Zusammenfassung
Deutschland im Jahre 1973. Auf dem Höhepunkt der Ölkrise und der damit einhergehenden Krisenhysterie wird den weltweit existierenden Erdölquellen eine Lebensfrist von vielleicht 30, allenfalls noch 50 Jahren eingeräumt. Spätestens mit Beginn des neuen Jahrtausends, so wird prophezeit, sei es mit dem schönen, mobilen, wohlig-warmen Leben vorbei. Die Nation wähnt sich im Würgegriff unberechenbarer Ölscheichs und findet sich zwangsweise vereint im sonntäglichen Spaziergang auf verwaisten Autobahnen. Endzeitstimmung macht sich breit. Zur selben Zeit hebt eine mahnende Stimme vom (offensichtlich auch damals schon inspirierend glitzernden) Starnberger See an und offenbart der modernen — bzw., in zeitgemäßer Diktion, spätkapitalistischen — Gesellschaft, daß sie die moralischen Ressourcen, auf denen sie aufbaue und denen sie ihr Leben verdanke, in ebenso bedenkenloser wie systematischer Weise aufzehre. Insoweit diese Ressourcen — ähnlich wie im Falle des »schwarzen Goldes« — nicht erneuerbarer Natur und damit endlich seien, bewege sich das System unvermeidlich auf eine fundamentale, womöglich gar auf seine finale Krise zu. Die These findet großen Anklang, eine ganze Generation von Sozialwissenschafdern verfallt forthin dem kollektiven Krisenwahn.
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Lessenich, S. (1999). Ein (un)moralisches Angebot: Reziprozitätsfiktionen im modernen Wohlfahrtsstaat. In: Honegger, C., Hradil, S., Traxler, F. (eds) Grenzenlose Gesellschaft?. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-93332-4_18
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