Zusammenfassung
Der Beitrag fokussiert auf die ideen- und kulturgeschichtliche Verankerung des Verständnisses von Modernisierung, auf die darin eingewobene Dichotomie von Tradition und Moderne und die damit verbundenen Vorstellungen über Geschlechterbeziehungen. Ziel des Beitrags ist eine Historisierung des Dualismus von traditionellen und modernen Geschlechterverhältnissen: das als traditionell geltende, dichotome Geschlechtermodell ist keine Beschreibung historischer Realität, sondern Ergebnis einer diskursiven Setzung. Im Hintergrund steht die soziologische Modernisierungstheorie und mit ihr ein hegemoniales Verständnis von westlicher Moderne. Im Verhältnis zu Gesellschaften des globalen Südens erweist sich das Begriffspaar folglich als normativ und ethnozentrisch.
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Winkel, H. (2018). Tradition – Moderne: ein ethnozentrischer Dualismus in der westlich-europäischen Geschlechterforschung. In: Kortendiek, B., Riegraf, B., Sabisch, K. (eds) Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Geschlecht und Gesellschaft, vol 65. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-12500-4_7-2
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Tradition – Moderne: ein ethnozentrischer Dualismus in der westlich-europäischen Geschlechterforschung- Published:
- 24 October 2017
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Tradition – Moderne: Ein ethnozentrischer Dualismus in der westlich-europäischen Geschlechterforschung- Published:
- 19 July 2017
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-12500-4_7-1