Zusammenfassung
Forschung zu Maskulinitäten und Homophobien wird in der deutschsprachigen Sportwissenschaft bisher nur sehr marginal betrieben. Dieses mag zum einen verwundern, ist aber zugleich auch bezeichnender Ausdruck des Normalitätsverständnisses. Denn ebenso sehr, wie der Sport und die Sportwissenschaft maßgeblich an der Konstruktion weißer, heteronormativer und hegemonialer Männlichkeit beteiligt waren, ist auch die Marginalisierung der nicht hegemonialen Maskulinität integraler Bestandteil dieses Feldes.
Als zentrale Aspekte werden in diesem Beitrag herausarbeitet, dass Maskulinitäten als die zentralen performativen Praxen des Sports zu verstehen sind, die stets in Abgrenzung zu Femininitäten und Schwäche konstituiert wurden. Am Beispiel der Turngeschichte werden Herstellungsprozess von hegemonialer Männlichkeit exemplarisch dargestellt und Kontinuitäts- aber auch Diskontinuitätslinien bis in gegenwärtige Sportkulturen nachgezeichnet.
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Notes
- 1.
2011 und 2015 hatte sie auch die Fußballweltmeisterschaft der Frauen kommentiert.
- 2.
In Deutschland sind in der sportwissenschaftlichen Männlichkeitsforschung bzw. „Männersportforschung“ die Bemühungen von Beate Blanke und Axel Wernicke (1997) an der Universität Hamburg hervorzuheben. Sie konnten sich jedoch weder am Standort Hamburg noch in Berlin etablieren. Seither gab es im sportwissenschaftlichen Kontext keine nachhaltigen Institutionalisierungen der Maskulinitätsforschung im geschlechtertheoretischen Verständnis.
- 3.
Bis in die Gegenwart turnen beispielsweise Frauen und Mädchen in Wettkämpfen Keine Ringe oder Männer und Jungen keinen Schwebebalken.
- 4.
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Günter, S. (2018). „Männlicher Widerwille gegen weibische Weichlichkeit“ (GutsMuths (1793) 1893, 26). In: Schweer, M. (eds) Sexismus und Homophobie im Sport. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19538-0_2
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