Zusammenfassung
Konzeptioneller Rahmen – Automobilindustrie und Wirtschaftsordnung: Die politische Systemauseinandersetzung um die Soziale Frage des späten 19. und 20. Jahrhunderts spiegelt sich in der Geschichte der Automobilindustrie. Diese ist ebenso ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung starker Gewerkschaften gewesen wie für die totalitäre Behauptung eine Aufhebung des Konflikts zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen. Der „Sozialdemokratische Kompromiss“ und die Nachkriegsordnung gerade der Bundesrepublik Deutschland wurden durch den Erfolg der Automobilindustrie gestärkt und abgesichert, waren zugleich aber dessen Beschleuniger. Der Sozialismus sowjetischer Prägung scheiterte umgekehrt kaum in einem anderen Sektor so sichtbar wie im Automobilbau. Die europäische Integration hat mit der Vereinheitlichung der technischen Anforderungen zur Stärkung der Industrie, und wiederum vor allem der deutschen, beigetragen. In den USA dagegen sind die arbeitsmarktpolitischen Spielregeln bis heute Teil des Standortwettbewerbs zwischen den Bundesstaaten und waren (mit einer Unterbrechung durch Donald Trump) auch klares Differenzierungsmerkmal der beiden politischen Lager. In China demgegenüber steht das enorme Wachstum der Automobilindustrie für die zentrale politische These, dass marktwirtschaftliche Organisation von industrieller Produktion und parlamentarische Demokratie einander weder bedingen noch voraussetzen. Der Erfolg des Automobils bei der Stabilisierung von Volkswirtschaften (unabhängig von deren politischer Verfassung) hat sich weltweit auch in der Bereitschaft zu erheblichen staatlichen Interventionen zu Gunsten der Industrie niedergeschlagen.
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Becker, T. (2021). Das Auto und die Wirtschaftssysteme. In: Autopolitik. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32880-1_4
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