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Untersuchungen über Winterlager der Insekten

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Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

In Schleswig-Holstein wurden während der Winter 1952/53 und 1953/54 ökologische Untersuchungen über die an Waldrändern und in Wallhecken überwinternden Insekten durchgeführt mit dem Ziel, ihre Zusammensetzung und die sie bestimmenden Umweltfaktoren, damit aber auch die das Zustandekommen von Überwinterungsgesellschaften beherrschenden Gesetze kennenzulernen.

Als arten- und individuenreichste Ordnung der Insekten stellten sich die Coleopteren heraus, denen in großem Abstand Hymenopteren, Rhynchoten und Dipteren folgen. Die Stellung der Dipteren ist aller dings je nach Zugrundelegung der durch die beiden angewandten Sammelmethoden erfaßten statischen oder dynamischen Verhältnisse sehr unterschiedlich: in der stationären, durch Bodenproben ermittelten Besiedlung der winterlichen Biotope rangieren sie am Schluß der bisher genannten Ordnungen, während sie in der aktiven, durch Fanggläser ermittelten Besiedlung hinsichtlich ihrer Individuenabundanz den Coleopteren nahekommen. Die Orthopteren als letzte Ordnung der ausschließlich berücksichtigten Pterygoten (einschließlich ihrer Larven) waren nur spärlich vertreten.

Im Zusammenhang mit der Überwinterung führen viele Insekten Wanderungen aus, die im Wechsel des Biotops, des Stratums oder beider zugleich bestehen. Zur Feststellung der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Winterlagertyp wurde

  1. I.

    die Zusammensetzung der indigenen Winterfauna von Beständen verglichen, in denen bestimmte Winterlagergäste regelmäßig in großer Individuenzahl gefunden wurden,

  2. 2.

    die Übereinstimmung nach der durchschnittlichen Präsenz der Arten ermittelt. Unter der indigenen Winterfauna eigneten sich Staphyliniden und Carabiden besonders gut als milieuanzeigende Indikatoren.

Auf diese Weise ergaben sich fünf verschiedene Überwinterungsgesellschaften am Boden:

  1. 1.

    DieMeligethes-Tachinus rufipes-Tachyporus solutus-Assoziation dunkler Innensäume von Wäldern schwerer Böden, für dieMeligethes aeneus den typischen Fernüberwinterer darstellt.

  2. 2.

    DieAgonum dorsale-Tachyporus obtusus-Phyllotreta-Apion-Assoziation der für Schleswig-Holstein so charakteristischen Wallhecken schwerer Böden, die zwar ebenfalls dem Eichen-Hainbuchenwald angehören, jedoch infolge lichteren Bestandes und grö\sBerer Trockenheit besondere Verhältnisse aufweisen. Ihre typischen Wintergäste stammen von den benachbarten Feldern und finden sich in entsprechender Abundanz in der kalten Jahreszeit in den Hecken wieder.

  3. 3.

    Coccinella-Haltica-Metabletus-Amara-Assoziation am Au\sBensaum trockener Wälder leichter Böden, die von den beiden vorgenannten extrem verschieden ist. Da an derartigen trockenen Waldrändern das Insektenleben im Sommer recht arm ist, fällt die Konzentration charakteristischer Fernüberwinterer im Winter besonders auf.

  4. 4.

    Cercyon-Cyphon-Chalcoides-Gerris-Assoziation an Waldrändern in Ufernähe. Im wesentlichen überwintern hier nur Tiere der Uferzone und des freien Wassers. Für Fernüberwinterer aus offenen Landbiotopenist das Einzugsgebiet infolge der davorliegenden Wasserfläche ungünstig.

  5. 5.

    überwinterungsgesellschaft der Nadelstreu im Inneren von Wäldern. Sie besteht vorwiegend aus indigenen überwinterern der Staphyliniden, Carabiden, Ameisen und Insektenlarven. Besucher aus anderen Lebensräumen stellen in erster Linie Chrysomeliden und Curculioniden, die jedoch nie die Konzentration erreichen, welche für die Laubstreu der Waldränder festgestellt wurde.

    Vogelnester, abgefallene Nadelholzzapfen, Baumstubben bilden ebenfalls charakteristische Überwinterungsstätten. Neben ihrer schon im Sommer vorhandenen Fauna besitzen sie eine Reihe gemeinsamer Überwinterer wieCyphon, Adalia, Lema, Phyllotreta, Chaetoenema,Rhynchaenus undAnthonomus.

    Die festgestellten Überwinterungsgesellschaften sind Wohngemeinschaften, denen die für Biozönosen kennzeichnenden Verknüpfungen so gut wie fehlen. Während des Winters ist die Aktivität der Insekten fast ganz auf die in den Winterlagern heimischen Formen beschränkt, die zum Teil als Räuber (Staphyliniden; Larven der Carabiden, Canthariden und Staphyliniden) in das Gefüge der Überwinterungsgesellschaften eingreifen, zum größeren Teil aber als saprophage Formen (Dipteren, Staphyliniden) ohne jede Bedeutung für diese sind. Erst beim Wiedererwachen im Frühling bilden sich auch unter den Besuchern Räuber-Beutebeziehungen aus.

    Das Beziehen des Winterlagers erfolgt unter dem Einfluß endogener oder exogener (Witterung, landwirtschaftliche Kulturmaßnahmen u.a.) Kräfte, Beispiele für das erste Verhalten liefernMeligethes undAgelastica, für das zweiteHaltica, Phytonomus, Apion. Das Räumen steht ganz überwiegend unter der Einwirkung des Temperaturfaktors, der durch die Beschaffenheit des Bodens stark modifiziert wird.

    Die überwinternden Insektenimagines lassen zwei deutlich getrennte physiologische Typen erkennen: 1. Insekten mit imaginaler Diapause im Winter (Meligethes, Agelastica), 2. Insekten ohne physiologische Besonderheiten, die bei tiefen Temperaturen lediglich eine Kältestarre zeigen (Staphyliniden). Möglicherweise gehören die Halticinen einem dritten, intermediären Typ an.

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Renken, W. Untersuchungen über Winterlager der Insekten. Z. Morph. u. Okol. Tiere 45, 34–106 (1956). https://doi.org/10.1007/BF00699815

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