Organisation und Erfahrung – der Titel dieses Bandes verweist auf einen grundlegenden Perspektivenwechsel innerhalb der organisationstheoretischen Diskussion: Während Organisationen in der Geschichte der modernen Organisationstheorie über lange Zeit nahezu ausschließlich unter der Kategorie der Zweckrationalität gefasst (vgl. Ortmann 2004, 91) und damit als rational planbare und steuerbare Systeme betrachtet wurden, hat sich hier der Blick in den vergangenen Jahren deutlich verändert und die Aufmerksamkeit zunehmend auf die kulturellen, symbolischen und irrationalen Faktoren organisationalen Handelns gelenkt (vgl. Göhlich 2007, 223). In diesen Zusammenhang ist auch das neu erwachte Interesse am Thema Erfahrung einzuordnen. Erfahrungen gelten mittlerweile sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene als eine wichtige Grundlage für organisationale Handlungsabläufe. Im Rahmen traditioneller Lernsettings sind Erfahrungen jedoch nur schwer operationalisierbar und stellen daher für die Organisationspädagogik eine Herausforderung dar. Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem Thema Organisation und Erfahrung aus der Perspektive des modernen Wissensmanagements. Wissensmanagement wird in diesem Zusammenhang als eine Form organisationalen Lernens verstanden, bei der die Weitergabe von Erfahrungswissen seit einigen Jahren eine zentrale Rolle spielt (vgl. z.B. Reinmann 2005). Es wird zunächst in die Diskussion des Erfahrungsbegriffs im modernen Wissensmanagement eingeführt und anschließend das Modell der Communities als eine innovative Form organisationalen Lernens präsentiert, bei der die Weitergabe von Erfahrungswissen eine zentrale Rolle spielt. Ziel des Beitrags ist es, auf diese Weise den organisationalen Erfahrungsbegriff weiter auszudifferenzieren und für die Gestaltung neuer organisationaler Lernkulturen fruchtbar zu machen.
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Fahrenwald, C. (2009). Organisation und Erfahrung – Die Perspektive des modernen Wissensmanagements. In: Göhlich, M., Weber, S.M., Wolff, S. (eds) Organisation und Erfahrung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91660-6_5
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