Zusammenfassung
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1.
Unter dem Einfluß erhrühter Temperatur (36° C) wird der Symbiontenbestand des Getreideplattkäfers, Oryzaephilus surinamensis L. völlig abgebaut. Die in den 4 Mycetomen lokalisierten Bakterien, welche normalerweise schon einen außerordentlich starken Pleomorphismus zeigen, wachsen unter den veränderten Temperatureinflüssen zu aufgetriebenen Involutionsformen aus, die dann einem allmählichen Degenerationsprozeß unterliegen.
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2.
Bei 30° C werden die Symbionten noch in keiner Weise geschädigt; bei 38° C liegt die tödliche Temperaturgrenze für Oryzaephilus. Der Schwellenwert für den Symbiontentod liegt zwischen 32° C und 33° C.
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3.
Der schäliche Temperatureinfluß macht sich nicht bei allen Entwicklungsstadien von Oryzaephilus gleichmäßig geltend. Thermosensibel sind nur jene Entwicklungsstadien von Oryzaephilus, welche die kurzen, gedrungenen Infektionsformen aufweisen, also: geschlechtsreife ♀♀ Eier bzw. Embryonen und Larven bis zum Abschluß des 1. Larvenstadiums bzw. junge Zweitlarvenstadien.
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4.
Hand in Hand mit der Auflösung des Symbiontenbestandes geht die Hypertrophie der Rindenschicht der Mycetome, die schließlich die Hauptmasse des Mycetoms ausmacht. Der zentral gelegene Hauptkern des Mycetoms bleibt erhalten und auch die Kerne der Syncytien sind, zu Haufen geschart, noch lange in den sterilen Mycetomen nachweisbar.
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5.
Die symbiontenfreien ♀♀ von Oryzaephilus erzeugen nun ihrerseits symbiontenfreie Nachkommen, in denen aber die verödeten Mycetome in gleicher Weise aufgebaut werden, wie wenn die symbiontischen Bakterien vorhanden wären. Die Mycetome von Oryzaephilus sind zu einem erblich fixierten Merkmal geworden, die auch nach Verlust ihrer ursprünglichen Bedeutung durch viele Generationen (25. Generation) bisher erhalten geblieben sind.
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6.
Irgendwelehe Ausfallserscheinungen traten im Gefolge des Symbiontenverlustes — selbst bei extrem einseitiger Ernährung (Stärke) — nicht auf. Die symbiontenfreien Tiere pflanzen sich bei gleicher Ernährungsweise genau so fort wie die normal infizierten, ohne irgendwelche Einbuße in der Nachkommenzahl zu erleiden. Auch im Hungerversuch erwiesen sich die normal infizierten Tiere den sterilen gegenüber nicht im Vorteil.
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7.
Trotz alledem sind wir nicht berechtigt, die Symbionten von Oryzaephilus als harmlose Parasiten zu betrachten, denen jegliche Bedeutung im tierischen Haushalt abgesprochen werden muß. Schließt doch die Erkenntnis, daß ein Organ nicht lebensnotwendig ist, seine Zweckdienlichkeit nicht aus, selbst wenn wir im Augenblick noch nicht in der Lage sind, seinen Leistungsbereich zu erkennen.
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Meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Paul Buchner, zu seinem 50. Geburtstag in herzlicher Dankbarkeit und Verehrung gewidmet.
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Koch, A. Symbiosestudien. II. Experimentelle untersuchungen an oryzaephilus surinamensis L. (Cucujidae, Coleopt.). Z. f. Morphol. u. Ökol. d. Tiere 32, 137–180 (1936). https://doi.org/10.1007/BF00406594
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