Skip to main content

Zum Stellenwert der Wissenschaft im Studium zukünftiger Lehrkräfte des islamischen Religionsunterrichts

  • Chapter
  • First Online:
Wieviel Wissenschaft braucht die Lehrerbildung?

Zusammenfassung

In dem Artikel wird der Frage nachgegangen, welchen Stellenwert die Wissenschaft im Rahmen jenes Studiums haben sollte, welches der Qualifizierung künftiger Lehrer/-innen des islamischen Religionsunterrichts dient. Zu diesem Studium gehört zum einen die islamische Theologie. In Bezug auf diese ist von Bedeutung, wie die Frage nach der Legitimation einer Deutung des Koran, speziell der Anwendung moderner hermeneutischer Methoden, beantwortet wird und welche Stellen sodann zur Deutung herangezogen werden. Zum anderen gehört zu diesem Studium die islamische Religionspädagogik. Für diese ist von Bedeutung, dass sie nicht in den Dienst der islamischen Theologie gestellt, sondern als autonome Disziplin ausdifferenziert wird. Im Rahmen des Studiums sollten sodann nicht nur unterschiedliche Deutungen des Koran (und der Hadithe) sowie eine moderne Theologie, sondern auch methodische Fähigkeiten vermittelt werden, damit diese an die Schüler weitergegeben werden – und diese letztlich mündig werden können.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 74.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Zumeist werden geschlechterneutrale Begriffe, gelegentlich aber aus Gründen der besseren Lesbarkeit, im generischen Maskulinum verwendet.

  2. 2.

    In nicht westlichen Ländern ist die islamische Theologie an den Universitäten schon lange vertreten. Die Bedingungen, unter denen dort Wissenschaft betrieben werden kann, sind jedoch ganz andere – vor allem dann, wenn der Islam dazu dient, die Herrschaft in diesen Ländern zu stabilisieren. Diese Funktion hat der Islam in westlichen Ländern nicht – weswegen die Voraussetzungen für eine Reform des Islam hier andere, günstigere sind.

  3. 3.

    Das Verhältnis, in das Islam und Moderne gebracht werden, kann dann sehr unterschiedlich sein. Grob gesprochen können beide entweder in einen Gegensatz gebracht (Fundamentalismus) oder kann versucht werden, sie miteinander zu verbinden, entweder indem die Religion erneuert wird (Reformismus) oder indem möglichst viel der Tradition bewahrt werden soll (Orthodoxie) (vgl. Twardella 2004).

  4. 4.

    Dadurch wird der Islam gegebenenfalls sichtbar, was zu Irritationen in der Öffentlichkeit führen kann. Das lässt sich darauf zurückführen, dass Religion in westlichen Gesellschaften als „Privatsache“ angesehen wird, die in der Privatsphäre oder in von der allgemeinen Öffentlichkeit abgetrennten Bereichen praktiziert wird (Göle 2016).

  5. 5.

    Freilich ist dasjenige, was uns heute als Text des Koran vorliegt, schriftlich kodifizierte Rede (Neuwirth 2010).

  6. 6.

    Dieses Problem hat einen anderen Stellenwert als das zuerst genannte, da es einer Reform des Islam nicht im Wege steht.

  7. 7.

    Darin liegt der Unterschied zwischen einer theologischen und einer wissenschaftlichen Deutung. Die Aufgabe der Wissenschaft besteht gerade darin, die Vielzahl möglicher Lesarten herauszuarbeiten. Wissenschaftliche Deutungen sind deswegen „unpraktisch“, sie können nicht dazu dienen, dem Leben eines Menschen einen Sinn zu geben und ihm zu sagen, wie er zu handeln habe. Die Theologie aber hat eben diese praktische Funktion und muss deswegen eine Auswahl treffen und zwar eine solche, die in sich stimmig und plausibel ist.

  8. 8.

    Siehe hierzu unter anderem Twardella 1999.

  9. 9.

    Die politische Geschichte des Islam, die Khorchide als eine Verfallsgeschichte begreift, beginnt für ihn erst nach Mohammeds Tod.

  10. 10.

    Das heißt nicht, dass es keine Spielräume für Autonomie gäbe (und dass diese nicht genutzt würden). Eine soziologische Deutung des Koran hat jedoch ergeben, dass die Autonomie auf der Ebene des Mythos, die Offenheit des Bewährungsmodells auf der Ebene der mythischen Antworten auf die Fragen „Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“ nicht gedacht wird (Oevermann 2006; Twardella 1999).

  11. 11.

    Z. B. könnte die Lehrperson „von Haus aus“ eine sunnitische Lesart vertreten, Schüler jedoch eher eine schiitische.

  12. 12.

    Es müsste für den islamischen Religionsunterricht so etwas wie ein Überwältigungsverbot und einen „Beutelsbacher Konsens“ geben, demzufolge im Unterricht kontrovers zu diskutieren ist, was auch in der Gesellschaft bzw. unter Muslimen als kontrovers angesehen wird.

  13. 13.

    Und das hätte zur Folge, dass sich Schüler entweder von der Religion abwenden oder sich ihr schlicht unterwerfen und dogmatisch werden.

  14. 14.

    Und die Methoden, die im Rahmen des Studiums vermittelt werden, dürfen entsprechend nicht nur solche sein, die aus der islamischen Tradition der Textexegese bekannt sind, sondern müssen auch moderne hermeneutische Methoden sein. Genauer gesagt, nur solche, deren Regeln für die Schüler nachvollziehbar sind und die sie selbst anwenden können, sollten den Lehrern im Studium vermittelt werden – sodass sie diese im Unterricht anwenden, explizieren und auch begründen können und die Schüler sie ihrerseits übernehmen können, sodass sie ebenfalls zu eigenständigen Deutungen befähigt werden.

  15. 15.

    Ebenso unproblematisch ist die Verwendung hermeneutischer Methoden, wenn der Koran von einem nicht muslimischen Standpunkt aus interpretiert wird (Eine Deutung des Koran mithilfe der Methode der Objektiven Hermeneutik hat der Verfasser vor einiger Zeit vorgelegt (Twardella 1999)).

Literatur

  • Abu Zaid, N. H. (1999). Ein Leben mit dem Islam. Freiburg Basel Wien: Herder/Spektrum.

    Google Scholar 

  • Abu Zaid, N. H. (2008). Gottes Menschenwort. Für ein humanistisches Verständnis des Koran. Freiburg Basel Wien: Herder.

    Google Scholar 

  • Abu Zaid, N. H., & Sezgin, H. (2008). Mohammed und die Zeichen Gottes. Der Koran und die Zukunft des Islam. Freiburg, Basel und Wien: Herder.

    Google Scholar 

  • Amipur, K. (2013). Den Islam neu denken. Der Dschihad für Demokratie, Freiheit und Frauenrecht. München: C.H.Beck.

    Google Scholar 

  • Behr, H. H. (1998). Islamische Bildungslehre. München: Dâr-us-Salâm.

    Google Scholar 

  • Benzine, R. (2012). Islam und Moderne. Die neuen Denker. Berlin: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Bertenrath, Z. (2011). Muslimische und christliche Gottesvorstellungen im Klassenraum. Eine qualitative Studie mit Schülerinnen und Schülern im islamischen und christlichen Religionsunterricht. Hamburg: Dr. Kovac.

    Google Scholar 

  • Dewey, J. (1993). Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. Weinheim und Basel: Beltz.

    Google Scholar 

  • Göle, N. (2016). Europäischer Islam. Muslime im Alltag. Berlin: Wagenbach.

    Google Scholar 

  • Kermani, N. (1996). Offenbarung als Kommunikation. Das Konzept wahy in Nasr Hamid Abu Zayds Mafhum an-nass. Frankfurt am Main: Peter Lang.

    Google Scholar 

  • Khorchide, M. (2012). Islam ist Barmherzigkeit. Grundzüge einer modernen Religion. Freiburg, Basel und Wien: Herder.

    Google Scholar 

  • Khorchide, M. (2015). Mekka und Medina. Frankfurter Allgemeine Zeitung. http://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/islamische-theologie-mekka-und-medina-13926107.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0. Zugegriffen: 12. August 2018.

  • Neuwirth, A. (2010). Der Koran als Text der Spätantike. Ein europäischer Zugang. Berlin: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Nohl, H. (1987) [1935]. Die Theorie der Bildung. In ders. (Hrsg.), Die pädagogische Bewegung in Deutschland und ihre Theorie (S. 133–288). Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann.

    Google Scholar 

  • Mohr, Irka-Christin. 2009. Notizen aus der didaktischen Diskussion des islamischen Religionsunterrichts in Niedersachsen. In dies. & Kiefer, M. (Hrsg.). (2009). Islamunterricht – Islamischer Religionsunterricht – Islamkunde. Viele Titel – ein Fach? (S. 117–142.) Bielefeld: Transkript.

    Google Scholar 

  • Oelkers, J. (2001). Einführung in die Theorie der Erziehung. Weinheim und Basel: Beltz.

    Google Scholar 

  • Oevermann, U. (1996). Strukturmodell von Religiosität. In K. Gabriel (Hrsg.), Religiöse Individualisierung oder Säkularisierung. Biographie und Gruppe als Bezugspunkte moderner Religiosität (S. 29–40). Gütersloh: UTB.

    Google Scholar 

  • Oevermann, U. (2006). Modernisierungspotentiale im Monotheismus und Modernisierungsblockaden im fundamentalistischen Islam, Religiosität in der säkularisierten Welt. In M. Franzmann, C. Gärtner & N. Köck (Hrsg.), Religiosität in der säkularisierten Welt. Theoretische und empirische Beiträge zur Säkularisierungsdebatte in der Religionssoziologie (S. 395–428). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Özsoy, Ö. (2006). Erneuerungsprobleme zeitgenössischer Muslime und der Koran. In F. Körner (Hrsg.), Alter Text – neuer Kontext. Koranhermeneutik in der Türkei heute (S. 16–28). Freiburg, Basel und Wien: Herder.

    Google Scholar 

  • Ourghi, A.-H. (2017a). Einführung in die islamische Religionspädagogik. Ostfildern: Grünewald.

    Google Scholar 

  • Ourghi, A.-H. (2017b). Reform des Islam. 40 Thesen. München: Claudius.

    Google Scholar 

  • Twardella, J. (1999). Autonomie, Gehorsam und Bewährung im Koran. Ein soziologischer Beitrag zum Religionsvergleich. Hildesheim: Olms.

    Google Scholar 

  • Twardella, J. (2004). Moderner Islam. Fallstudien zur islamischen Religiosität in Deutschland. Hildesheim: Olms.

    Google Scholar 

  • Twardella, J. (2012a). Islamischer Religionsunterricht. Zur Theorie und Praxis eines neuen Faches. In Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Pädagogik, 2, S. 272–289.

    Article  Google Scholar 

  • Twardella, J. (2012b). Der Koran in der Schule. Studien zum islamischen Religionsunterricht. Frankfurt am Main: Humanities Online.

    Google Scholar 

  • Twardella, J. (2015). Pädagogische Kasuistik. Fallstudien zu grundlegenden Fragen des Unterrichts. Opladen, Berlin und Toronto: Barbara Budrich.

    Book  Google Scholar 

  • Ulfat, F. (2017). Die Selbstrelationierung muslimischer Kinder zu Gott. Eine empirische Studie über die Gottesbeziehungen muslimischer Kinder als reflexiver Beitrag zur Didaktik des Islamischen Religionsunterricht. Paderborn: Ferdinand Schöningh.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Twardella, J. (2020). Zum Stellenwert der Wissenschaft im Studium zukünftiger Lehrkräfte des islamischen Religionsunterrichts. In: Scheid, C., Wenzl, T. (eds) Wieviel Wissenschaft braucht die Lehrerbildung?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23244-3_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-23244-3_2

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-23243-6

  • Online ISBN: 978-3-658-23244-3

  • eBook Packages: Education and Social Work (German Language)

Publish with us

Policies and ethics