Zusammenfassung
Modisches Verhalten ist eine Form alltäglichen Handelns und Bestandteil unserer alltäglichen Lebenswelt. Menschen bekleiden sich tagtäglich und verhalten sich zu ihrem Körper und der Gestaltung desselben (die einen mehr und die anderen weniger) bewußt. Eine Frau, die beispielsweise Interesse erwecken und Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchte, orientiert an diesem Ziel die Wahl ihrer Mittel: bezogen auf ein ‘Rendezvous’ wäre ein geeignetes Instrumentarium ein figurbetontes Outfit mit enganliegender und verführerischer Kleidung. Bezogen auf ein Vorstellungsgespräch, etwa bei einer Bank, wäre die Wahl einer sachlichen, korrekten und weniger auffälligen Kleidung angebracht, um eine entsprechende Wirkung in der Selbstdarstellung zu erzielen. Bezogen auf ein Vorstellungsgespräch bei einer Werbeagentur kann die Wahl der Kleidung jedoch völlig anders ausfallen: um Kreativität zu bekunden, tritt man hier besser unkonventionell oder etwas ‘flippig’ auf. Auch innerhalb ein und desselben situativen Kontextes variieren die Formen und Nuancen der Selbstdarstellung. Bezogen auf den ‘nicht-organisierten Individuaisport’ (im Gegensatz zum Wettkampfsport) gibt es zum einen das Interesse, die Kleidung so auszuwählen, daß sie einigermaßen bequem ist, um den Sport ausüben zu können. Auf der anderen Seite können zusätzliche Gesichtspunkte der Selbstdarstellung eine Rolle spielen: eng anliegende Trikots betonen einen ‘fitten’ und durchtrainierten Körper. Auch die Entscheidung für bestimmte Marken spielt etwa bei Prestigesportarten eine große Rolle.
Es schmeichelt den Kindern der Zeit, daß sie das, was sie so nennen, ihre Zeit, aus sich herausbilden, ihr eigenthümlichen Charakter, Richtung, eine Farbe und Physionomie geben. So herrscht in solchem Bewußtsein der Gedanke über den Wechsel der Erscheinungen, und sagt sich mit Stolz, daß er deren Erzeuger sey. Er mag aber wohl nicht allzulange bey dieser Überzeugung stehen bleiben. Denn es könnte sich bald genug zeigen, daß er eben so oft Sklav als Herrscher ist, und der mächtige Zauberer, abhängig von den eignen Gebilden, dem Einflusse streitender Wechselwirkung erliegt Durch nichts bestätigt sich das auffallender, als durch die Mode. Dies Kind des Überflusses und der Muße sprang, wie Athene, aus dem Gehirn des Menschen; nur warf sie, statt Saaten der Weisheit, bunte Spielbälle auf die Erde. Es belacht jeder die Gauklerin, und jeder, auch der Verständige, ist ihr unterthan.
Caroline de la Motte Fouqué (1829/30)
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Würtz, S., Eckert, R. (1998). Aspekte modischer Kommunikation. In: Willems, H., Jurga, M. (eds) Inszenierungsgesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-89797-8_10
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