesetzt werden sollen, diesem scheuen Flugwild auch die Besiedlung flächenmäßig kleinerer und mit höherer Vegetation (Windschutzgürtel) umgebener Flächen zu ermöglichen. Aussetzversuche mit solchen umgeprägten und entsprechend gekennzeichneten Tieren — die eventuell auch mit kleinen aber leistungsfähigen Sendern ausgestattet werden können —, sollen ferner Aufschluß über den Aktionsradius der Populationen innerhalb des Verbreitungsgebietes geben. Vielleicht ist diese Methode des „anthropogenen ökologischen Gleichgewichtes“ (Dennler de la Tour 1957) überhaupt die einzige, welche einen Fortbestand der Großtrappe in unserer Kulturlandschaft ermöglicht.
Die Ergebnisse der Untersuchungen des Institutes für Raumplanung für die in Frage kommenden Gebiete berechtigen zu der Hoffnung, daß zumindest für die kommenden 15 bis 20 Jahre die derzeitige Struktur der Trappenreviere konstant gehalten werden kann.
Summary
The strongly decreasing number of the European Great Bustards(Otis tarda) in Austria, progressive changes in their habitat, and insufficient observation material made it necessary to determine the limits of distribution and the total number of bustards. Moreover, we want to investigate the chances of survival of the species in our cultivated land. The results should serve as a basis for protection.
During a period of four years a total of about 250 birds in the entire Austrian territory (provinces Vienna, Lower Austria, and Burgenland) was counted; this is only 20% of the number in 1942. The sex ratio of displaying males (suitable for reproduction) to females is 1 : 4,5. Sometimes the ratio is even higher. These ratios are, however, intolerable from a biological point of view.
For the necessaries of life of the bustard the coincidence of several factors is necessary, as special geological conditions, vegetation, climate, etc.
As already statet, various dangers threaten the existence of the bustard in Austria. Proposals of management, already published in several pamphlets (Gewalt 1959 a,Klafs 1967), probably are no longer sufficient to preserve the bustard population. Therefore the “Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften” tries to accustom the young birds after fledging to a habitat with higher vegetation (shelter belts) and smaller plains (Koenig undLukschanderl 1969). Releasing of marked individuals adapted in this way, which eventually may carry smal but efficient transmittors, are to offer informations on the movements of the population within the habitat. Perhaps this method of “anthropogenic ecological balance” (Dennler de la Tour 1957) will after all be the only way which might guarantee the continued existance of great bustards in the cultivated land.
The results of the „Institut für Raumplanung“ justify the hope that — at least for the next 15 or 20 years — the present structure of the habitat may be kept constant.
Literatur
Almasy, D. Graf (1931): Großtrappen in Ungarn. — Dtsch. Jägerztg. 96, p. 11.
Amon, R. (1931): Die Tierwelt Niederösterreichs. Wien.
An Der Lan, H. (1957): Moderne Schädlingsbekämpfungsmittel und ihre Gefahren. — Naturw. Rundschau 10, p. 451–453.
—— (1963): Schädlingsbekämpfungsmittel und ihre biologische Bedeutung. — Mitt. d. österr. Sanitätsverwltg. 64, p. 232–236.
-- (1965): Warmblütertoxizität der Insektizide. — In: Handbuch der Insektizidkunde. Berlin.
Bauer, K., Freundl, H. undLugitsch, R. (1955): Weitere Beiträge zur Kenntnis der Vogelwelt des Neusiedlersee-Gebietes. Eisenstadt.
Beck-Managetta, G. v. (1890/93): Flora von Niederösterreich. Bd. I/II. Wien.
Bencze, L. (1962): Durch Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstandene Schäden im Wildbestand. — Tagungsber. Dtsch. Akadem. Landwirtschaftswiss. (Berlin) 54, p. 85–90.
Brokesch, H. (1959): Jagd und Fischerei in Österreich. — Diss. Hochschule f. Welthandel. Wien.
Dennler de la Tour (1957): Jagdwild und Naturschutz in Neuseeland. — In: Welt-Naturschutz — Protectio Naturae.
Dornbusch, M. (1966): Über Verluste und Maßnahmen zur Erhaltung der Großtrappe (Otis tarda L.) — Arch. f. Naturschutz. u. Landschaftsforsch. 6, p. 91–95.
Eichler, Wd. (1965): Handbuch der Insektizidkunde. Berlin.
-- (1968): Nahrungsketten als heimtückische Potenzierungswege der Insektizidtoxizität. — Vortrag 11. Tagung d. Österr. Gesellschaft f. Mikrobiologie und Hygiene. Eisenstadt (in litt.).
England, M. D. (1966): Great Bustard in Portugal. — British Birds 59, p. 22–27.
Faszl (1883): Sopron madarai. A pannonhalmi szt. Bendek-Rend soproni kath. Fögy. Ertesitöje az 1882/83. — Iskolaévröl. Sopron.
Festetics, A. (1968): Das unbekannte Verhalten der Großtrappe und die Gründe ihres Aussterbens. — Natur und Land 6, p. 233–243.
Fink, J. (1951): Die Böden. — In: Burgenland-Landeskunde. Wien.
Fromme (1949): Handbuch für den Weidmann.
Gewalt, W. (1958): Über Wachstumsstörungen und einen Fall vermutlicher Perosis bei der Aufzucht eines Großtrappenhahnes (Otis tarda L.). — Zool. Garten (NF) 24.
-- (1959 a): Schutz und Hege der Großtrappe. — Merkblatt No. 8 Dtsch. Akademie d. Landwirtschaftswiss. Berlin.
-- (1959 b): Die Großtrappe. — Neue Brehm Bücherei, H. 223. Wittenberg-Lutherstadt.
-- (1966): Über Haltung und Zucht der Großtrappe (Otis tarda L.). — Zool. Garten (NF) 32.
Giebel, C. G. (1847): Fauna der Vorwelt. Leipzig.
Glasewald, K. (1942): Vorkommen von Großtrappen in Deutschland. Dtsch. Vogelwelt 67, p. 97–106.
Grzimek, B. (1942): Krankes Geflügel. Berlin.
Hackinger, A. (1960): Kälteanpassung der Großtrappe (Otis tarda L.). — „Die Pyramide“, Naturwiss. Z. 8, p. 79–80.
Hill, E. undCarlisle, H. (1947): Toxicity of 2,4-D for experimental animals. — J. Industr. Hyg. 29, p. 85.
Himmelbaur, W. (1922): Über die Grenze des pannonischen Florengebietes bei Retz und Znaim. — Verh. zool. bot. Ges. 72. Wien.
Homma, J. K. (1954): Das Klima. — In: Allgemeine Landestopographie des Burgenlandes. Eisenstadt.
Jánossy, D. (1963): Letztinterglaziale Vertebraten-Fauna aus der Kálmán-Lambrecht-Höhle. — Acta Zoologica 9, p. 140–197, 293–331.
Jones, K. H. und Mitarbeiter (1968): Acute toxicity data for pesticides. Essex.
Josepovits, G. (1962): Über die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln auf Fische und Vögel aus dem Gesichtspunkt der selektiven Toxizität. — Tagungsber. Dtsch. Akad. Landwirtschaftswiss. (Berlin) 54, p. 39–44.
Jukovits (1864/65): Verzeichnis der am Neusieldersee vorkommenden Vögel. — Verh. f. Naturkd. 8, p. 49–54.
Kacsich, M. (1960): Die Industrialisierung des Burgenlandes. Grundlagen, Entwicklung, Stand und Ausbaumöglichkeiten. — Diss. Hochschule f. Welthandel. Wien.
Király, J. (1932): Winterbeobachtungen aus der Hanság. — Kócsag 5, p. 62.
Klafs, G. (1965): Historisches zur Verbreitung und Ökologie der Großtrappe (Otis tarda L.). — Hercynia NF 2, p. 191–202.
-- (1967): Schutz und Hege der Großtrappe. — Merkblatt Inst. f. Landesforsch. Halle.
—— (1968): Die Großtrappe (Otis tarda L.) in Mecklenburg. — Arch. Naturschutz u. Landschaftsforsch. 8, p. 47–69.
Klimmer, O. R. (1964): Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel. Abriß einer Toxikologie und Therapie von Vergiftungen. Hattingen (Ruhr).
Koenig, O. (1952): Ökologie und Verhalten der Vögel des Neusiedlersee-Schilfgürtels. — J. Orn. 93, p. 207–289.
—— (1963): Beobachtungen an Großtrappen im Winter 1962/63. — Natur und Land 3, p. 63–65.
-- (1965): Das Buch vom Neusiedlersee. Wien.
Koenig, O. undLukschanderl, L. (1969):Otis tarda (Otididae) — Jugendentwicklung. — Beiheft zu Film E 289, Enzyclopaedia cinematographica. Göttingen.
Krebs, N. (1928): Länderkunde der Österreichischen Alpen. Die Ostalpen und das heutige Österreich. Bd. I/II. Stuttgart.
Lorenz, K. (1935): Der Kumpan in der Umwelt des Vogels. J. Orn. 79, p. 137–413.
Lukschanderl, L. (1967): Ein Beitrag zur Erhaltung der Europäischen Großtrappe (Otis tarda L.). — St. Hubertus 4, p. 7.
-- (1968): Die Großtrappe — Hinweise für Schutz und Erhaltung. Wien.
—— (1969): Zur Gefährdung der Großtrappenbestände in Österreich. — Jb. Österr. Arbeitskreis f. Wildtierforsch., 1968, p. 28–35.
—— (1970): Zur Bejagung der Europäischen Großtrappe (Otis tarda L.). — Z. Jagdwiss. 16, p. 75–89.
Mansfeld, K. (1952): Zum Einfluß der neuzeitlichen Kontaktinsektizide auf die Vogelwelt. — Pflanzenschutztg., Dtsch. Akadem. Landwirtschaftswiss. (Berlin).
Marler, P. (1955): Über die Eigenschaften einiger tierlicher Rufe. — J. Orn. 97, p. 220–227.
Müller, J. (1966): Großtrappe (Otis tarda L.) fliegt in Leitungsdraht. — Beiträge z. Vogelkd. 12, p. 126.
Necas, J. undHanzl, R. (1956): Rozširenie a bionómia Dropa velkého Eurosibirskeho (Otis tarda L.). — Sbornik Trnave 2.
Nehring, A. (1890): Über Tundren und Steppen der Jetzt- und Vorzeit. Berlin.
Neunteufel, J. (1951): Das Klima. — In: Burgenland-Landeskunde. Österr. Bundesverlag. Wien.
Niethammer, G. (1942): Handbuch der deutschen Vogelkunde. — Bd. 3. Leipzig.
-- (1963): Die Einbürgerung von Säugetieren und Vögeln in Europa. Hamburg.
Niklfeld, H. (1964): Zur xerothermen Vegetation im Osten Niederösterreichs (mit Berücksichtigung angrenzender Gebiete). — Diss. Philosoph. Fakultät Univ. Wien.
Noll, J. (1962): Wird das Wild durch die Feldmausbekämpfung mit Toxaphen gefährdet. — Tagungsber. Dtsch. Akadem. Landwirtschaftswiss. (Berlin) 54, p. 91–98.
Nüsslein, F., undXylander, E. v. (1957): Erdmausbekämpfungsmittel und Gefährdung der übrigen freilebenden Tierwelt. — Z. Jagdwiss. 3, p. 159–168.
Pittioni, R. (1947): Urzeitlicher Siedlungsraum in Österreich. Wien.
Przygodda, W. (1960): Die Auswirkungen einiger Pflanzenschutzmittel auf Vögel. — Tagungsbericht Dtsch. Akadem. Landwirtschaftswiss. (Berlin) 30, p. 69–83.
Risebrough, R. W. und Mitarbeiter (1968): Polychlorinated Biphenyls in the Global Ecosystem. — Nature 220, p. 1098–1102.
Rutschke, E. undMieth, W. (1966): Zur Verbreitung und Ökologie der Großtrappe (Otis tarda L.) in den brandenburgischen Bezirken. — Veröffentl. Bez. Heimatmuseums Potsdam 12, p. 77–130.
Seitz (1942): Die Brutvögel des Seewinkels (der „burgenländischen Salzsteppe“ am Ostufer des Neusiedlersees, Gau Niederdonau). — Natur und Kultur 12. Wien—Leipzig.
Siewert, H. (1939): Die Balz des Großtrappens. — Z. Jagdkde. 1.
Scharfetter, R. (1938): Das Pflanzenleben der Ostalpen. Wien.
Schmidt, M. (1962): Über die Möglichkeiten einer Gefährdung von Bienen, Fischen, Vögeln, Wild durch chemische Pflanzenschutzmittel. — Tagungsbericht Dtsch. Akadem. Landwirtschaftswiss. (Berlin) 54, p. 5–14.
Soergel, E. (1966): Die Teufels- oder Fuchsenlucken bei Eggenburg (NÖ). — Österr. Akadem. Wiss., Math. Naturwiss. Klasse. Denkschriften 112, p. 100.
Spangenberg, W. (1951): Trappen. — In: Die Vögel der Welt. Bd. 2. Moskau.
Stahlberg, F. (1966): Beobachtungen an der Großtrappe (Otis tarda L.) in der Uckermark. — Naturschutzarbeit in Mecklenburg 1, p. 12–22.
Sterbetz, I. (1964): Die Naturschutzprobleme bei den ungarischen Großtrappen. Budapest.
Tauber, A. F. (1952): Grundzüge der Geologie vom Burgenland. — In: Burgenland-Landeskunde. Wien.
Tembrock, G. (1959): Tierstimmen. — Neue Brehm Bücherei, 250. Wittenberg-Lutherstadt.
Teren, Š. (1964): Zu unserem größten europäischen Vogel. Bratislava.
Till, A. (1937): Bodenkundlicher Führer durch Österreich. Wien.
Tschumi (1949): Urgeschichte der Schweiz. Bd. I, p. 280.
Uexküll, J. (1937): Umweltforschung. — Z. Tierpsychologie 1, p. 33–34.
Vierhapper, F. (1921): Die Pflanzendecke Niederösterreichs. — Heimatkde. NÖ, Heft 6. Wien.
Voous (1962): Die Vogelwelt Europas. Hamburg—Berlin.
Wagner, H. undWendelberger, G. (1956): Angewandte Pflanzensoziologie. Wien.
Wendelberger, G. (1959): Die Vegetation des Neusiedlerseegebietes. — Sitz. Ber. Österr. Akadem. Wiss., Abt. I. Wien.
—— (1964): Sand- und Alkalisteppen im Marchfeld. — Jb. Landeskde. NÖ, Folge XXXVI, p. 942–964.
Werneck, H. L. (1953): Die naturgesetzlichen Grundlagen des Pflanzen- und Waldbaues in NÖ. — Verein f. Landeskde. NÖ u. Wien.
Wiche, K. (1951): Die Oberflächenformen. — In: Burgenland-Landeskunde. Wien.
Zimmermann (1943): Beiträge zur Kenntnis der Vogelwelt des Neusiedler Seegebietes. — Selbstverlag d. wiss. Staatsmuseen. Wien.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Lukschanderl, L. Zur Verbreitung und Ökologie der Großtrappe(Otis tarda L.) in Österreich. J Ornithol 112, 70–93 (1971). https://doi.org/10.1007/BF01644081
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF01644081