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Vom Arbeiterstaat zur de-klassierten Gesellschaft?

Ostdeutsche Arbeitermilieus zwischen Auflösung und Aufmüpfigkeit

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Soziale Milieus und Wandel der Sozialstruktur

Auszug

Unmittelbar nach der deutschen Vereinigung wurde die DDR von einigen westlichen Beobachtern als eine vom „gesellschaftsweiten Kleinbürgertum“ geprägte Gesellschaft beschrieben (Giesen/Leggewie 1991). Diese soziologische Provokation löste heftige Kontroversen aus, stellte sie doch die — weithin auch verinnerlichte — Selbstbeschreibung des Landes als „Arbeiter- und Bauern-Staat“ grundsätzlich in Frage. Das Gros der sozialwissenschaftlichen Literatur nahm dagegen auch in den 1990er Jahren den Kern der ehemaligen Selbstbeschreibung auf und sprach von „Arbeiter-“ bzw. „Facharbeitergesellschaft“ oder auch von „arbeiterlicher Gesellschaft“ (Engler 2000). Schon bei den ersten empirischen Untersuchungen der ostdeutschen Gesellschaft wurde festgestellt, dass die Arbeitermilieus einen quantitativ bedeutenden, ja dominierenden Teil der DDR-Gesellschaft und zugleich auch einen großen Teil der gesellschaftlichen Mitte Ostdeutschlands ausgemacht hatten (Burda und Sinus 1993). Folgerichtig spielten sie in den Transformationsanalysen Ostdeutschlands, namentlich in den ersten Jahren nach der deutschen Vereinigung, eine zentrale Rolle. Freilich trat dabei schnell zutage, dass sich hinter der Fassade der Heroisierung der Arbeiter in der DDR und der Propagierung ihrer Werte die weitere Zerstörung ihrer Autonomie und die Auflösung ihrer Milieustrukturen abgespielt hatten (vgl. Hofmann/Rink 1993).

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