Skip to main content
Log in

Die fauna der wiesen unter besonderer berücksichtigung der mahd. (Ein beitrag zur agrarökologie)

  • Published:
Zeitschrift für Morphologie und Ökologie der Tiere Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

In den Jahren 1950–1952 wurden an feuchten Wiesen in Nordwest-deutschland biocönotische Untersuchungen über die Fauna der Krautschicht und der Bodenoberfläche durchgeführt mit dem Ziel, deren Zusammensetzung und Dynamik in ihrer Abhängigkeit von der Mahd zu erfassen.

Die Durcharbeitung der gesamten oberirdisch lebenden Tierwelt ergab etwa 1900 Arten, die zu 80% biotopeigen sind. Es wurde eine ökologische Analyse der Arten und Gruppen nach Entwicklungsgang, Ernährungsweise und Aufenthalt vorgenommen. In der Krautschicht herrschen Dipteren, Zikaden und parasitische Hymenopteren vor; auf der Bodenoberfläche und im Hen dominieren Käfer, Milben und Spinnen, während Collembolen in allen 3 Lebensbezirken reichlich vorkommen (Abb. 1).

Die Formenfülle jedes Einzelbestandes ist erheblich. Wenn auch das Artenspektrum fin einzelnen sehr wechseln kann, so zeigen dock die Dominanten in allen untersuchten Feuchtwiesen eine weitgehende Übereinstimmung. Manchmal wird durch das Vorkommen von Nährpflanzen (z. B. Cruciferen) in bestimrnten Wiesentypen eine Bindung an abiotische Verhältnisse vorgetäuscht, die nicht besteht. Die höchsten Abundanzwerte in der Krautschicht erreichen die Gramineenfresser.

Im atlantischen Klimabereich treten Lepidopteren, Chrysomeliden (ausschließlich Halticinen), Apiden (ausschließlich Bombus), Pentatomiden und Laubhenschrecken als Wiesenelemente viel stärker zurück als in kontinentaler and südlicher gelegenen Gebieten.

Beim Vergleich mit anderen Biotopen ergibt sich eine sehr weitgehende Übereinstimmung mit der Tierwelt bewachsener Ufer und Flachmoore. Durch ihre Umwandlung in Wiesen und durch die laufenden Kulturmaßnahmen wird die ursprünglich vorhandene Tierwelt nur einer Auslese unterzogen und vereinheitlicht. Neue Elemente kommen nicht hinzu.

Die dynamischen Erscheinungen sind in der Wiesenbiocönose stark ausgeprägt. Durch Habitatwechsel im Laufe des Individuallebens entsteht eine enge Verflechtung der Strata (Abb. 3). Wetter und Tageslauf steuern die Aktivität der Wiesentiere in hohem Maße. Die Aspektfolge steht in starker Abhängigkeit von den Wirtschaftsmaßnahmen. Dadurch ergeben sich auch für die Tierwelt Einpassungstypen in die Mahdrhythmik (Abb. 4). Die Wiesenfauna entfaltet sich erst verhältnismäßig spät im Jahr.

Die Biocönose als Gauzes ist ziemlich ausgeglichen. Sie besteht aus etwa 38% Phytophagen; 38% Zoophagen und 24% Saprophagen. Der biocönotische Konnex ist reich gegliedert. Einige Teilkonnexe werden ausführlicher dargestellt (Abb. 5). Die Mehrzahl der Arten verbringt ihr ganzes Leben, einschließlich der Überwinterungszeit, auf der Wiese. Vorwiegend unter Käfern und Wanzen überwintern einige an Hecken und Waldrändern. Daher sind die Unterschiede der Besiedlung zwischen Rand und Innerem der Wiese im Gegensatz zu den Verhältnissen der Felder nur sehr gering.

Zur normalen Wiesenfauna gehören zahlreiche Arten von Kulturpflanzenschädlingen. Manche von ihnen treten nur spärlich auf, während andere (Oscinella, Opomyza, Hydrellia, Bibioniden; Tipuliden, Halticinen, Silona usw.) ständig häufig sind, ohne daß Gradationen entstehen und wirtschaftlicher Schaden verursacht wird, veil die Biocönose sehr reichhaltig und die Zahl ihrer Gegenspieler sehr groß ist.

Die Mahd verschärft die faunistische Abgrenzung der Wiese nach außen und die Vereinheitlichung fin Bestand selbst. Sie schließt durch ihre Wirkungen auf die Pflanzendecke eine Anzahl von Tierarten dauernd oder vorübergehend aus (viele Samenfresser, manche Gallerreger, Netzspinnen, Blütenbesucher usw.). Andere werden durch Schaffung günstiger Entwicklungsbedingungen eher gefördert (Chloropiden und sonstige Stengelminierer, Heuschrecken, Zikaden, manche Vögel usw.) Direkte Verluste erleiden besonders die Blattläuse und einige Brutvögel. Viele bewegliche Tiere reagieren dagegen durch Abwanderung von der gemähten Fläche oder werden leicht passiv vom Wind verschleppt. Die Wiederkehr ganz oder teilweise abgewanderter Familien erfolgt jedoch zum großen Teil durch das Heranwachsen von neuen Individuen aus bodenbewohnenden Jugendstadien. Die Unterschiede in der Individuenzahl zwischen Rand und Mitte des Bestandes sind daher auch während des Heranwachsens der Pflanzen nicht wesentlich. Die zeitweilige Änderung der mikroklimatischen Bedingungen durch die Mahd fördert die Aktivität wärmeliebender Arten und hemmt die Lebensäußerungen jener, die an hohe Feuchtigkeit gebunden sind.

Das Hen stellt einen temporären Lebensraum dar, dessen Besiedlung in charakteristischer Weise durch bestimmte Faunenelemente, vorwiegend aus der Bodenstreuschicht, erfolgt. Hierbeidominieren schimmelfressende Käfer (z. B. Cryptophagiden, Lathridiiden), saprophage Dippterenlarven, Milben und Collembolen Bowie einige sich von diesen nährende Räuber (Staphyliniden, Carabiden, Lyctocoris). Von den vielen auf die Heuböden verschleppten Tieren siedeln sich einige Arten dort ständig an (Enicmus, Cartodere, Typhaea, Lyctocoris). Mit dem Hen gelangen auch viele Erz- und Zehrwespen in die Scheune, die jedoch später wieder ihren Weg ins Freie nehmen.

Die Mahd bedeutet für die Wiesenbiocönose keine wesentliche Störung des biologischen Gleichgewichts, da sich die Fauna auf derartige Eingriffe des Menschen eingestellt hat und ihre Auswirkungen nicht tiefgreifend genug sind, um die Kontinuität der Biocönose zu unterbrechen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literatur

  • Franz, H.: Über die Bedeutung des Mikroklimas für die Faunenzusammensetzung auf kleinem Raum. Z. Morph. u. Ökol. Tiere 22, 587 (1931).

    Google Scholar 

  • Frenzel, G.: Untersuchungen über die Tierwelt des Wiesenbodens. Jena 1936.

  • Gersdorff, E. Ökologisch-faunistische Untersuchungen über die Carabiden der mecklenburgischen Landschaft. Zool. Jb., Abt. System., Ökol. u. Geogr. 70, 17 (1937).

    Google Scholar 

  • Knülle, W.: Die Bedentung natürlicher Faktorengefälle für tierökogische Untersuchungen demonstriert an der Verteilung der Spinnen. Verh. dtsch. zool. Ges. (Wilhelmshaven 1951) 1952, 418.

  • Kontkanen, P.: Quantitative Untersuchungen über die Fauna der Feldschicht auf einigen Wiesen in Nordkarelien. Ann. zool. Soz. zool. hot. fenn. „Vanamo” 3, 1 (1937).

    Google Scholar 

  • Krogerus, H.: Untersuchungen über Uferinsekten. Acta Sec. Fauna et Flora fenn. 53, 1 (1948).

    Google Scholar 

  • Kruel, W.: Das Verlandungsgebiet des Denkershäuser Teiches (Krs. Northeim), eine Darstellung seiner Biocönosen unter Betonung faunistischer Verhältnisse. Schriftenreihe des niedersächsischen Heimatbundes. Oldenburg 1940.

  • Kühnelt, W.: Die Leitformenmethode in der Ökologie der Landtiere. Biol. generalis (Wien) 17, 106 (1943a).

    Google Scholar 

  • Über die Beziehungen zwischen Tier- und Pflanzengesellschaften. Biol. generalis (Wien) 17, 566 (1943b).

    Google Scholar 

  • Bodenbiologie. Wien 1950.

  • Kuntze, H.: Die Zikaden Mecklenburgs, eine faunistisch-ökologische Studie. Arch. Naturgesch., N. F. 6, 299 (1937).

    Google Scholar 

  • Leclercq, J.: Insects brought with the hay from meadows in to the hayloft. Entomologists Monthly Magazine 82 (1946).

  • Marchand, H.: Die Bedeutung der Heuschrecken und Schnabelkerfe als Indikatoren von Wiesentypen. Beitr. Entomologie 1953.

  • Peus, F.: Die Tierwelt der Moore. In Handbuch der Moorkunde, Bd. 3. Berlin 1932.

  • Raabe, E. W.: Über Pflanzengesellschaften des Grünlandes in Schleswig-Holstein. Diss. Bot. Inst. Kiel 1946.

  • Rabeler, W.: Die Tiergesellschaften hannoverscher Talfettwiesen (Arrhenateretum elatioris). Mitt. flor.-soziol. Arbeitsgemeinsch., N. F. 3, 130 (1952).

    Google Scholar 

  • Remane, A.: Die Bedeutung der Lebensformtypen für die Ökologie. Biol. generalis (Wien) 17, 164 (1943).

    Google Scholar 

  • Schremmer, F.: Die Wiese als Lebensgemeinschaft. Wien 1949.

  • Tischler, W.: Biocönotische Untersuchungen an Walhecken. Zool. Jb., Abt. System., Okol. u. Geogr. 77, 283 (1948).

    Google Scholar 

  • Vergleichend-biocönotiscbe Untersuchungen an Waldrand und Feldhecke. Zool. Anz., Erg.-Bd. 1950, 1000 (Klatt-Festschrift).

  • Biocönotische Untersuchungen an Ruderalstellen. Zool. Jb., Abt. System., Ökol. u. Geogr. 81, 122 (1952).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Boness, M. Die fauna der wiesen unter besonderer berücksichtigung der mahd. (Ein beitrag zur agrarökologie). Z. Morph. u. Okol. Tiere 42, 225–277 (1953). https://doi.org/10.1007/BF00412995

Download citation

  • Received:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF00412995

Navigation