FormalPara Zusammenfassung

Pflegepersonal wird in Krankenhäusern zunehmend knapp. Für das verbleibende Personal bedeutet dies eine steigende Arbeitsbelastung, mehr Unzufriedenheit und häufigere Jobwechsel, die die Situation oft weiter verschärfen. In diesem Beitrag analysieren wir auf Basis einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit die Personalfluktuation in den deutschen Krankenhäusern für die Jahre 2004 bis 2016 und vergleichen sie mit anderen Wirtschaftszweigen. Etwa jede/r sechste Krankenhausbeschäftigte wechselt innerhalb eines Jahres den Job; in der Gesamtwirtschaft ist es jede/r dritte Arbeitnehmer/in. Über fast alle Bundesländer zeigt sich eine überdurchschnittliche Zunahme der Jobwechsel in den vergangenen Jahren. Dies liegt fast ausschließlich an der höheren Fluktuation beim Pflegepersonal. Die Rotationsrate bei Ärztinnen und Ärzten ist sogar rückläufig. Eine Verbesserung der Jobsituation für Pflegerinnen und Pfleger ist und bleibt daher eine der Top-Prioritäten auf der gesundheitspolitischen Agenda.

Nursing staff is becoming increasingly scarce in German hospitals. For the remaining staff, workload, dissatisfaction and job changes increase, which often aggravate the situation. In this article, we analyse staff turnover in German hospitals for the years 2004 to 2016 based on newly compiled data by the Federal Employment Agency and compare the health care sector with other sectors of the economy. About one in six hospital employees changes her or his job within a year; in the overall economy it is one in three. Job change frequencies of hospital employees have increased over the past few years in almost all federal states. This is almost exclusively caused by the higher fluctuation of nursing staff. By contrast, the rotation rate of doctors is even declining. Improving job conditions for nurses is and remains one of the top priorities on the German health policy agenda.

1 Einleitung

Die Personalnot im Gesundheitswesen ist eine der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen der 2020er Jahre. Eine alternde Gesellschaft bringt eine steigende Zahl von Patientinnen und Patienten mit sich und damit eine erhöhte Nachfrage nach Gesundheitsleistungen – besonders im Pflegebereich. Gleichzeitig ist mit einem scharfen Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter zu rechnen. Die Zahl offener Stellen im Gesundheitswesen hat sich bereits innerhalb der vergangenen acht Jahre mehr als verdoppelt (Abb. 15.1); der bereits heute bestehende Fachkräfteengpass dürfte sich nochmals deutlich verschärfen (Augurzky und Kolodziej 2018). In den Krankenhäusern stieg die Zahl der offenen Stellen von Juli 2011 bis Juli 2019 immerhin um 81 %, während die Gesamtwirtschaft einen Anstieg von rund 62 % aufwies.

Abb. 15.1
figure 1

Anzahl der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten offenen Stellen nach Wirtschaftsabteilung und Wirtschaftsgruppen (in 1.000 Stellen). (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2011, 2019)

Ein flächendeckend hohes Niveau in der medizinischen Versorgung kann auf Dauer nur gewährleistet werden, wenn die Schere zwischen steigender Nachfrage nach Gesundheitsleistungen und sinkendem Arbeitsangebot geschlossen werden kann. Dabei geht es inzwischen nicht nur um die Besetzung offener Stellen – immer wichtiger werden Strategien, um das bereits angestellte Personal in einzelnen Sektoren oder Einrichtungen zu halten. Eine mögliche Erklärung für etwaige Jobwechsel kann die Unzufriedenheit im Job sein.Footnote 1 Zufriedene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleiben ihrer Arbeitsstelle treu, Unzufriedenheit mit dem Job erhöht dagegen die Wechselfreudigkeit (Boyle et al. 1999). Tourangeau und Cranley (2006) zeigen sogar, dass neben dem Alter die Jobzufriedenheit der stärkste Einflussfaktor für den Fortbestand eines Beschäftigungsverhältnisses in der Pflege ist.

Jenseits von Anekdoten ist erstaunlich wenig über Jobzufriedenheit und Jobwechsel im deutschen Gesundheits- und Krankenhauswesen bekannt. Einige internationale Studien haben Job- oder Arbeitgeberwechsel im Gesundheitswesen untersucht (siehe z. B. Hayes et al. 2006, 2012; Cho et al. 2009; De Simone et al. 2018; Dilig-Ruiz et al. 2018). Im Fokus der Analysen stehen insbesondere Pflegekräfte. Deren Jobzufriedenheit hängt vor allem ab von der subjektiven Sicht der Pflegekraft auf die Arbeitsstelle, den eigenen Erwartungen an den Job oder der persönlichen Erfüllung, die man aus dem Job zieht (Lu et al. 2005; Price 2001). Die bereits bestehende Knappheit des Pflegepersonals verschärft sich durch steigende Arbeitsbelastung und -verdichtung, zunehmende Bürokratie, größere Unzufriedenheit und daraus resultierende häufigere Jobwechsel. Basierend auf einer internationalen Umfrage Ende der 1990er Jahre unter 43.000 Pflegekräften aus fünf Ländern kommen Aiken et al. (2001) zu dem Ergebnis, dass 17 % der Pflegekräfte in Deutschland mit ihrem Job unzufrieden waren. Der gleiche Anteil an Pflegekräften (17 %) gab an, in den nächsten zwölf Monaten den Job zu wechseln. Bei Pflegekräften unter 30 Jahren war es sogar jeder Vierte (27 %), der einen Jobwechsel ernsthaft ins Auge gefasst hat. Die dann aber tatsächlich realisierten Jobwechsel des Krankenhauspersonals, insbesondere auch im Verlauf der letzten Jahre seit Einführung des DRG-Systems, wurden unseres Wissens aber noch nicht systematisch untersucht.

In diesem Beitrag wollen wir diese Wissenslücke füllen und analysieren auf Basis einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit die Personalfluktuation in den deutschen Krankenhäusern für die Jahre 2004 bis 2016. Die Ergebnisse für den Krankenhaussektor stellen wir dem gesamten Gesundheitswesen sowie der Gesamtwirtschaft gegenüber. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Jobfluktuation in den Krankenhäusern zwar noch immer deutlich geringer ist als in der übrigen Wirtschaft, aber in den vergangenen Jahren gegen den gesamtwirtschaftlichen Trend stark zugenommen hat. Die Zunahme der Fluktuation ist dabei vollständig auf das Pflegepersonal zurückzuführen. Perspektivisch müssen die Akteure im Gesundheitswesen die Attraktivität und Anerkennung der Pflegeberufe deutlich steigern und auf diese Weise neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen; andernfalls drohen sich die verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens zu kannibalisieren.

2 Daten und Methodik

In diesem Beitrag werten wir eine eigens angeforderte Sonderauswertung der Statistik der Bundesagentur für Arbeit aus, die die Zahl der sozialversicherungspflichten Beschäftigten (SV-Beschäftigte) zum 30.06. eines Jahres sowie die jährlichen Zu- und Abgänge bei Beschäftigungsverhältnissen in den Bundesländern für die Jahre 2004 bis 2016 enthält (Bundesagentur für Arbeit 2018). Die Daten unterscheiden nach Wirtschaftszweigen, um die Unterschiede zwischen der Gesamtwirtschaft, dem Gesundheitswesen und dem Krankenhausmarkt herauszuarbeiten. Außerdem sind die Daten nach Berufen aufgegliedert, um ärztliches Personal und Pflegepersonal getrennt analysieren zu können. Diese Differenzierung erlaubt es uns, zeitliche, regionale, sektorale und berufliche Trends herauszuarbeiten.

Wir harmonisieren die zwischenzeitlich neu definierten Berufs- und Wirtschaftszweigklassifikationen, soweit dies die Daten erlauben. Bis 2011 wurden beispielsweise Krankenschwestern, -pfleger, Hebammen (Berufsgruppe 853) und Helfer in der Krankenpflege (Berufsgruppe 854) ausgewiesen. Diese finden sich ab 2012 in der neuen Gruppe Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege (813, 821) wieder. Wir unterscheiden in unserer Analyse später ärztliches und pflegerisches Personal. Außerdem vereinheitlichen wir die Wirtschaftszweigklassifikationen. Der Dienstleistungssektor umfasst entsprechend der Wirtschaftszweigklassifikation 2008 den Tertiären Sektor (Abschnitte G–Q), das Gesundheitswesen entspricht dem Gesundheits- und Sozialwesen (Gruppen 851 und 853), der den Krankenhaussektor (ohne Vorsorge- und Reha-Einrichtungen) umfasst (Unterklassen 86101 und 86102).

Aus den nunmehr vergleichbaren Zeitreihen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sowie den Zu- und Abgängen berechnen wir die Rate der jährlichen Jobfluktuation. Hierbei folgen wir der bestehenden Literatur und definieren die Rotationsrate als den Mittelwert von Zu- und Abgängen von SV-Beschäftigung, geteilt durch den Stand der Beschäftigten (Institut der deutschen Wirtschaft Köln 2016). Diese Rate gibt näherungsweise an, welcher Anteil der Beschäftigten innerhalb eines Jahres den Job wechselt. Sektoren, die von Saisonarbeit oder häufigen befristeten Beschäftigungsverhältnissen charakterisiert sind (z. B. die Land- und Forstwirtschaft), weisen naturgemäß eine höhere Personalfluktuation auf als Sektoren mit unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen (insbesondere der Öffentliche Dienst). Wir stellen Drei-Jahres-Durchschnitte dar, um kurzfristige Schwankungen auszugleichen. Die Sonderauswertung der Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat folgende Limitationen: Sie ermöglicht keine weiteren Aussagen zu Erwerbsbiographien der SV-Beschäftigten. Wir können daher bspw. nicht die Übernahme von Auszubildenden in der Pflege nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss separat darstellen. Ferner lassen sich Jobwechsel zu einem anderen Arbeitgeber oder das Ausscheiden und der Wiedereintritt in den Beruf (z. B. mehrjähriger Ausstieg nach der Geburt eines Kindes) nicht differenziert analysieren.

3 Ergebnisse

In den Jahren 2014 bis 2016 wurde mit 32 % etwa jedes dritte sozialversicherungspflichtige (SV) Beschäftigungsverhältnis neu begonnen oder beendet (Abb. 15.2). Dieser Wert bestätigt die Ergebnisse des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (2016), das einen ähnlichen Wert für etwa diesen Zeitraum ermittelt hat. Die Personalfluktuation im Dienstleistungssektor lag mit etwa 36 % leicht über dem Wert der Gesamtwirtschaft. Im Gesundheitswesen als Teilbereich des Dienstleistungssektors ist die Personalfluktuation dagegen deutlich geringer. Hier wurde im Durchschnitt jedes vierte SV-Beschäftigungsverhältnis neu begonnen bzw. beendet. Betrachtet man lediglich den Krankenhausmarkt, so zeigt sich eine nochmals niedrigere Wechselhäufigkeit von rund 17 %. Die Personalfluktuation in den Krankenhäusern ist damit spürbar geringer als in den übrigen Wirtschaftszweigen.

Abb. 15.2
figure 2

Personalfluktuation in verschiedenen Wirtschaftssektoren. Dargestellt ist der Mittelwert von begonnenen und beendeten SV-Beschäftigungsverhältnissen geteilt durch bestehende SV-Beschäftigungsverhältnisse; Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2018)

Unsere Daten erlauben eine Analyse der zeitlichen Entwicklung in der Fluktuation. Abb. 15.3 stellt die relative Veränderung in der Beschäftigtenzahl und in der Fluktuationsrate für die Jahresdurchschnitte 2004 bis 2006 und 2014 bis 2016 dar. Die Gesamtzahl der SV-Beschäftigten in Deutschland stieg innerhalb eines Jahrzehnts um circa 16 %. Dieser Zuwachs spiegelt die überwundene Massenarbeitslosigkeit und die wirtschaftlich starken Jahre nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 wider. Interessanterweise fiel der Beschäftigungsaufbau in den deutschen Krankenhäusern etwa genauso hoch aus wie in der Gesamtwirtschaft (13 % mehr SV-Beschäftigungsverhältnisse). Innerhalb der Krankenhäuser hat die Zahl der SV-beschäftigten Ärztinnen und Ärzte um 34 % zugelegt, die Zahl des Pflegepersonals wuchs immerhin um 11 %. Ein völlig unterschiedliches Bild zeigt sich dagegen in der Personalfluktuation: Während sich gesamtwirtschaftlich die Fluktuationsrate kaum verändert hat (leichter Rückgang von einem Prozent), stiegen die Jobwechsel des Krankenhauspersonals um 9 %. Trotz eines mit der Gesamtwirtschaft vergleichbaren Beschäftigungsaufbaus nahm die Jobfluktuation in den Krankenhäusern in den vergangenen Jahren also deutlich zu.

Abb. 15.3
figure 3

Veränderung von Beschäftigung und Fluktuation. Dargestellt ist die relative Veränderung des Durchschnitts der Jahre 2004 bis 2006 zum Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2018)

Innerhalb des Krankenhaussektors finden wir große regionale Unterschiede in der Personalfluktuation. Das Streudiagramm in Abb. 15.4 stellt die Jobfluktuation in den Krankenhaussektoren der 16 Bundesländer im Zeitraum 2004 bis 2006 den Jahren 2014 bis 2016 gegenüber. Die 45-Grad-Linie trennt hierbei die Länder mit einem Anstieg der Fluktuation (oberhalb der 45-Grad-Linie) von jenen Ländern, in denen ein Rückgang zu beobachten war (unterhalb der 45-Grad-Linie). In Berlin wechselte 2004 bis 2006 etwa jeder vierte Krankenhausangestellte den Job, in Thüringen war es etwas mehr als jeder Zehnte. Diese Streuung hat jedoch abgenommen. In nahezu allen Bundesländern ist ein Anstieg der Fluktuation des Krankenhauspersonals zu verzeichnen. Lediglich in Berlin, Bremen und marginal auch in Sachsen ist ein Rückgang festzustellen. Im Niveau ist die Fluktuation in den ostdeutschen Bundesländern und im Saarland deutlich geringer. Hierbei dürfte insbesondere die Altersstruktur der Beschäftigten in diesen Bundesländern eine Rolle spielen. Ostdeutschland und das Saarland sind besonders vom demographischen Wandel geprägt; die Beschäftigten haben ein höheres Durchschnittsalter als im Rest Deutschlands. Ältere Beschäftigte dürften regelmäßig weniger gewillt sein, ihren Job zu wechseln als Jüngere – daher die geringere Personalfluktuation. Ferner stellen wir eine hohe Dynamik in den Stadtstaaten Hamburg und Berlin fest. Hier dürfte der starke Bevölkerungszuwachs großer Städte (Rösel und Weishaupt 2020) einen Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben, der zu mehr Jobwechseln als in Flächenstaaten führt. Eine Ausnahme bildet hierbei Bremen, das sich im Zeitraum 2014 bis 2016 etwa auf dem Fluktuations-Niveau der ostdeutschen Länder bewegt.

Abb. 15.4
figure 4

Fluktuation in Krankenhäusern nach Bundesländern. Dargestellt ist der Mittelwert von begonnenen und beendeten SV-Beschäftigungsverhältnissen geteilt durch bestehende SV-Beschäftigungsverhältnisse; Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 bzw. 2014 bis 2016. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2018)

Abschließend werfen wir einen genaueren Blick hinter die Türen der Krankenhäuser, um die Ursachen der steigenden Jobfluktuation im Krankenhaussektor näher auszuleuchten. Hierfür könnte insbesondere die zunehmend zugespitzte Arbeitssituation des Pflegepersonals verantwortlich sein. In Abb. 15.5 stellen wir die Personalfluktuation für ärztliches und pflegerisches Personal im Zeitvergleich dar. Hierbei fällt zunächst auf, dass die Jobfluktuation bei den Ärztinnen und Ärzten deutlich höher ist als beim pflegerischen Personal. Etwa jede/r vierte ärztliche SV-Beschäftigte wechselt pro Jahr den Job. Vermutlich spielen hierbei auch die begonnenen und beendeten Beschäftigungsverhältnisse bei Assistenzärztinnen und -ärzten eine Rolle – eine abschließende Klärung lässt sich aus den Daten allerdings nicht ableiten. Im pflegerischen Bereich wechselt im Durchschnitt nur etwa jede/r sechste Beschäftigte den Job. Auffällig ist allerdings, dass sich die Fluktuationsrate in beiden Berufsgruppen stark aufeinander zubewegt. Die Fluktuation bei Ärztinnen und Ärzten ist mit dem Trend der Gesamtwirtschaft gesunken. In der Pflege stieg dagegen die Zahl der aufgelösten bzw. neu begonnenen SV-Beschäftigungsverhältnisse im gleichen Zeitraum von 14 auf 17 von 100 SV-Beschäftigten – eine relative Zunahme von fast 19 %. Die zu beobachtende Zunahme der Personalfluktuation in Krankenhäusern (Abb. 15.3) ist damit vollständig auf den pflegerischen Bereich zurückzuführen.Footnote 2 Sinnvolle Aussagen zu weiteren Berufsgruppen in Krankenhäusern wie dem Funktionsdienst, dem medizinisch-technischen Dienst oder der Verwaltung sind an dieser Stelle leider nicht möglich, da diese Bereiche in den vergangenen Jahrzehnten stark von Outsourcing gekennzeichnet waren. Gemessen an den Personal- und Sachkosten stieg die Outsourcing-Quote in Krankenhäusern von 2010 bis 2017 von 3,9 auf 5,1 % (Augurzky et al. 2020).

Abb. 15.5
figure 5

Fluktuation von Ärzten und Pflegekräften in Krankenhäusern. Dargestellt ist der Mittelwert von begonnenen und beendeten SV-Beschäftigungsverhältnissen geteilt durch bestehende SV-Beschäftigungsverhältnisse; Durchschnitt der Jahre 2004 bis 2006 bzw. 2014 bis 2016. (Quelle: Bundesagentur für Arbeit 2018)

4 Schlussfolgerungen

Aufgrund der alternden Gesellschaft und der zunehmenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen nimmt die Belastung und Verdichtung der Arbeit in Krankenhäusern zu. Mehr Arbeitsdruck und Unzufriedenheit im Job können mögliche Gründe sein, die dazu führen, dass Beschäftigte ihre Arbeitsstelle wechseln. In diesem Beitrag haben wir die Fluktuation des Personals in Krankenhäusern untersucht, um erstmals empirisch abgesicherte Erkenntnisse zu Jobwechseln bei Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften in Krankenhäusern zu präsentieren. Wir haben gezeigt, dass der Beschäftigungsaufbau in Krankenhäusern zwischen 2004 bis 2006 und 2014 bis 2016 vergleichbar mit dem in der Gesamtwirtschaft war, auch im Pflegebereich. Dennoch beobachten wir eine stark steigende Personalfluktuation im Krankenhaussektor, die vollständig auf das Pflegepersonal zurückzuführen ist. Dies kann ein Indiz für eine steigende Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen in dieser Berufsgruppe sein. Die Beschäftigungsverhältnisse konnten bei den stark gestiegenen Fallzahlen nicht mithalten (Pilny und Rösel 2020). Offenbar trägt vor allem die Pflege die Last der durchaus gestiegenen Produktivität im Krankenhauswesen (Karmann und Rösel 2018). Perspektivisch müssen die Akteure im Gesundheitswesen daher die Attraktivität und Anerkennung der Pflegeberufe deutlich steigern. Die bestehende „Personalreserve“ ist zu gering, um etwaige Personalengpässe zu schließen – nur rund 5 bis 6 % aller Beschäftigten mit einem Pflegeabschluss arbeiten noch außerhalb des Gesundheitswesens. Notwendig sind daher Investitionen in eine zeitgemäße Ausbildung und neue Aufstiegswege und -chancen, um mehr Berufseinsteiger für die Arbeit im Pflegebereich zu interessieren. Andernfalls drohen sich die verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens zu kannibalisieren.

Wünschenswert ist auch, dass die Jobsituation von Pflegekräften weiter wissenschaftlich untersucht wird. Während die vorliegende Datengrundlage den Fokus auf die Fluktuationsraten legte, können künftige Analysen zu Erwerbsbiographien ergründen, welche weiteren Faktoren Jobwechsel beeinflussen und wie sich die Dauer der durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit über die Zeit entwickelt hat. Von großem Interesse ist zudem, zu welchem Anteil befristete Arbeitsverhältnisse, Arbeitgeberwechsel, Babypausen oder Wechsel in andere Wirtschaftszweige zur Jobrotation beitragen. Mikrodaten bieten hier vielversprechende Möglichkeiten, tiefere Einblicke in die Fluktuation und Situation des Pflegepersonals zu erhalten.