Widerstände in den Aufteilungen des Sinnlichen

Zusammenfassung

Mit den Mitteln einer Bildbeschreibung wird der Versuch unternommen, zu klären, wie sogenannte Sichtbarkeitsregime erfasst werden können, um diese als Einheiten von sinnlicher Wahrnehmung, Macht und Raum zu verstehen. Grundlage hierfür bildet die Illustration zu einem Meeting the Challenge betitelten Bericht des European Security Research Advisory Boards von 2006, der die Agenda der Europäischen Sicherheitsforschung stark geprägt haben dürfte. Alltag anzeigend fügt das Bild unmerklich Bedrohung und Sicherheit ineinander, repräsentiert nicht einfach Wirklichkeit, sondern erweist sich selbst als handlungswirksames Fragment dieser. Während es Abstraktes mit Konkretem verbindet und konserviert, greift es als Bildakt auf den Betrachter aus, zieht diesen in Bann und zwingt ihn, sich in dem explizierten Netz aus Beziehungen zu positionieren. Anknüpfungspunkt des Experiments bildet das klassische Problem der Bildbeschreibung, wonach sich kein Bild einfach in Sprache übersetzen lasse, ohne es erneut sinnlichen Aufteilungen im Sinne Jacques Rancières zu unterwerfen, die es dann selbst als ein Sichtbarkeitsregime ausweisen. Für den Betrachter folgt hieraus aber, dass er die Bildtechnik als eine offene verstehen und sich von der einmal begriffenen Bildkonstruktion emanzipieren kann. Entsprechend sind hier auch Beobachtungen anzutreffen, die sich im Topologischen Manifest wiederfinden, insbesondere in den Abschnitten 5 und 7 zu den Sicherheitsräumen.

Abstract

Using the method of image description, an attempt is made to clarify how so-called visibility regimes can be conceived, in order to understand them as elements of sensory perception, power, and space. This approach is based on an illustration belonging to the report of the European Security Research Advisory Board, entitled Meeting the Challenge and published in 2006, which probably strongly influenced the agenda of European security research. Depicting everyday life, the illustration imperceptibly weaves together threat and security; it does not simply represent reality but, instead, proves itself to be an effectively active fragment of this reality. It binds and conserves the abstract with the concrete while, at the same time, reaching out to observers, as an image, fascinating them and forcing them to position themselves in the explicated network of relationships. The classical problem of picture description provides the connecting factor for the experiment: an image cannot simply be translated into words without subjecting it to renewed sensory allocations, in Jacques Rancière’s sense. These reallocations then reveal that the image itself is a visibility regime. As a consequence, observers can understand that the image technology is open and that they can emancipate themselves from the previously understood construction of the image. Accordingly, observations are encountered that are also found in the Topological Manifesto, particularly in Sections 5 and 7, which deal with security spaces.

Der Beitrag war ursprünglich für das unter dem Titel Sichtbarkeitsregime erschienene Leviathan- Sonderheft (Bröckling, Hempel & Krassmann, 2011) als eine Art Exemplifikation gedacht, wurde dann aber für ein wissenschaftliches Publikationsorgan abgelehnt. Den Hinweis auf das Foto verdanken wir Michael Carius, der erst durch den Verfremdungseffekt einer Schwarzweißkopie auf die Eigentümlichkeit des Fotos aufmerksam wurde, die im Rahmen eines durch die EU geförderten Forschungsprojektes zur Europäischen Sicherheitswirtschaft angefertigt wurde.