Zusammenfassung
In ihrem emphatischen Potential und ihren utopischen Erwartungen ist Aufklärung an einen egalitär und universalistisch verstandenen Begriff des Menschen gebunden. Doch nicht der in fiktiven Rückgriffen auf einen ursprünglichen Naturzustand konzipierte Mensch, sondern der in der ständischen Wirklichkeit des 18. Jh. vielfach sozial und rechtlich partikular begrenzte Bürger verkörpert in seinen fortwährenden historischen Transformationen die Ausstrahlungskraft der Aufklärung, die Sozialrelevanz ihrer Ideen und zugleich auch die Begrenzungen der Utopie. In welchem Zusammenhang Bürger und Aufklärung stehen, ist immer wieder unterschiedlich diskutiert worden. Die ältere, marxistisch orientierte Vorstellung, dass eine aufstrebende Schicht von Bürgerlichen das alte Feudalsystem intellektuell herausgefordert, ökonomisch transformiert und schließlich politisch gesprengt habe, ist seit langem überholt. Das hat neue Blicke auf die »kulturellen Ursprünge« der Revolution von 1789 (Roger Chartier) eröffnet, es hat auch sozial- und kulturhistorische Perspektiven neu zusammengeführt.
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Sekundärliteratur
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Hettling, M. (2015). Bürger/Bürgerlichkeit. In: Thoma, H. (eds) Handbuch Europäische Aufklärung. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05410-4_10
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