Zusammenfassung
Jahrhundertgrenzen, um so mehr eine ein Jahrtausend markiert, haftet seit je etwas Suggestives an. Sie suggerieren dem, der lebensgeschichtlich sich ihnen nähert, die zurückliegenden Dezennien seien nun gültig zu überblicken und ließen eine um so bündigere Deutung zu. Historische Zäsuren jedoch halten sich nicht an derlei Grenzen. Das gilt im besonderen Maße auch für die geschichtliche Entfaltung der mittlerweile hundertfünfzig Jahre zählenden ästhetischen Moderne. Was am Begriff der Postmoderne aufgrund des Präfixes wie Verabschiedung klingt, scheint zumindest voreilig. Die Moderne, deren Anfänge substantiell in die Romantik zurückreichen, dauert bis heute unvermindert an. Aber auch die avantgardistischen Erschütterungen, welche die hundertfünfzigjährige Moderne in ihrem mittleren Drittel erfuhr, beben noch immer nach.
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Anmerkungen
W. Benjamin: Der Autor als Produzent (1934). Versuche über Brecht, hrsg. von R. Tiedemann, Frankfurt/M. 1966, S. 106. Bekanntlich hat Th.W. Adorno den Begriff der Authentizität zu einer zentralen Kategorie seiner Ästhetik entfaltet;
vgl. hierzu D. Mathy: Authentizität. Zu einer Kategorie der Ästhetik Adornos, HfG-forum 13, Zeitung der Hochschule für Gestaltung, Offenbach/M., 10. Jg. 1989, S. 14ff.
Th.W. Adorno: Ästhetische Theorie, Ges. Schr. 7, Frankfurt/M. 1970, S. 44.
Eine historische Kritik der Avantgarde steht noch aus und ist im hier gesteckten Rahmen nicht intendiert. Auch soll der Begriff der Avantgarde, erstmals bekanntlich von Saint-Simon auf die Kunst bezogen, erörtert werden nur insoweit, als er für materiale wie technische Innovationen einsteht. Der Ansatz für die hier vertretene Einschätzung der Avantgarde-Bewegungen innerhalb der Moderne wurde im Spannungsfeld der folgenden Arbeiten etwa gewonnen: W. Benjamin: Traumkitsch (1927). Angelus Novus, Ausg. Schr. 2, Frankfurt/M. 1966;
W. Benjamin: Ders.: Der Surrealismus. Die letzte Momentaufnahme der europäischen Intelligenz (1929), a.a.O.;
W. Benjamin: Ders.: Kleine Geschichte der Photographie (1931). Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Drei Studien zur Kunstsoziologie, Frankfurt/M. 1963;
W. Benjamin: Ders.: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (1936), in: Illuminationen, Ausg. Schr. 1, hrsg. von S. Unseld, Frankfurt/M. 1961;
W. Benjamin: Ders.: Charles Baudelaire. Ein Lyriker im Zeitalter des Hochkapitalismus. Zwei Fragmente (1939/40), hrsg. von R. Tiedemann, Frankfurt/M. 1969;
Th.W. Adorno: Philosophie der neuen Musik (1948), Frankfurt/M. (3/1958) 1974;
Th.W. Adorno: Ders.: Rückblickend auf den Surrealismus (1956), in: Noten zur Literatur I (1958) 1963;
Th.W. Adorno: Ders.: Voraussetzungen. Aus Anlaß einer Lesung von Hans G. Helms (1961), in: Noten zur Literatur III, Frankfurt/M. 1965;
Th.W. Adorno: Ders.: Die Kunst und die Künste (1966), in: Ohne Leitbild. Parva Aesthetica, Frankfurt/M. 1967;
H.M. Enzensberger: Weltsprache der modernen Poesie (1069/62), in: Einzelheiten II. Poesie und Politik, Frankfurt/M. 1963/63;
H.M. Enzensberger: Ders.: Die Aporien der Avantgarde (1962), in: Einzelheiten II. Poesie und Politik, Frankfurt/M. 1963/63 a.a.O.;
K.H. Bohrer: Die gefährdete Phantasie oder Surrealismus und Terror, München 1979;
R. Bubner: Über einige Bedingungen gegenwärtiger Ästhetik, in: NH f Phil 5, 1973;
F. Koppe: Grundbegriffe der Ästhetik (1981), Frankfurt/M. 1983.
Wenn Peter Bürger (P. Bürger, Theorien der Avantgarde, Frankfurt/M. 1974) den Begriff der Avantgarde in seinem Theorem von der Institution Kunst zu fundieren sucht, indem er, einer Subreption durch Hörnerschluß gar nicht so fern, die Avantgarde an der Negation solcher Institution scheitern läßt, blockiert er eher die Einsicht in den geschichtsphilosophischen Ort der Avantgarde-Bewegungen. Die forcierte Trennung zwischen einer systemimmanenten Kritik der Kunst durch die Moderne einerseits und einer avantgardistischen systemtranszendenten Selbstkritik der Kunst andererseits übersieht, daß diese von jener abundiert. Vgl. hierzu die gegenüber Bürger durchgängig kritischen Beiträge in: Theorie der Avantgarde. Antworten auf P. Bürgers Bestimmung von Kunst und bürgerlicher Gesellschaft, hrsg. von W.M. Lüdke, Frankfurt/M. 1976.
Vgl. D. Mathy: Authentizität, a.a.O., S. 14f.
Th.W. Adorno: Ästhetische Theorie, a.a.O., S. 507f.
A.a.O., S. 32.
U. Meier: Bewegungen der Avantgarde, in: Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte, hrsg. von H.A. Glaser, Bd. 9, Hamburg (1983), 2/1989, S. 43f.
Th.W. Adorno: Die Kunst und die Künste, in: Ohne Leitbild, Parva Aesthetica, Frankfurt/M. 1967, S. 179.
Lautréamont: Die Gesänge des Maldoror, zitiert nach: A. Schwarz: man ray (1977), München 1980, S. 156.
A. Breton: Max Ernst (1921), zitiert nach A. Schwarz, a.a.O.
M. Ernst: Beyond Painting (1948), zitiert nach A. Schwarz, a.a.O.
M. Ernst: Jenseits von Malerei (1948), zitiert nach C. Gröger: Collage. Transzendierung der Materie, in: Jiři Kolář:…unterwegs ins Paradies, Ausstellungskatalog, hrsg. vom Gutenberg-Museum Mainz (18.8.–29.9) 1980, S. 88.
S. Eisenstein, zitiert nach C. Gröger, a.a.O., S. 87.
T. Tzara, zitiert nach: a.a.O., S. 88.
K. Schwitters, zitiert nach: a.a.O., S. 87. Zur Avantgarde siehe auch: H. Düchting (Hrsg.): Apollinaire zur Kunst, Texte und Kritiken 1905–1918, Köln 1989.
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Mathy, D. (1994). Die Avantgarde als Gestalt der Moderne oder: Die andauernde Wiederkehr des Neuen. In: Piechotta, H.J., Wuthenow, RR., Rothemann, S. (eds) Die literarische Moderne in Europa. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93605-9_5
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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