Zusammenfassung
Seit der (Wieder-)Vereinigung Deutschlands wurden zahlreiche Versuche unternommen, zu erforschen, inwiefern sich die Menschen in Ost und West unterscheiden. Einen regelrechten Forschungsboom gab es vor allem bei den Jugendstudien (vgl. z.B. Behnken u.a. 1991, Melzer/Lukowski/Schmidt 1991, Melzer 1992, Deutsches Jugendinstitut 1992, Jugend ‘92, Neunter Jugendbericht 1994, Hoffmann-Lange 1995, von Bornes 1995). Dabei stellte sich sehr bald heraus, daß es zwischen Ost- und Westdeutschen — jungen wie alten — hinsichtlich der Wertvorstellungen, Einstellungen, Mentalitäten, Gewohnheiten usw. nicht nur Gemeinsamkeiten, sondern auch — besonders im Alltagshandeln — spürbare Differenzen gibt, die aus unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen und Lebenserfahrungen in zwei unterschiedlichen politischen, ökonomischen und kulturellen Systemen resultieren. Untersuchungen zu Wertepräferenzen zeigten, daß die Ostdeutschen im Vergleich mit Westdeutschen eher konventionelle, traditionelle Werte und Sekundärtugenden (z.B. Pflichtbewußtsein, Anpassung, Leistung, Pünktlichkeit, gute Manieren, Höflichkeit), also stärker Normkonformität bis hin zum Autoritarismus befürworten, zugleich jedoch auch eine stärkere soziale Orientierung („etwas für andere Menschen tun“) und weniger Hedonismus aufweisen (vgl. z.B. Fuchs u.a. 1991, Lederer 1991, Melzer/Lukowski/Schmidt 1991, Deutsches Jugendinstitut 1992, Veen u.a. 1994, Gensicke 1995, Gille 1995). Auch die Shell-Jugendstudie weist — bei aller Betonung der Gemeinsamkeiten — auf eine etwas größere Tendenz zum „Konservativen“, Bewahrenden in den neuen Bundesländern hin (Jugend ‘92, Bd.l, S. 233). Eine neuere Untersuchung von Meulemann bestätigt ebenfalls, daß im Osten mehr Wert auf Erziehungsziele der Konvention gelegt wird (vgl. Meule-mann 1995, S. 27). Unter modernisierungstheoretischer Perspektive erscheinen die Lebensverhältnisse in Ostdeutschland dann als „vor-“ oder „teilmodern“ (vgl. z.B. Melzer/Lukowski/Schmidt 1991, Bois-Reymond u.a. 1994).
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Schubarth, W. (1996). Je liberaler, desto mehr Gewalt an Schulen? Ergebnisse eines Ost-West-Vergleichs. In: Schubarth, W., Kolbe, FU., Willems, H. (eds) Gewalt an Schulen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10171-0_3
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