Argumentative Diskursanalyse. Auf der Suche nach Koalitionen, Praktiken und Bedeutung

Zusammenfassung

Vor ungefähr zehn Jahren untersuchte ich die Kontroverse über das Problem des Sauren Regens in den Niederlanden und Großbritannien. Was dabei herauskam, war im Grunde eine Kritik des damals vorherrschenden ‚realistischen‘ Blicks auf Umweltprobleme, insofern dieser die Definition des Problems als gegeben voraussetzte. Den Kern einer solchen Analyse bildete die Frage, welche Handlungen warum unternommen wurden, wobei die Handlungsdynamik in Begriffen der Macht und der Interessen der jeweils beteiligten Akteure beschrieben wurde. Dabei war die Position der britischen Regierung in besonderer Weise erhellend. Die Kontroverse um den sogenannten Sauren Regen brachte Großbritannien den Ruf des Schmutzfinken Europas ein.² Großbritannien erwies sich in notorischer Weise stur bei der Verneinung der Frage, ob die Schwefeldioxid- und die Nitrogenoxid-Emissionen der Kohlekraftwerke die Ursache für Umweltschäden im Ausland darstellen. Einige Forscher verwiesen auf einen Interessenkonflikt als Ursache für das britische Versagen beim Problemmanagement. Der fehlende britische Handlungswille wurde als Verzögerungstaktik der Regierung ausgelegt, während ihr Rekurs auf wissenschaftliche Unsicherheit so aufgefasst wurde, als nutze die Regierung die Wissenschaft gleichsam als Feigenblatt ihrer Politik. In diesem Sinne wurde das Nicht-Handeln durch bewusste Machtausübung einiger Schlüsselakteure erklärt.³

Übersetzung von Willy Viehöver. Dieser Beitrag bietet, in allerdings sehr geraffter Form, eine Einführung in die argumentative Diskursanalyse. Hierbei greife ich auf Ar­gumentationen zurück, die erstmals in Fischer/Forester (1993) und ausführlicher in Hajer (1995) entfaltet wurden.