Zusammenfassung
In drei Beobachtungen aus einem größeren neuropathologisch routinemäßig untersuchten Material von Todesfällen unter der Strangulation in suicidaler Absicht (Strangtod) fanden sich eindeutig intravital bewirkte Zellschäden im Sinne der „ischämischen Ganglienzellerkrankung“. Der Verteilungsmodus der geschädigten Elemente entsprach der Ausbreitungsart hypoxydotisch bewirkter Schäden am Zentralnervensystem im allgemeinen und derjenigen bei Spättod nach unterbrochener Strangulierung im besonderen. Die Befunde werden für die Bestimmung der für das Sichtbarwerden hypoxydotischer Ganglienzellschäden erforderlichen Lebensdauer („Manifestationszeit“) wesentlich. Die Beobachtungen fallen unter jenen — nach übereinstimmender gerichtsmedizinischer Erfahrung — beträchtlichen Prozentsatz von Strangtodesfällen, der durch Stauungszeichen im Gesicht, Hautekchymosen und Conjunctivalblutungen gekennzeichnet ist. Es wird geschlossen, daß — im Gegensatz zur „perakuten Anoxie“ durch gleichzeitigen und seitengleichen Verschluß sämtlicher Halsgefäße beim „idealtypischen“ Erhängen — beim atypischen Strangulationsverlauf vornehmlich mit akuten bis subakuten Hypoxydosen unter begleitenden Stauungserscheinungen zu rechnen ist. Damit aber ist die Möglichkeit einer verhältnismäßig längeren „Überlebenszeit“ undinnerhalb dieser einer größeren Zeitspanne „lokalen Scheinlebens“ gegeben. Insofern bestehen gewisse Beziehungen zu Vorgängen und Befunden am Zentralnervensystem unter der Agonie im allgemeinen. Im Gegensatz zu bisher vertretenen und auf tierexperimentelle Erfahrungen gestützten Annahmen ergibt sich aus den Befunden beim Strangtod, daß die Zeitwerte für die Manifestierung „ischämischer Ganglienzellschäden“ unter höchstens einer halben Stunde liegen können.
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Jacob, H., Pyrkosch, W. Frühe Hirnschäden bei Strangtod und in der Agonie. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift Neurologie 187, 177–186 (1951). https://doi.org/10.1007/BF00343760
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