Zusammenfassung
Vor einigen Jahren, als die rasanten Entwicklungen neuer Medien Anlass zu den kühnsten Erwartungen und Hoffnungen gaben, konnte sich auch die Soziologie kaum dieser Faszination entziehen. Im Prozess eines tiefgreifenden Medienwandels traten neue, „interaktive“ Medien in Konkurrenz zu den lange Zeit dominierenden Massenmedien. Die geradezu euphorische Haltung gegenüber den neuen Medien resultierte nicht zuletzt aus dem Umstand, dass die Vorzüge neuer Medien die allseits beklagten Defizite der Massenmedien zu überwinden versprachen. Für dieses Versprechen gibt es triftige Gründe. Vor allem bedingt der Wandel der medialen Form von einseitiger Massenkommunikation zu vernetzter Kommunikation im Internet einen Wandel des Publikums: vom passiven, auf Distanz gehaltenen Rezipienten zum aktiven Nutzer, der nicht nur empfangen und rezipieren, sondern auch senden und gestalten kann. Unter dem Einfluss dieses Medienwandels stellt sich die Frage, ob man bei der Analyse neuer Formen der Medienkommunikation im Bereich des Internet das hergebrachte Begriffsinstrumentarium überdenken und neu sortieren muss. Zur Diskussion steht, ob man die neuen Möglichkeiten der Kommunikation im Netz mit traditionellen Begriffen von Kommunikation und Interaktion, aber auch von Massenkommunikation noch angemessen beschreiben kann.
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Sutter, T. (2010). Der Wandel von der Massenkommunikation zur Interaktivität neuer Medien. In: Sutter, T., Mehler, A. (eds) Medienwandel als Wandel von Interaktionsformen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92292-8_5
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