Skip to main content

Der Kampf um die Wirklichkeit. Mediale Legitimationsstrategien gegenüber Verschwörungstheorien zum 11. September

  • Chapter
Konspiration

Zusammenfassung

Die Anschläge auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 haben eine schier unüberschaubare Zahl von Deutungen zu den Ereignissen und Hintergründen dieses Tages hervorgebracht. Hierzu zählen nicht zuletzt auch die sogenannten „Verschwörungstheorien zum 11. September“, die durch ihren erstaunlichen Rezeptionserfolg zu einem vielbeachteten öffentlichen Phänomen avanciert sind.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 64.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Similar content being viewed by others

Notes

  1. 1.

    Aus Gründen der Lesbarkeit verwende ich die Anführungszeichen für den Begriff „Verschwörungstheorie“, der in meiner Argumentation prinzipiell als Klassifikation innerhalb des sozialen Feldes betrachtet wird, nur zur Hervorhebung des Zuschreibungscharakters oder als Zitat in Anführungszeichen.

  2. 2.

    Vgl. hierzu den Beitrag von Andreas Anton in diesem Band.

  3. 3.

    Trotz der gewichtigen Stellung, die dem Thema in Bergers und Luckmanns Grundlagenwerk zukommt, wird die Legitimationstheorie und das in ihr zum Ausdruck kommende macht- und konflikttheoretische Moment in der an sie anschließenden wissenssoziologischen Tradition weitgehend vernachlässigt, die sich sowohl theoretisch wie empirisch vor allem auf die Konstitution des.horizontal’ strukturierten Alltagswissens fokussiert. (Vgl. hierzu auch Link 2005, S. 85 ff.)

  4. 4.

    Die komplexe Beziehung zwischen etablierten Medien und.offizieller’ politischer Sphäre und die Frage, inwieweit erstere als Legitimatoren dieser Sphäre fungieren, können hier nicht erörtert werden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass das etablierte mediale Feld als eigenständiges gesellschaftliches Subsystem durch die Angriffe der Verschwörungstheoretiker legitimationsbedürftig wird.

  5. 5.

    Für eine ausführliche Darstellung und Analyse des 911 Truth Movement vgl. Andreas Antons Beitrag in diesem Band sowie Klöckner (2011).

  6. 6.

    Laut einem Artikel des Zeit-Journalisten Jochen Bittner (2003) vom April 2003 verkauften sich von dem „Standardwerk der deutschen Verschwörungsgläubigen“ über 130.000 Exemplare in nur acht Monaten.

  7. 7.

    So beansprucht etwa Bröckers eine „kritische Konspirologie“ (Bröckers 2002, S. 12) zu betreiben, die der.Wirklichkeitssimulation’ der „nahezu gleichgeschalteten Medien“ (ebd., 23) entgegentritt.

  8. 8.

    Eine Grafik der Umfrage findet sich in der Spiegel-Titelstory „Panoptikum des Absurden“ (Cziesche u. a. 2003, S. 59).

  9. 9.

    Die Bedeutsamkeit der Umfrage dokumentiert sich auch in den Artikeln selbst, die sich nahezu alle auf die Umfrage berufen oder diese abdrucken. Hieran zeigt sich eindrucksvoll auch die von Luhmann beschriebene Eigenschaft von „Quantitäten“ als medialen „Aufmerksamkeitsfänger[n]“ (Luhmann 2004, S. 59).

  10. 10.

    Vgl. hierzu den Spiegel Nr. 37 vom 08. September 2003.

  11. 11.

    Z. B. in Panorama (ARD) vom 21. August 2003: „Juden, BKA und CIA – Absurde Verschwörungstheorien zum ,11. September’“ und in Frontal 21 (ZDF) vom 09. September 2003: „Konjunktur für Verschwörer. Lügen und Legenden zum 11. September“.

  12. 12.

    So veröffentlichte beispielsweise Mathias Bröckers zusammen mit Christan C. Walter das Buch 11.9. – Zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes (2011), das auch intensiv, aber im Vergleich zum Jahre 2003 wesentlich ‚unaufgeregter’ in den etablierten Medien rezipiert wurde (Vgl. hierzu z. B. den Beitrag von Deutschlandradio Kultur vom 07. September 2011 unter www.dradio.de/dkultur/sendungen/kritik/1548723/ (Zugegriffen: 20. Mai 2013).

  13. 13.

    Bemerkenswerterweise ist es vor allem, wie ein Diskursüberblick zeigt, der Qualitätsjournalismus, der sich in der Pflicht sah, sich mit den heterodoxen Wirklichkeitsbestimmungen der „Wahrheitsbewegung“ auseinanderzusetzen.

  14. 14.

    Die Analyse stützt sich zum Teil auf die Ergebnisse aus meiner Magisterarbeit mit dem Titel Über die Wahrnehmung von Verschwörungstheorien in den etablierten Medien (Universität Konstanz 2007).

  15. 15.

    „So packt einen beim Surfen durch die Paralleluniversen der Verschwörer zunächst Baudrillards ‚vertige de l’interpretation’, ein Schwindelgefühl ob der hemmungslosen Kombinationsfreude der Weltendenker.“

  16. 16.

    Bourdieu weiter: „Eine performative Aussage ist immer dann zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht von einer Person kommt, die auch die ‚Macht’ hat, sie auszusprechen oder wenn, ganz allgemein, die jeweiligen Personen oder Umstände nicht ‚die richtigen’ sind, ‚um den betreffenden Vorgang einzuleiten’, kurz, wenn der Sprecher für die Worte, die er spricht, keine Autorität hat“ (Bourdieu 2005, S. 77).

  17. 17.

    Explizit wird die fehlende soziale Autorität z. B. durch Attribute wie „selbsternannte Aufklärer“ (so Rudolf Stöber (2003 in der Welt) oder „selbsternannte Experten“ (Panorama in der ARD vom 21. August 2003, 20.15 Uhr).>den dafür vorgesehenen ‚offiziellen‘ Institutionen oder Experten zugesprochen.

  18. 18.

    In „A Chump at Oxford“ wird Stan Laurel aufgrund seiner optischen Ähnlichkeit irrtümlicherweise für einen berühmten Professor in Oxford gehalten, besitzt also – wie die Verschwörungstheoretiker in der Perspektive des Textes – faktisch nicht die Legitimation, sich in diesem offiziellen institutionellen Kontext zu bewegen.

  19. 19.

    Dies kommt explizit bei Rudolf Stöber (2003) zum Ausdruck: „Wie aber ist das Richtige und Wichtige vom Irrelevanten und Falschen zu unterscheiden? Die Verschwörungstheoretiker wollen es nicht, ihre Gläubigen können es nicht. Sie kapitulieren vor der Fülle von Informationen und Desinformationen, die jedem User zur Verfügung steht.“

  20. 20.

    Diese Form der kognitiven Dissonanzreduktion wird an anderer Stelle durch die Formulierung „Fieber des Bestätigungswahns alter Weltbilder“ drastischer und mit (psycho-)pathologischen Konnotationen zum Ausdruck gebracht.

  21. 21.

    In direkter Form wird diese Verdächtigung von Rudolf Stöber (2003) in der Schlussfrage seines Artikels artikuliert: „Merken die selbsternannten Aufklärer nicht, dass sie Rechtsradikalen wie Horst Mahler die Steilvorlagen liefern? Oder wollen sie das sogar?“

  22. 22.

    Durch die Verwendung des Begriffes „Texaner“ impliziert der Text dabei delegitimierend, dass sich der Antiamerikanismus gegen das ‚cowboyhafte’ und ‚unzivilisierte’ Amerika in der Perspektive des sich kulturell überlegen fühlenden Deutschen richtet. Diese Lesart findet sich ausführlicher in Jochen Bittners (2003) früher erschienenem Artikel „Blackbox Weißes Haus“, der aufgrund der fast wörtlich übernommen Passagen offenkundig als Inspirationsquelle für den oben zitierten Satz gedient hat: „Da ist zuerst eine weit verbreitete Antipathie gegen den Weltenlenker George Bush, eines, wie die Volksmeinung glaubt, tumben Texaners, der gerade wegen seiner Ungebildetheit als gefährlich gilt. Das Bild vom bigotten Trickser, dem alles zuzutrauen ist, hat sich tief in die öffentliche Meinung eingebrannt.“

  23. 23.

    Diese Rolle ist insofern bemerkenswert, da nach dieser Logik US-Amerikanern, die Michael Moore affirmativ rezipieren, ebenfalls eine „antiamerikanische“ Haltung zugesprochen werden müsste. Daraus wird ersichtlich, dass der Begriff „Antiamerikanismus“ in der Verwendung im Artikel primär auf eine ablehnende bzw. kritische Haltung gegenüber bestimmten Teilen der US-Administration bezogen ist.

Literaturverzeichnis

  • Berger, P. L., und T. Luckmann. 1980. Die gesellschaft liche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt am Main: Fischer.

    Google Scholar 

  • Bittner, J. 2003. „Blackbox Weißes Haus“. Zeit Online, 24. Juli 2003. Online abrufb ar: http://www.zeit.de/2003/31/Umfrage. Zugegriff en: 20. Mai 2013.

  • Bourdieu, P. 1987. Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaft lichen Urteilskraft . Frankfurt am Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Bourdieu, P. 1989. Delegation und politischer Fetischismus. In Anatomie des politischen Skandals, hrsg. R. Ebbighausen und S. Neckel, 36–54. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Bourdieu, P. 2005. Was heißt sprechen? Zur Ökonomie des sprachlichen Tausches. Wien: Braumüller.

    Google Scholar 

  • Bröckers, M. 2002. Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9. Frankfurt am Main: Zweitausendeins.

    Google Scholar 

  • Bröckers, M., und C. C. Walther.2011. 11.9. – Zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes. Frankfurt am Main: Westend.

    Google Scholar 

  • Bülow, A. 2003. Die CIA und der 11. September. Internationaler Terror und die Rolle der Geheimdienste. München: Piper.

    Google Scholar 

  • Cziesche, D., u. a. 2003. Panoptikum des Absurden. Der Spiegel Nr. 37, 08. September 2003: 58–76.

    Google Scholar 

  • Fichtner, U. 2002. Die September-Lüge. Der Spiegel Nr. 42, 14. Oktober 2002: 76–81.

    Google Scholar 

  • Foucault, M. 1995. Wahnsinn und Gesellschaft . Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft . Frankfurt am Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Foucault, M. 2001. In Verteidigung der Gesellschaft . Vorlesungen am College de France (1975–76). Frankfurt am Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Guillaume, P. 2003. Okkultismus der Macht. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 08. September 2003: 33.

    Google Scholar 

  • Keller, R. 2005. Wissensoziologische Diskursanalyse als interpretative Analytik. In Die diskursive Konstruktion von Wirklichkeit. Zum Verhältnis von Wissenssoziologie und Diskursforschung, hrsg. R. Keller, 49–75. Konstanz: UVK.

    Google Scholar 

  • Klöckner, M. B. 2011. 9/11 – Der Kampf um die Wahrheit. Hannover: Heise.

    Google Scholar 

  • Leyendecker, H. (2003). Aff en der Angst. Süddeutsche Zeitung vom 30./31. August 2003, Wochenendbeilage, S. II.

    Google Scholar 

  • Link, J. 1999. Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird. Opladen u. a.: Westdeutscher Verlag.

    Google Scholar 

  • Link, J. 2005. Warum Diskurse nicht von personalen Subjekten ausgehandelt werden, In Die diskursive Konstruktion von Wirklichkeit. Zum Verhältnis von Wissenssoziologie und Diskursforschung, hrsg. R. Keller, 77–100. Konstanz: UVK.

    Google Scholar 

  • Luhmann, N. 2004. Die Realität der Massenmedien. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Book  Google Scholar 

  • Profitlich, U. 1998. Komödientheorie. Texte und Kommentare vom Barock bis zur Gegenwart. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Rühle, A. 2004. Holzauge sei hyperwachsam! Süddeutsche Zeitung vom 05. März 2004: 17. Online abrufb ar: http://www.sueddeutsche.de/kultur/holzauge-sei-hyperwachsam-juedische-aliens-aus-der-globalen-pipeline-1.892706. Zugegriff en 20. Mai 2013.

  • Schetsche, M. 2005. Die ergoogelte Wirklichkeit. Verschwörungstheorien und das Internet. In Die Google-Gesellschaft . Vom digitalen Wandel des Wissens, hrsg. K. Lehmann und M. Schetsche, 113–120. Bielefeld: transcript.

    Google Scholar 

  • Schütz, A. 2003. Über die mannigfaltigen Wirklichkeiten. In ders. Werkausgabe V.1: Theorie der Lebenswelt 1. Die pragmatische Schichtung der Lebenswelt, hrsg. R. Grathoff , H.- G. Soeff ner und I. Srubar, 181–239. Konstanz: UVK.

    Google Scholar 

  • Stöber, R. 2003. Was ist Wahrheit? Die Welt vom 01. September 2003. Online abrufb ar: http://www.welt.de/print-welt/article256676/Was-ist-Wahrheit.html. Zugegriff en: 20. Mai 2013.

  • Wisnewski, G. 2003. Operation 9/11. Angriff auf den Globus. München: Knaur.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2014 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Walter, M. (2014). Der Kampf um die Wirklichkeit. Mediale Legitimationsstrategien gegenüber Verschwörungstheorien zum 11. September. In: Anton, A., Schetsche, M., Walter, M. (eds) Konspiration. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19324-3_8

Download citation

Publish with us

Policies and ethics