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Zur Gliaarchitektonik der menschlichen Großhirnrinde im Nissl-Bild

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Zusammenfassung

Verschiedenheiten in der Verteilung der 3 Gliazelltypen Astroglia, Oligodendroglia und Mikroglia in den einzelnen Schichten verschiedener nervenzellarchitektonischer Felder der Großhirnrinde wurden erstmals von Schroeder festgestellt, und zwar durch zeichnerische Wiedergabe der Zellen nach Nissl-Präparaten und nach Anwendung der Metallimprägnationsverfahren. Die sichere Erfassung architektonischer Verschiedenheiten der Neuroglia ist jedoch nur durch Zellzählungen möglich; die Zählung muß wegen der Unzuverlässigkeit der Metallimprägnationsverfahren an Nissl-Präparaten erfolgen.

In der vorliegenden Arbeit wurden unter Zugrundelegung der 5 Rindentypen von v. Economo an 8 verschiedenen nervenzellarchitektonischen Feldern (Areae) der normalen menschlichen Großhirnrinde Zählungen jedes der 3 Gliazelltypen getrennt in jeder Rindenschicht (Laminae) durchgeführt. Die Methodik der Schnittherstellung und der Zählung und die morphologische Unterscheidung der 3 Gliazelltypen im Nissl-Bild werden beschrieben. Nach den erhaltenen Zahlenwerten wurden Kurven aufgestellt. Die Ergebnisse sind folgende:

  1. 1.

    Deutliche Unterschiede in der Verteilung der Gliazellen bestehen sowohl zwischen den einzelnen Hirnrindenschichten als auch zwischen den nervenzellarchitektonischen Feldern.

  2. 2.

    Astroglia und Oligodendroglia zeigen eine deutlich voneinander verschiedene, in der gesamten Hirnrinde mit bestimmten Abweichungen wiederkehrende Verteilung über die einzelnen Rindenschichten.

  3. 3.

    Die Mikroglia dagegen überzieht die Hirnrinde, wie auch andere Untersucher festgestellt haben, wie ein gleichmäßiges Netz.

  4. 4.

    Eine prinzipielle Parallelität oder ein kompensatorisches Verhältnis zwischen Nerven- und Gliazellzahlen ist nicht feststellbar.

  5. 5.

    Zahlenmäßige Zusammenhänge bestehen a) zwischen Astrogliazellen und numerischer Zelldichte der Nervenzellen und b) zwischen Oligodendrogliazellen und Volumenzelldichte der Nervenzellen einerseits und Markfaserreichtum der Rinde andererseits.

  6. 6.

    Zahlenmäßige Zusammenhänge zwischen Astrogliazellen und dem Gefäßreichtum bestehen nur dort, wo die Angioarchitektonik auch ein Spiegelbild der Nervenzellarchitektonik ist.

  7. 7.

    Die Zelldichte der Gliazellen innerhalb einer Rindenschicht ist unabhängig von deren Breite.

Rückschlüsse auf die normale Funktion der Gliazellen sind allein auf Grund der festgestellten zahlenmäßigen Beziehungen zwischen ihnen und den übrigen Gewebselementen nicht möglich. Nach Bestätigung an einem größeren Material und in Zusammenhang mit Ergebnissen aus anderen Forschungsrichtungen könnten diese Beziehungen jedoch wesentliche Bedeutung haben.

Für die Erfassung des Verhaltens des gliösen Interstitiums unter pathologischen Bedingungen ist der Nachweis des Vorhandenseins einer laminär und areal differenten Gliazellarchitektonik in der Hirnrinde von Wichtigkeit. In den gewonnenen Zahlen stehen hiermit Vergleichswerte zur Verfügung.

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Umgearbeitete Fassung der Dissertation Leipzig 1956.

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Schlote, W. Zur Gliaarchitektonik der menschlichen Großhirnrinde im Nissl-Bild. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift f. d. ges. Neurologie 199, 573–595 (1959). https://doi.org/10.1007/BF00342861

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