Zusammenfassung
Keine politische Institution trägt ihren auf Kommunikation ausgerichteten Zweck so klar im Namen wie das Parlament. Eine Unterredung bezeichneten die ersten altfranzösischen und auch deutschen Belege des Wortes (vgl. Brunner/Conze/Koselleck 1978: 649), und im Begriff des „Parlamentärs“ herrscht die Aufgabe, Kommunikation herzustellen, bis heute vor. Jene Vertretungskörperschaften, die in England seit dem 13. Jahrhundert und heute allgemein Parlament heißen, entwickelten sich zu äußerst wichtigen und sehr leistungsfähigen Knotenpunkten im Netzwerk politischer Kommunikation. Sie schoben sich zwischen Regierende und Regierte und gaben vierfach zum Entstehen weiterer Kommunikationsnetzwerke Anlass. Erstens bildeten sie Binnenstrukturen aus: hochdifferenzierte Systeme von Ausschüssen, Fraktionen, Arbeitskreisen, Steuerungsgremien und parlamentarischen Hilfsdiensten. Zweitens entwickelten sich komplexe Kommunikationsbeziehungen zwischen Regierung und Vertretungskörperschaft, entstand zumal die kommunikativ zusammengehaltene Funktionseinheit von Regierung und Parlamentsmehrheit im parlamentarischen Regierungssystem mit ihren angelagerten Koalitionsrunden und informellen Gremien. Drittens entstanden zwischen Parlament und Gesellschaft zunächst Cliquen politisch Gleichgesinnter, später Wahlvereine, schließlich Parteien als politische Vernetzungsinstanzen. Desgleichen wurden Parlamente wichtige Adressaten gesellschaftlicher Interessengruppen aller Art, was sie in dauerhaften — ggf. von der „Lobby“ erzwungenen — kommunikativen Kontakt mit letztlich allen Gesellschaftsbereichen bringt.
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Literatur
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Patzelt, W.J. (1998). Parlamentskommunikation. In: Jarren, O., Sarcinelli, U., Saxer, U. (eds) Politische Kommunikation in der demokratischen Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-80348-1_32
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