Zusammenfassung
1. Die Behandlung maligner Tumoren mit Äthylurethan scheiterte bei uns meist an der subjektiven und objektiven Unverträglichkeit des Urethans. Die Granulopoese war in allen Fällen urethanempfindlich. Lymphosarkomatosen können sehr gut ansprechen, doch soll man nur bei schnellem Urethanerfolg auf die Strahlentherapie verzichten.
2. Viel günstigere Erfolge sind bei Lymphogranulomatose zu erzielen. Frische, oft atypisch retikulumzellig proliferierende Fälle mit starker Capillarsprossung sprachen am schnellsten und ausgiebigsten an. Endgültig geheilte Kranke, die überhaupt kein Urethan mehr benötigen, wurden nicht beobachtet.
3. Die Granulopoese bedarf besonderer Überwachung. Es gibt funktionelle Agranulocytose vor zahlenmäßiger Neutropenie. Penicillin (und DeMa) überbrückt meist solche Phasen. Bei Erythrocytensturz ist Urethan abzusetzen.
4. Auch die Erythropoese ist bei gesteigerter Proliferation und gesteigerter Mauserung urethansensibel, freilich um wesentlich weniger als die Granulopoese (etwa 1/3). Der Urobilinmauserungsindex wird unter Urethan vermindert.
5. Die Bezeichnung des Urethans als Mitosegift trifft nicht das ganze Wesen der Wirkung. Urethan ist vorwiegend ein Kerngift, das an proliferierenden Zellen in verschiedenen Phasen angreift. Dabei entsteht unter Umständen ein Stoff, der Megaloblasten zum Verschwinden und Retikulocyten in der Peripherie zum Vorschein bringt. Urethan hat auch sichere Protoplasmaangriffspunkte an den Fermentsystemen. Peroxydaseverklumpungen können an Granulopoesezellen ihr Ausdruck sein. Der pauschale Sauerstoffverbrauch von Mark und Blut spiegelt den Urethaneffekt nur mangelhaft wider.
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Bock, HE. Behandlung auch nicht-leukämischer Erkrankungen, insbesondere der Lymphogranulomatose, mit Urethan nebst Bemerkungen Über den Mechanismus der Urethanwirkung. Klin Wochenschr 26, 390–396 (1948). https://doi.org/10.1007/BF01486227
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