Motivtransfer bei Nebenwahlen: Ein Vergleich wahlspezifischer und bundespolitischer Einflussfaktoren auf die Wahlentscheidung bei der hessischen Landtagswahl und der Europawahl in Deutschland 1999

Zusammenfassung

„Rot-Grün muss einen Denkzettel erhalten, Rot-Grün darf sich nicht hinter Europa verstecken! “ Diese Worte sind einer Mitgliederzeitschrift der FDP im Vorfeld des Europawahlkampfs 1999 entnommen. Sie spiegeln deutlich den Wahlkampf der Liberalen wider: Nicht etwa europäische Sachthemen, wie beispielsweise die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit in den EU-Mitgliedsstaaten, oder die Politik der Europäischen Liberalen, Demokratischen und Reformpartei (ELRD) im Europäischen Parlament prägten die Wahlkampagnen der FDP im Frühsommer 1999. Vielmehr hoffte die Oppositionspartei, Nutzen aus der zu diesem Zeitpunkt weit verbreiteten Unzufriedenheit mit der neuen Bundesregierung ziehen zu können, und versuchte, die Europawahl zu einer Abstimmung über die ersten Monate der rot-grünen Koalition zu machen. Ein bundespolitisch geprägter Wahlkampf war aber nicht nur bei den Liberalen vorzufinden. Auch die anderen Parteien vernachlässigten europapolitische Sachfragen weitgehend. Die Europawahl 1999 ist keine Ausnahme. Bundespolitische Themen und Kandidaten prägen den Wahlkampf nahezu jeder Landtags-, Kommunal- oder Europawahl in unterschiedlich großem Ausmaß.