Skip to main content
Log in

Das „Praecoxgefühl“ in der Diagnostik der Schizophrenie

Ergebnisse einer Umfrage bei westdeutschen Psychiatern

  • Published:
Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

  1. 1.

    Ein „Praecoxgefühl“ kennen von etwas mehr als der Hälfte deutscher Nervenärzte, die geantwortet haben ca. 86%. 54% halten das Gefühl für verläßlich, 25% für verläßlicher als alle übrigen Symptome.

  2. 2.

    Eine relativ höhere Korrelation damit, das Gefühl für verläßlich zu halten, ergibt sich für die Gruppen a) der freiberuf lichen Psychiater und Anstaltspsychiater gegenüber den Klinikern, b) der betont psychotherapeutisch ausgerichteten gegenüber dem Gros der Psychiater, c) derer, die in der Schizophrenie eine Neurosevariante sehen gegenüber denen, die die qualitative Andersartigkeit betonen, d) derer, die nur gegen inneren Widerstand oder möglichst gar nicht eine Schizophrenie diagnostizieren gegenüber denen, die darin nüchtern bleiben, e) derer, die sich gelegentlich zutrauen, auf Anhieb zu diagnostizieren gegenüber denen, die das nicht können, f) derer, die sonst die Ausdruckssymptome für charakteristischer halten, als andere Symptome, g) derer, die eher geisteswissenschaftlich orientiert sind als naturwissenschaftlich, h) schließlich, soweit erkennbar, der weiblichen Diagnostiker gegenüber den männlichen.

Man wird sagen können, daß das Praecoxgefühl nicht auf einer Ebene mit vielen, aus der Erfahrung resultierenden Vorgefühlen steht, die beim gereiften medizinischen Diagnostiker als „ärztlicher Blick“ zusammengefaßt werden. Das offensichtliche Vertrauen so vieler Untersucher in ein gefühlsmäßiges Erleben bei der Diagnostik mag einerseits daherrühren, daß eindeutige psychopathologische Testverfahren und pathophysiologische Befunde zur exakten Abgrenzung der Schizophrenie noch fehlen. Andrerseits legen es die Ergebnisse der Umfrage in stärkerem Umfang, als es bisher in der Literatur diskutiert wurde, nahe, daß dieses Gefühl sich gegenüber dem Schizophrenen an Besonderheiten, kaum verbal faßbaren Strukturelementen entzündet, die etwas mit den Ausdrucksphänomenen zu tun haben. So scheint es nicht ausgeschlossen, daß eines Tages doch wesentliche der zum Entstehen des Gefühls beitragenden Symptome diagnostisch schärfer umrissen werden können.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literatur

  • Brengelmann, J. C.: Wert und Grenzen von Persönlichkeitstests in der Neurose und Psychotherapie. In: Hb. Neurosl. u. Psychotherap. Bd. I, 462 ff. München u. Berlin 1959.

  • Conrad, C.: Das Problem der „nosologischen Einheit“ in der Psychiatrie. Nervenarzt 30, 488 (1959).

    Google Scholar 

  • Eysenck, H. J.: Wege und Abwege der Psychologie. Hamburg 1956.

  • Müller-Suur, H.: Das sogenannte Praecoxgefühl. Fortschr. Neurol. Psychiat. 29, 145–152 (1961).

    Google Scholar 

  • Petrilowitsch, N.: Beiträge zu einer Struktur-Psychopathologie. S. 58–73. Basel u. New York 1958.

  • Rümke, H. C.: Die klinische Differenzierung innerhalb der Gruppe der Schizophrenien. II. Internat. Kongr. f. Psychiatrie, Zürich 1957. Nervenarzt 29, 49–53 (1958).

    Google Scholar 

  • Schneider, K.: Klinische Psychopathologie. Stuttgart 1959.

  • Schulte, W.: Die gesunde Umwelt in ihrer Reaktion auf Psychosen und Psychopathien. In: Psychiatrie und Gesellschaft. Bern u. Stuttgart 1958.

  • Wyrsch, J.: Über die Intuition bei der Erkennung des Schizophrenen. Schweiz. med. Wschr. 76, 1173 (1946).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Irle, G. Das „Praecoxgefühl“ in der Diagnostik der Schizophrenie. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 203, 385–406 (1962). https://doi.org/10.1007/BF00356304

Download citation

  • Received:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF00356304

Navigation