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Lernen und Forschen. Von falschen Einebnungen ihrer Differenz und von ihrer Strukturhomologie

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Wieviel Wissenschaft braucht die Lehrerbildung?
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Zusammenfassung

Aus welchen Gründen haben Lehrpersonen ein Studium zu absolvieren? Diese Frage wird im Beitrag aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive zu beantworten versucht; dabei wird angenommen, diese Begründung beruhe auf einer spezifischen Deutung der pädagogischen Aufgaben von Lehrpersonen. Daher sollen die Gründe für eine wissenschaftliche Bildung von Lehrern ausgehend von pädagogischen Rekonstruktionen unterrichtlicher Vermittlung entfaltet werden. Konkret analysiert werden zwei Unterrichtsstunden, in denen die Lehrperson das Lernen der Schüler jeweils explizit unter einen Anspruch der Wissenschaftlichkeit stellt. Geprüft wird, inwiefern unterrichtliche Vermittlung praktisch auf Methoden der Wissensgewinnung und der Geltungsprüfung des Wissens, mithin auf Wissenschaft verweist. Auf Basis der so gewonnenen Befunde wird versucht, die Notwendigkeit einer Bildung im Medium der Wissenschaft zur Vorbereitung auf die Aufgabe des Unterrichtens darzulegen.

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Notes

  1. 1.

    Denn gefragt ist ja nicht nach „Lehrerbildung“ und so gehe ich von jener Logik aus, dass sich eine praktische Ausbildung an das Studium anschließt, wie dies in der Bundesrepublik Deutschland üblich ist.

  2. 2.

    Der Fokus liegt dabei auf dem Unterrichten; das Aneignen der Schüler bleibt außen vor, da sich das hier zu entwickeln versuchte Argument bereits auf dieser beschränkten Betrachtung ergeben sollte.

  3. 3.

    Ich danke Sascha Kabel dafür, dass er mich auf das Transkript der betreffenden Stunde aufmerksam gemacht hat.

  4. 4.

    Ich muss mich hier der fachdidaktischen Einschätzung enthalten, inwiefern Zweitklässler die mathematische Bedeutung der Identität eines Summanden verschiedener Additionen verstehen können. Diese Einschätzung müsste sich m. E. auf ein fachliches Urteil darüber stützen, ob das Beherrschen der Addition, welches der untersuchte Unterricht voraussetzt, bereits das Erkennen dieser Bedeutung einschließt.

  5. 5.

    In einem Unterricht in christlicher Religion würde ggf. die Zahl 12 als Hinweis auf die Anzahl der Apostel gelesen.

  6. 6.

    Ausgehend von der in Fußnote 4 erwogenen Annahme, dass das hier der Sache nach zu Entdeckende bereits mit der Addition entdeckt, d. h. erkannt wurde, fehlte dem Gegenstand der betreffenden Stunde jeder Neuigkeitswert. In Schülern, die die didaktische Form ernst nehmen, im Päckchen aber nichts Neues verpackt finden, da sie bereits addieren können, kann dadurch der Zweifel genährt werden, das eigentlich Mathematische nicht zu verstehen. Schüler, die die Addition bisher nicht beherrschen, werden sie sich hingegen auch durch die Didaktik für Entdecker nicht erschließen.

  7. 7.

    Dadurch wird verständlich, dass die „Entdeckung“, dass alle Gleichheitszeichen untereinander angeordnet sind, auch im weiteren Unterrichtsverlauf von Schülern als gültige Entdeckung erachtet wird (vgl. ebd., S. 10).

  8. 8.

    Sw19 hatte bemerkt: „da ist eins zwei drei vier“ (ebd., Z. 18).

  9. 9.

    So antwortet eine Schülerin auf die Frage nach der „Ordnung“, die da für sie „drin“ sei: „Also für mich jetzt eher (..). Irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht.“ (ebd., Z. 52 f.).

  10. 10.

    Eine Ausnahme bildet der Wal, da er in Bewegung gezeigt wird.

  11. 11.

    Generell wird ihr Sinn nicht als einer des Verstehens der Vielfalt der Tiere gedeutet, sondern allein als pragmatischer erklärt: „Da Biologen ja international arbeiten und wirklich alle nach selben Kriterien etwas einordnen müssen, werdet ihr, des Rätsels Lösung (…) wie die wissenschaftliche Einteilung von Tieren ist, als Hausaufgabe machen“ (ebd., Z. 883 ff.). – Im Übrigen: Die äußerliche Weise, in der hier Internationalität als Springquelle wissenschaftlich als geltend erachteten Wissens angerufen wird, erscheint wie eine Spiegelung der aktuellen Hoffnung von (einigen) Universitäten, sich durch Internationalität als Stätten der Wissenschaft auszuweisen bzw. zu bewähren.

  12. 12.

    Bzw. nicht zu einer Erkenntnis, die über jene hinausgeht, die bereits mit dem Verständnis der Addition vorausgesetzt wird.

  13. 13.

    In den hier thematisierten Unterrichtsstunden sind diese Prinzipien anwesend durch die mathematische Logik des „Entdeckerpäckchens“ und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der dargestellten Tiere. Der Bezug zu wissenschaftlich als gültig erachtetem Wissen ergibt sich also nicht durch die speziellen Arten des Unterrichtens der beiden Lehrpersonen; diese unterstreichen ihn nur besonders stark.

  14. 14.

    Damit wird nicht die These erhoben, es sei eine bloß zeitliche Differenz, die zwischen Forschen und Lernen bestehe. Denn das bereits Erforschte befindet sich, wenn man dies so sagen kann, objektiv im Horizont der Heranwachsenden, auch wenn sie noch nicht um es wissen; insofern umgibt sie das zu Erlernende schon, bevor sie mit ihm konfrontiert werden. Oder anders formuliert: Weil etwas nur dann lediglich erlernt werden kann, wenn es bereits erforscht ist, finden Lernen und Erforschen unter Bedingungen statt, die im Hinblick auf das Erkennen der Sache konstitutiv verschieden sind.

  15. 15.

    Die Frage, inwiefern das für die pädagogische Professionalisierung konstitutive Ausbilden eines erkenntniskritischen, eines Forscher-Habitus (vgl. Oevermann 2005, S. 17) fachgebunden zu denken bzw. inwiefern es als Aspekt dieses Habitus zu verstehen ist, sich auf seiner Basis im Prinzip ein adäquates Verständnis aller Erkenntnisprobleme erarbeiten zu können, wird in Pollmanns (2019) thematisch.

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Pollmanns, M. (2020). Lernen und Forschen. Von falschen Einebnungen ihrer Differenz und von ihrer Strukturhomologie. In: Scheid, C., Wenzl, T. (eds) Wieviel Wissenschaft braucht die Lehrerbildung?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23244-3_4

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