Zusammenfassung
Für ein Strichgitter mit „flüssigkeitsähnlicher“ Unordnung, das als idealisiertes Modell für gewisse Stoffklassen wie Hochmolekulare gelten kann, werden nach einem Vorschlag von J. J.Hermans die von ihm erzeugten Interferenzen berechnet. Der Faltungssatz derLaplace-Transformation erweist sich hierbei als bequemes Hilfsmittel zur Erfassung der komplizierten Abstands- und Phasenbeziehungen. DerLaplace-Transformierten kommt die anschauliche Bedeutung der Gesamtamplitude der Streustrahlung von entsprechend der (aperiodischen) Original-Ortsfunktion mit verschiedener Häufigkeit verteilten Leuchtelementen zu. Es besteht völlige Parallelität zurLaplace-Transformation, mit der aperiodische Zeitvorgänge harmonisch analysiert werden. Die Streuintensität wird als einfach gebaute Funktion der Bildfunktionen der Gitterstatistiken erhalten und kann in allgemeinster Weise in Abhängigkeit von den verschiedenen Gitterparametern diskutiert werden. Das Streuphänomen ist als Verallgemeinerung desBraggschen Reflexionsgesetzes an idealperiodischen Gittern aufzufassen und enthält dieses Gesetz als entarteten Sonderfall. Die Netzebenen wirken dabei je nachdem als polierte, mattierte, verworfene oder gänzlich zerschmolzene Spiegel und erzeugen dementsprechend verschieden stark verzerrte Bilder des Zentralflecks, der dieFresenelsche Beugung am Gesamtgitter repräsentiert. Dementsprechend entstehen ungestörte Reflexe der klassischen, an gewöhnlichen Kristallen bekannten Form neben gestörten Reflexen, die je nach Störungsgrad eine diffuse oder kohärente Intensitätskomponente enthalten und eine Kristallitgrößenbestimmung nur unter gewissen Vorsichtsmaßnahmen möglich machen. Es entstehen ferner Flüssigkeitsinterferenzen, die dem Reziprozitätsgesetz der Optik unterliegen und ein reflexloser Streuwinkelbereich. Die Zahl der maximal existierenden Reflexe und Interferenzen ist beschränkt und sinkt mit zunehmender Gitterstörung. Die Feinstrukturanalyse eines derartigen Gitters wird mit zunehmender Gitterstörung schwieriger und gelingt schließlich nur noch unter Hinzuziehung des Zentralflecks. Es bestehen sehr einfache, allgemein gültige Beziehungen zwischen den Hauptwerten der Statistiken und ihren mittleren Schwankungen sowie der Gitterstrichzahl einerseits und der Form der eigentlichen Reflexe, des Zentralflecks und der Gesamtintegralintensität andererseits, die eine einfache Methode zur Bestimmung dieser Hauptwerte aus dem Streudiagramm ermöglichen. Dahingegen ist die Gewinnung des detaillierten Verlaufs der Statistiken nur aus der Diskussion der Flüssigkeitsinterferenzen möglich und zur Zeit erst approximativ gelöst. Schließlich werden einige Typen von Statistiken und ihre Bildfunktionen angegeben, während die Berechnung spezieller Streudiagramme Aufgabe eines anderen Berichtes sein wird.
Literatur
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In Zusammenarbeit mit dem Institut für Zelluloseforschung in Utrecht.
Mein herzlicher Dank gilt Herrn P. H.Hermans in Utrecht und Herrn J. J.Hermans in Groningen für viele anregende Diskussionen und ein förderndes Interesse an dieser Arbeit.
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Hosemann, R. Röntgeninterferenzen an Strichgittern mit Flüssigkeitsunordnung. Z. Physik 127, 16–40 (1950). https://doi.org/10.1007/BF01338981
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