Zusammenfassung
Unter 150 Beobachtungen fanden wir 43 mal, das ist in 28%, nach Einwirkung stumpfer Gewalt auf den Schädel Läsionen im Bereich der Stammganglien. In 34 Beobachtungen lag eine Schädelfraktur vor. Von den 43 Verunglückten verstarben 23 bereits innerhalb der ersten Stunde nach der Gewalteinwirkung. — Als primär-traumatische Alterationen fanden sich im Bereich der Stammganglien Gewebszertrümmerungen und Blutungen verschiedener Ausdehnung, Form und Lokalisation. Sie variierten von Punktgröße bis zu einer Ausdehnung von 2–3 cm im größten Durchmesser, waren vorwiegend kugelförmig in den grauen Kernen und mehr streifenförmig innerhalb der Faserbahnen oder im Grenzgebiet zwischen grauer und weißer Substanz. Als Prädilektionsstellen solcher Blutungen erwiesen sich die ventrikelnahen Teile der Stammganglien und der latero-basale Putamenrand. Im subependymären Gewebe fanden sich häufig Mantelblutungen und intramurale Hämorrhagien sowie diffuse Blutungen, die mitunter auch in das Ventrikellumen eingebrochen sind, am lateralen und basalen Putamenrand vorwiegend ausgedehnte perivasculäre und intramurale Blutungen größerer Gefäße. Mehrmals konnte der ursächliche Zusammenhang zwischen Abrissen kleiner Gefäße an Verzweigungsstellen und solchen intramuralen Hämorrhagien nachgewiesen werden. Eindeutige Gefäßwandrupturen sahen wir vor allem an ventrikelnahen Venen.
Die erhobenen Befunde werden einerseits durch den „zentralen Kavitations-Effekt“, andererseits durch mechanische Einwirkung im Sinne von Rotations-, Zug- und Scherkräften erklärt.
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Minauf, M., Schacht, L. Zentrale Hirnschäden nach Einwirkung stumpfer Gewalt auf den Schädel. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 208, 162–176 (1966). https://doi.org/10.1007/BF00343266
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