Jugendgewalt und Stadt

Zusammenfassung

Die Soziologie der Gewalt stößt immer wieder auf eine Reihe von Problemen, die in der Unschärfe der Definition von Gewalt selbst begründet sind. Das erste Problem betrifft die Vielfalt der als gewalttätig eingestuften Verhaltensweisen, denn selbst wenn man den Gewaltbegriff auf die physische Aggression gegen Personen einschränkt, ist nicht einzusehen, wieso kriminelle Angriffe, städtische Unruhen, gewalttätige politische Demonstrationen, Schlägereien unter Banden und die häusliche Gewalt derselben Gruppe von Phänomenen zugerechnet werden sollen. Eigentlich rührt die Einheitlichkeit des Gewaltbegriffs einzig von der moralischen Verurteilung her, die sie auf sich zieht; im Allgemeinen herrscht Einverständnis darüber, dass Gewalt schlecht ist, und wenn andererseits ein gewalttätiges Verhalten nützlich und wünschenswert erscheint, wird es normalerweise kaum als Gewalt betrachtet werden. Die zweite wissenschaftliche Schwierigkeit rührt daher, dass die Arten der Gewalt so heterogen sind, dass es keinen Grund zu der Annahme gibt, sie entstünden aus einem einheitlichen, homogenen Grund. Die Gewalt kann eine unwillkürliche Reaktion, aber auch ein reiflich überlegtes Verhalten sein, es kann sich um eine Affekthandlung oder eine bewusste Strategie, eine Kollektivhandlung oder ein höchstpersönliches Zeichen, eine kulturelle Verpflichtung oder ein individuelles Ausleben handeln. Des weiteren beruht die Einschätzung von Verhaltensweisen als gewalttätig zum großen Teil auf dem sozialen und kulturellen Kontext und vielleicht sind wir heutzutage so empfindlich gegenüber gewalttätigem Verhalten, weil wir in einer Gesellschaft leben, die der Gewalttätigkeit keinen Platz mehr einräumt und sie nach einer langen Zeit des Rückgangs der Gewalt im zivilen Leben nicht mehr dulden kann.