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Mitotische Wachstumsintensität des embryonalen und fetalen Hühnchenherzens und ihre Bedeutung für die Entstehung von Herzmissbildungen

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Zeitschrift für Zellforschung und Mikroskopische Anatomie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Basierend auf einem Untersuchungsgut von etwa 720 000 zeichnerisch erfaßten Zellen berichtet der Autor über die mitotische Aktivität des Hühnchenherzens während der gesamten Embryonal- und Fetalentwicklung. Die für die einzelnen Myokard- und Endokardabschnitte ermittelten Mitosequoten können als ein ungefähres Maß der Wachstumsintensität, damit auch der Schädigungsbereitschaft dieser Gewebsbezirke gelten und ermöglichen durch quantitative Analyse der Wachstumsvorgänge eine differenzierte Stellungnahme zu Fragen der formalen und zeitlichen Entstehung von Herzfehlern.

  1. 1.

    Im Gegensatz zu früheren Ansichten erscheint die Annahme einer entscheidenden entwicklungsmechanischen Bedeutung der bulbotrunkalen Endokardkissen bei der Entstehung von Entwicklungsstörungen des arteriellen Herzendes wenig wahrscheinlich. Vielmehr läßt eine Reihe von Einzelbefunden, besonders die signifikant höhere Anzahl der Kernteilungsfiguren im Myokardgewebe gegenüber den im Endokard beobachteten Mitoseraten während der Primärperiode den Schluß zu, daß der ursächlich bestimmende Faktor in der Herzfehlergenese in einer, wenn auch nicht ausschlieβlichen, so doch überwiegenden Schädigung der myokardialen Herzanteile zu suchen ist.

  2. 2.

    Defekte des myokardialen Septum ventriculorum sind indirekt über eine Wachstumsstörung der seitlichen Kammerwandabschnitte entstanden zu denken. In dieser Richtung wird jedenfalls die in den ersten Tagen der Septation auffallend geringe mitotische Aktivität im Septummyokard bei erheblich höherer Wachstumsintensität der parietalen Kammerbezirke zu deuten sein. Damit kann gleichzeitig der von Kl. Goerttler (1958) vermutete Entstehungsmechanismus des Ventrikelseptum als passive lumenwärtige Einstülpung eines Schlauchteiles durch Krümmungen der Herzschleife direkt bewiesen werden.

  3. 3.

    Die bisher nur experimentell erfolgte Festlegung einer „sensiblen Phase“ der Herzentwicklung mit erhöhter Schädigungsbereitschaft in den ersten Bebrütungstagen konnte durch Auswertung der Mitosehäufigkeit substantiiert werden: hohe Mitosequoten in dieser Primärperiode sprechen für eine besondere Empfindlichkeit und lassen uns die Entstehung von Entwicklungsstörungen verständlich werden. In erster Linie dürfte das Kammermyokard betroffen sein, weniger stark und häufig dagegen das Vorhofmyokard und die Endokardwülste im Bulbus und Ohrkanal.

  4. 4.

    Jenseits der „sensiblen Phase“ der Herzentwicklung ist eine differente Beeinträchtigung einzelner Herzteile und -gewebe weniger wahrscheinlich.

  5. 5.

    Mit der Festsetzung des Mitoseindex im Normbereich wurde exemplarisch die Möglichkeit geschaffen, das Ausmaß einer Wachstumsverlangsamung und damit den Grad einer Schädigung durch Vergleich mit den als Normwerten ermittelten Quoten quantitativ zu erfassen. Mit gleicher Methodik ist es möglich, die Empfindlichkeit aller Organe und Gewebe des Organismus nach Maßgabe ihrer mitotischen Aktivität, d.h. für ein Kriterium der Wachstumsaktivität, numerisch zu erfassen, die dann als Grundlage für anzustellende Schädigungsversuche dienen kann. Fernziel dieser und ähnlicher Untersuchungen muß die Aufstellung einer exakten Zeittafel mit Einarbeitung der relativen Empfindlichkeiten einzelner Organe bzw. Organteile und Gewebe sein.

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Unter Leitung von Priv.-Doz. Dr. med. Kl. Goerttler.

Mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

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Grohmann, D. Mitotische Wachstumsintensität des embryonalen und fetalen Hühnchenherzens und ihre Bedeutung für die Entstehung von Herzmissbildungen. Z. Zellforsch. 55, 104–122 (1961). https://doi.org/10.1007/BF00319331

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