Zusammenfassung
1. Unter Verwertung aller bisher veröffentlichten Fälle und gestützt auf 7 eigene Beobachtungen wird die Panencephalitis Pette-Döring: die Leucoencéphalite sclérosante subaiguë van Bogaert und die Einschlußkörperchen-Encephalitis Dawson in 3 ineinander übergehende, fast regelmäßig aufeinander folgende Phasen verlaufend dargestellt, 1. Stadium: schleichend einsetzende, allmählich zunehmende Wesensänderung, Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit; 2. Stadium: rhythmische extrapyramidale Hyperkinesen, wechselnde Tonusstörungen; 3. Stadium: allmählich zunehmende extrapyramidale Tonussteigerung, zentrale vegetative Regulationsstörungen.
2. Die histopathologischen Veränderungen im Zentralnervensystem bestehen für die Panencephalitis vorwiegend aus knötchenförmigen Gliazellvermehrungen, die die Großhirnrinde, die Stammganglien, die Brücken- und Kleinhirnkerne sowie die Oliven bevorzugen und sich einzeln auch in der ganzen Längsausdehnung des Rückenmarksgrau finden. Die Leukoencephalitis ist in erster Linie gekennzeichnet durch subcorticale Gliawucherungen mit entsprechend gelegenem Markscheidenausfall, besonders in den Windungstälern, die in die unteren Rindenschichten hineinreichen und das Markgewebe der Hirnpole bevorzugen. Bei der Dawson-Encephalitis werden zusätzlich noch Einschlußkörperchen vom Typ A beobachtet.
3. Wenn auch ohne Kenntnis der Ätiologie diese 3 klinisch ähnlich verlaufenden Encephalitisformen noch nicht als eine Krankheitseinheit bezeichnet werden können, so machen doch auch die pathologisch-anatomischen Befunde eine genetische Verwandtschaft wahrscheinlich. Das Gemeinsame im histopathologischen Bild stellen die mehr oder minder ausgedehnten subcorticalen Gliosen und Markscheidenausfälle dar, deren eigenartige Lokalisation als von der Venenarchitektur abhängig gedeutet wird.
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Herrn Prof. Hallervorden zum 70. Geburtstag in Verehrung gewidmet.
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Kalm, H. Über die Stellung der Panencephalitis (Pette-Döring) zur Leucoencéphalite sclérosante subaiguë (van Bogaert). Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde 169, 89–110 (1952). https://doi.org/10.1007/BF00217998
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