Zusammenfassung
Imre Lakatos, ein gebürtiger Ungar, wanderte in den späten 50er Jahren des 20. Jahrhunderts nach England aus, wo er Karl Popper kennen lernte, der nach Lakatos eigenen Worten „[sein] Leben veränderte“ (Worrall & Currie, 1982a, S. 139). Obwohl er ein begeisterter Anhänger von Poppers Ansatz war, erkannte er einige der Probleme des popperschen Falsifikationismus (vgl. Kapitel 7). Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich Lakatos mit der alternativen Sichtweise von Wissenschaft, die Kuhns Werk „Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen” zum Inhalt hatte. Obwohl Popper und Kuhn rivalisierende Ansätze vorlegten, haben ihre je spezifischen Sichtweisen doch einiges gemeinsam. Im Speziellen beziehen beide Position gegen den Positivismus und den Induktivismus. Sie stellen beide die Theorie (bzw. das Paradigma) über die Beobachtung und machen deutlich, dass die Suche nach Beobachtungsresultaten und Experimenten, ihre Interpretation und die Frage, ob sie akzeptiert werden, vor dem Hintergrund von Theorien bzw. Paradigmen stattfinden. Lakatos führte diese Tradition weiter und suchte nach einer Möglichkeit, Poppers Falsifikationismus zu modifizieren und dabei einige seiner Schwierigkeiten zu beseitigen. Unter anderem bezog er sich dabei auf einige Überlegungen Kuhns, wobei er die relativistischen Aspekte seiner Position vehement zurückwies. Wie Kuhn betrachtete Lakatos wissenschaftliche Aktivitäten als etwas, das unter bestimmten Rahmenbedingungen stattfindet. Er prägte den Begriff der „Forschungsprogramme“, was in gewisser Weise seine Alternative zu Kuhns Paradigmen darstellt. Hauptquelle für eine Darstellung von Lakatos Methodologie ist sein 1974 publizierter Text „Falsifikation und die Methodologie wissenschaftlicher Forschungsprogramme“ (engl. Orig. 1970).
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Weiterführende Literatur
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Worrall, J. and Currie, G. (Hrsg.)(1982a). Imre Lakatos: Philosophische Schriften, Bd. 1: Die Methodologie der wissenschaftlichen Forschungsprogramme. Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg.
Worrall, J. and Currie, G.: (Hrsg.)(1982b). Imre Lakatos: Philosophische Schriften, Bd. 2: Mathematik, empirische Wissenschaft und Erkenntnistheorie. Braunschweig, Wiesbaden: Vieweg.
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Howson, C. (Hrsg.)(1976). Method and Appraisal in the Physical Sciences. Cambridge: Cambridge University Press.
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Chalmers, A.F. (2001). Theorien als Strukturen II: Forschungsprogramme. In: Bergemann, N., Altstötter-Gleich, C. (eds) Wege der Wissenschaft. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-10879-6_10
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