Zusammenfassung
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1.
Im Entwicklungsgang einer Langerhansschen Insel lassen sich vier aufeinanderfolgende, fließend ineinander übergehende Phasen unterscheiden: 1. Das Stadium der inselpotenten Zellen und Zellgruppen, 2.das Stadium des Inselfeldes, 3. das Stadium der Mantelinsel und 4. die reife Langerhanssche Insel.
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2.
Ebenso wie in den Inseln des Erwachsenen, färben sich die A- und B-Zellen mit der Gomori-Methode auch während der fetalen und kindlichen Entwicklung des Inselsystems durch unterschiedliche Tingierung ihrer Granula (α-Granula rot, β-Granula tiefblau). Die beiden Zelltypen sind dadurch voneinander und von den exokrinen Zellen in prägnanter Weise zu unterscheiden. Beide werden aus den Epithelien der primitiven Drüsenschläuche, der Endstücke und der Gänge unmittelbar und schon sehr frühzeitig als Einzelelemente differenziert. In den Gängen überwiegen die A-Zellen bei weitem, B-Zellen sind hier selten. In den Endstücken und Drüsenschläuchen sind einzelne A-Zellen und B-Zellen in jeweils annähernd gleichen Mengen, und zwar in großer Zahl vorhanden. Gerade diese einzelnen B-Zellen und kleine Gruppen solcher haben sich mit den bisherigen Färbemethoden dem Nachweis entzogen, da sie sich von den exokrinen Zellen färberisch bzw. cytologiach nicht unterscheiden ließen. Sie traten erst in den Mantelinseln auf Grund ihrer Zusammenlagerung sichtbar in Erscheinung.
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3.
Auch die Inselsprossen eines Inselfeldes enthalten beide Zellformen. Darüber hinaus finden sich in den größeren Inselzapfen noch besondere Zellen mit einem homogenen, ungranulierten und rosa gefärbten Protoplasma.
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4.
Die Konfiguration eines Inselfeldes zu einem mehr oder minder abgerundeten Zellhaufen führt zur Bildung der fetalen Mantelinsel, die sich strukturell, d. h. hinsichtlich der A B-Relation und der topographischen Anordnung der Zelltypen grundsätzlich von der reifen Langerhansschen Insel des Erwachsenen unterscheidet. Für sie ist charakteristisch, daß ein solider Komplex von B-Zellen von einer einschichtigen oder mehrschichtigen Lage von A-Zellen schalenartig umgeben wird. Zwischen dem „B-Zellenkem“ und der innersten A-Zellenschale findet man eine Transformationszone aus ungranulierten rosa Zellen, in der sich A-Zellen in B-Zellen umwandeln. Der Umwandlungsvorgang beginnt schon in den größeren Inselsprossen. Das Zellkontingent der Mantelinseln setzt sich aus B-Zellen, A-Zellen, Übergangszellen und vereinzelten „leeren“ Riesenzellen zusammen. Nicht nur bei Neugeborenen, sondern auch noch bei Kindern in den ersten Lebensjahren haben alle Inseln den Charakter der Mantelinseln. Vom vierten Lebensjahr an lockert sich die geschlossene Randschale allmählich auf, die Struktur der Langebhansschen Insel des Erwachsenen wird aber erst im Pubertätsalter erreicht.
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5.
Die A- und B-Zellen des Menschen lassen auch während der Entwicklung Kernunterschiede erkennen, die aber nicht so prägnant sind, daß sie für sich allein die Bestimmung des Zelltyps erlauben würden. Bei manchen Säugetieren sind solche Unterschiede überhaupt nicht vorhanden, bei wieder anderen, z. B. dem Meerschweinchen, hingegen überaus deutlich und merkwürdigerweise den Kerneigenschaften der A- und B-Zellen des Menschen entgegengesetzt.
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6.
Der genetische Zusammenhang und die funktionelle Bedeutung der Inselzelltypen wird in dem Schema der Abb. 7 erläutert. Es erhellt daraus, daß auch die Cytogenese des Inselsystems es nahe legt, im Pankreas zwischen einem A-Zellensystem und einem B-Zellensystem zu unterscheiden. A- und B-Zellen sind Elemente eigener Art mit besonderen morphologischen und funktionellen Eigenschaften. Die B-Zellen liefern das Insulin, die A-Zellen das Glukagon, welches blutzuckererhöhend wirkt.
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Ferner, H., Stoeckenius, W. Die Cytogenese des Inselsystems beim Menschen. Z. f. Zellforschung 35, 147–175 (1950). https://doi.org/10.1007/BF00339894
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