Zusammenfassung
Der Schutz der Jugend vor unterschiedlichen Gefährdungen ist ein gesellschaftliches Schlagwort seit Ende des 19. Jahrhunderts. Mit der „Entdeckung des Jugendalters“ (vgl. Reulecke 1986) ging nicht nur im ökonomischen Bereich, bei der Erwerbstätigkeit von Kindern und Jugendlichen, eine rechtliche Statusverbesserung dieser Altersgruppe einher, sondern auch im häuslichen, im soziokulturellen Bereich wurde sie unter öffentliche Beobachtung und Kontrolle gestellt. Neue, aber auch traditionelle soziale Bewegungen sahen hier ein besonderes Aufgabengebiet, nämlich die „Pflege“ und die „Bewahrung“ vor allem der schulentlassenen, männlichen Jugend. Die auch im Wilhelminischen Kaiserreich vielzitierte Vorstellung von der „sittlichen Gefährdung“, insbesondere auf das zunehmende Großstadtleben oder die entstehenden Massenmedien zurückgeführt, ließ ein differenziertes Jugendschutzsystem entstehen. In der Weimarer Republik wurde dieses System endgültig rechtlich etabliert, und eigentlich wird es bis in die Gegenwart trotz gesellschaftlicher Umbrüche weitgehend unverändert perpetuiert. Den Medien, ob alten wie bestimmten Büchern oder neuen wie den damaligen Filmen, wurde dabei immer die Funktion der ethischen Desorientierung, der emotionalen Manipulation oder der sozialen Desintegration zugewiesen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Baege, M.H.: Das Kino, in: Wiese, L. v. (Hrsg.): Soziologie des Volksbildungswesen, München/Leipzig 1921, S. 420 ff.
Dickfeldt, L.: Jugendschutz und Jugendzensur. Ein Beitrag zur Geschichte und Kritik öffentlicher Bewahrpädagogik, Bensheim 1979.
Erdberg, R. v.: Das Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften, in: Die Erziehung, H.2/1926/27, S. 165–171.
Erdberg, R. v.: Freies Volksbildungswesen, in: Nohl, H./Pallat, L. (Hrsg.): Handbuch der Pädagogik, Bd. 4, Langensalza 1929, S. 372–400.
Fischer, A.: Über das Verhältnis des Jugendschutzes zu den Bestrebungen für Jugendbildung, Jugendpflege und Jugendwohlfahrt, in: Ders. u.a.: Die Zukunft des Jugendschutzes, Leipzig 1918, S. 9–16.
Frey, O.: Lichtbild und Schule. Beiträge zur Ökonomie der Anschauungsarbeit der Schule, Leipzig/Prag/Wien 1916.
Fronemann, W.: Die Lage im Kampf gegen die Schundliteratur, in: Volksbildungsarchiv, H.9/1922, S. 138–149.
Gstettner, P.: Die Eroberung des Kindes durch die Wissenschaft. Aus der Geschichte der Disziplinierung, Reinbek 1981.
Hasenclever, Ch.: Jugendhilfe und Jugendgesetzgebung seit 1900, Göttingen 1978.
Höntsch, R./Swoboda, W.H.: Reformpädagogische Impulse zur Kooperation von Schule und Presse. Ausprägungen bis zum Ende der Weimarer Republik, in: Fischer, H.-D. (Hrsg.): Lehr- und Lernmittel „Presse“. Beiträge zur Medienpädagogik, Ratingen/Kastellaun/Düsseldorf 1979, S. 29–38..
Hüther, J.: Geschichte der Bildungsmedien, in: Videografie, H.4/1982 und 1–4/1983.
König, D.: Lesesucht und Lesewut, in: Göpfert, H.G. (Hrsg.): Buch und Leser. Vorträge des ersten Jahrestreffen des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Geschichte des Buchwesens, Hamburg 1977, S. 89–112.
Knoll, J.H.: Die Jugendbewegung. Phänomene, Eindrücke, Prägungen, Leverkusen 1988.
Kolfhaus, S.: Jugendkultur und Jugendpflege — pädagogisch-politische Jugendkonzepte nach 1900, in: Bildung und Erziehung, H.2/1985, S. 167–183 (1985a).
Kolfhaus, S.: Jugendkunde zwischen Politik und Pädagogik. Zur Geschichte der Jugendforschung nach 1900, in: Knoll, J.H./Schoeps, J.H. (Hrsg.): Die zwiespältige Generation. Jugend zwischen Anpassung und Protest, Stuttgart/Bonn 1985, S. 133–165 (1985b).
Kolfhaus, S.: Medien in der kulturellen Weiterbildung. Tendenzen, Ansätze und Probleme ihrer Vermittlung, in: Schoeps, J.H./Proske, R./Greiner, F. (Hrsg.): Weiterbildung durch Medien. Ein Handbuch, Stuttgart/Bonn 1983, S. 51–65.
Kommer, H.: Früher Film und späte Folgen. Zur Geschichte der Film- und Fernseherziehung, West-Berlin 1979..
Krafeld, F.J.: Geschichte der Jugendarbeit von den Anfangen bis zur Gegenwart, Weinheim/Basel 1984.
Krolzig, G.: Rundfunk im Volkshochschulheim, in: Freie Volksbildung, H.2/1930, S. 110–115.
Panter, U. (Hrsg.): Staat und Jugend, Weinheim 1965.
Paschen, J.: AV-Medien für die Bildung. Eine illustrierte Geschichte der Bildstellen und des Instituts für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht, Grünwald 1983.
Peukert, D.J.K.; Grenzen der Sozialdisziplinierung. Aufstieg und Krise der deutschen Jugendfürsorge 1878–1932, Köln 1986.
Reulecke, J.: Jugend — Entdeckung oder Erfindung. Zum Jugendbegriff vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute, in: Bucher, W./Pohl, K. (Hrsg.): Schock und Schöpfung. Jugendästhetik im 20. Jahrhundert, Darmstadt/Neuwied 1986, S. 21–25.
Rüegg, W. (Hrsg.): Kulturkritik und Jugendkult, Frankfurt/M. 1974.
Samuleit, P./Brunckhorst, H.: Geschichte und Wege der Schundbekämpfung. Zwei Vorträge, Berlin 1922.
Saul, K.: Der Kampf um die Jugend zwischen Volksschule und Kaserne. Ein Beitrag zur „Jugendpflege“ im Wilhelminischen Reich 1890–1914, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, H.6/1971, S. 97–143.
Seeger, E.: Die Entwicklung des Schundbegriffs durch die Rechtssprechung der Oberprüfstelle für Schund- und Schmutzschriften, in: Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht, Bd. 1/1928, S. 592–597.
Schenda, R.: Jugend als Schutzraum. Vom Schund- und Schmutz-Gesetz zur Videodiskussion, in: Bucher/Pohl, a.a.O., S. 106–108.
Schuster, R. (Hrsg.): Deutsche Verfassungen, 9. erw. Aufl., München 1978.
Spranger, E.: Psychologie des Jugendalters (1924), 22. Aufl., Heidelberg 1951.
Süersen, E.: Die Stellung der Militär- und Zivilbehörden zur Schundliteratur, Berlin 1917.
Wilkending, G.: Volksbildung und Pädagogik „vom Kinde aus“. Eine Untersuchung zur Geschichte der Literaturpädagogik in den Anfangen der Kunsterziehungsbewegung, Weinheim/Basel 1980.
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 1994 Leske + Budrich, Opladen
About this chapter
Cite this chapter
Kolfhaus, S. (1994). Anfänge des Jugendschutzes seit 1900. In: Hiegemann, S., Swoboda, W.H. (eds) Handbuch der Medienpädagogik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89931-6_8
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-89931-6_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-322-89932-3
Online ISBN: 978-3-322-89931-6
eBook Packages: Springer Book Archive