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Das Theoretische, das Praktische und das Sittengesetz. Zu Husserls Kritik der Kantischen Moralphilosophie

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Husserl und die klassische deutsche Philosophie

Part of the book series: Phaenomenologica ((PHAE,volume 212))

Zusammenfassung

Inwieweit hat Husserl Kants praktische Philosophie verstanden, was kritisierte er an ihr, was setzt er als seine eigene Konzeption dagegen und wie überzeugend ist das? – Das sind die Fragen, die ich in meinem Beitrag beantworten möchte.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. etwa Kersting, 2002.

  2. 2.

    Denn die entscheidende Frage ist ja, ob die ‚Berührung des Gefühls‘ Grund oder Folge der Willensbestimmung ist.

  3. 3.

    Kant unterscheidet den Gedankengang der acht Paragraphen, von denen Husserl sieben referiert hat, als „Exposition des obersten Grundsatzes der praktischen Vernunft“ (d. h. die Darlegung seines Gehalts und seiner Apriorität) gerade von dessen möglicher „Deduction“ (Rechtfertigung), auf deren Problematik er erst im nicht referierten Ersten Hauptstück zu sprechen kommt (vgl. Ak, 5, S. 46).

  4. 4.

    Vgl. dazu Husserls eigene Feststellung in Hua XXVIII, S. 140.

  5. 5.

    Husserl spricht hier sogar vom „intellectus archetypus“, einem Begriff, der eher in den Zusammenhang der theoretischen Metaphysik gehört.

  6. 6.

    Ich lasse zunächst die Frage beiseite, ob Husserls ausdrückliche Identifikation der reinen praktischen Vernunft mit dem „reinen Erkenntnisvermögen“ nicht schon eine Verfälschung des Kantischen Vernunftbegriffs und des darin gedachten Verhältnisses von theoretischem und praktischen Gebrauch der Vernunft sei.

  7. 7.

    Eben dies besagt auch das „Paradoxon der Methode in einer Kritik der praktischen Vernunft“: „daß nämlich der Begriff des Guten und Bösen nicht vor dem moralischen Gesetze (dem er dem Anschein nach sogar zum Grunde gelegt werden müßte), sondern nur (wie hier auch geschieht) nach demselben und durch dasselbe bestimmt werden müsse“ (Ak, 5, S. 63).

  8. 8.

    Kant macht in der Kritik der praktischen Vernunft noch keinen scharfen Unterschied zwischen ‚Wille‘ und ‚Willkür‘; aber in der späteren Terminologie der Metaphysik der Sitten gesprochen ist der „Bestimmungsgrund des Willens“ im Lehrsatz I kein ‚Bestimmungsgrund der Willkür‘, sondern eben des Willens im Sinne des gesetzgebenden Willens.

  9. 9.

    Husserl hat den Lehrsatz I zuvor auch ganz richtig zitiert, wonach nicht etwa keine Handlungen, sondern „keine praktischen Gesetze“ ein Objekt des Begehrungsvermögens voraussetzen dürfen (vgl. Hua XXXVII, S. 203 und Ak, 5, S. 21).

  10. 10.

    Natürlich gilt, was für die Glückseligkeit gilt, ebenso für jederlei Objekt des Begehrens und dessen wie immer begründeten Wert.

  11. 11.

    Husserls Formulierung „dass man nach solcher Methode schließlich selbst ganz Unmoralisches erweisen könnte“ gibt nicht genau den Mill’schen Gedanken wieder. Mill (John Stuart Mill, On Utilitarianism, ch. 1, paragr. 4) behauptet vielmehr, Kant könne nicht zeigen, dass in der Annahme der allerunmoralischsten Maximen durch alle vernünftigen Wesen irgendein Widerspruch liege. – Mill bringt auch für diese Behauptung, die schon den Sinn des von Kant gemeinten ‚Widerspruchs‘ (zwischen Sinn und Zweck der Maxime und dem nach einem entsprechenden Gesetz möglichen Handlungs-Sinn) nicht genau trifft, gar kein Argument vor. Statt dessen behauptet er, dass Kant nur zeige, dass die Konsequenzen der allgemeinen Annahme des fraglichen Gesetzes so seien, dass niemand sie sich zuziehen würde wollen. Mill lässt seine Leser mithin glauben, der nach dem kategorischen Imperativ sich Entscheidende befolge ein utilitaristisches Prinzip. Das ist aber deshalb nicht der Fall, weil der Utilitarist nach einer wirklich bestehenden Sachlage das Nützliche wählt, während der nach dem kategorischen Imperativ sich Entscheidende nach einer „kontrafaktischen“, nur gedachten Sachlage, in der jenes nur gedachte Gesetz gültig wäre, entscheidet – einer Sachlage, von der er realiter gar nichts zu hoffen und nichts zu befürchten hat. Derjenige, der etwa von der Lügenmaxime nach der Prüfung Abstand nimmt, müsste ja keineswegs andernfalls jene Konsequenzen befürchten, die sich aus der gedachten ‚Gültigkeit‘ des Gesetzes ergäben.

  12. 12.

    Die Kritik der ästhetischen Urteilskraft beweist, dass Kant dergleichen sehr wohl ‚gesehen‘ und auf den Begriff gebracht hat; aber es ist für das moralphilosophische Problem des Bestimmungsgrundes eines Gesetzes gänzlich irrelevant. Denn, wie schon Karl Alphaeus gegen Scheler hervorgehoben hat: nicht die Art der Objekte, sondern die Art, wie das Subjekt durch sie bestimmt wird, nämlich durch ein (zufälliges) Gefühl, macht die Bedingtheit des Prinzips von einer bloßen (psychischen) Naturtatsache zu einem rationalen Geltungskriterium (vgl. Alphaeus, 1981, S. 16 ff. und 190 ff.).

  13. 13.

    Vgl. dazu Nenon, 2005, S. 237–247.

  14. 14.

    Vgl. dazu Husserls Bemerkung im Vorwort zur 2. Auflage der 6. Logischen Untersuchung, Hua XIX/2, S. 535, wonach er „manches, wie z.B. die Lehre von der kategorialen Repräsentation, nicht mehr billige“.

  15. 15.

    Vgl. Hua XXVIII, S. 70–101.

  16. 16.

    Vgl. auch Husserls Auskunft zur formalen Axiologie und Praktik, sie sei „eine erste, außerordentlich wichtige Stufe und offenbar in der Ordnung der ethischen Disziplinen an sich die erste“ (Hua XXVIII, S. 141), und zuvor schon: „Aber die Frage, was gut und besser und Bestes ist, wird uns so nicht beantwortet“ (Hua XXVIII, S. 140).

  17. 17.

    Der Argumentationszusammenhang macht klar, dass es da nicht um einen Akt tätiger Nächstenliebe, sondern um ein Gefühl geht.

  18. 18.

    Vgl. etwa das Kap. IX der Einleitung in die Tugendlehre, Ak, 6, S. 394: „Tugend ist die Stärke der Maxime des Menschen in Befolgung seiner Pflicht“, und den Abschnitt „Von der Tugend überhaupt“ im Kap. XIII, Ak, 6, S. 405 f., darin in spezifisch Kantischer Präzisierung: „Tugend ist [...] die moralische Stärke des Willens eines Menschen in Befolgung seiner Pflicht: welche eine moralische Nöthigung durch seine eigene gesetzgebende Vernunft ist, insofern diese sich zu einer das Gesetz ausführenden Gewalt selbst constituirt.“

  19. 19.

    Vgl. Aristoteles, NE 1097b22–1098a20.

  20. 20.

    Der Begriff kommt in unserer Vorlesungspassage nicht vor, aber an anderen Stellen hat Husserl, inhaltlich eher wieder an Fichte anknüpfend, durchaus auf ihn zurückgegriffen. Das bestmögliche, vollkommene Leben ist dort „[e]in einheitliches Leben [...], das nach allen seinen Intentionen, nach all seinem Streben, immerfort in der Form reiner Erfüllung verliefe“ (Hua XXXV, S. 44), und eben diesen Zustand bezeichnet er auch als ‚Glückseligkeit‘ (vgl. Hua XXXV, S. 43 ff.; vgl. Hua XXV, S. 285; Hua XXXVII, S. 98; vgl. hierzu auch Peucker, 2011, inbes. S. 291–294).

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Grünewald, B. (2014). Das Theoretische, das Praktische und das Sittengesetz. Zu Husserls Kritik der Kantischen Moralphilosophie. In: Fabbianelli, F., Luft, S. (eds) Husserl und die klassische deutsche Philosophie. Phaenomenologica, vol 212. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-319-01710-5_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-319-01710-5_14

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  • Publisher Name: Springer, Cham

  • Print ISBN: 978-3-319-01709-9

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