Zusammenfassung
Das vorliegende Kapitel soll in erster Linie der Darstellung eigener Textbeispiele für selbstreflexiv offene Werke gelten, d. h. sowohl für physisch abgeschlossene als auch für physisch unabgeschlossene Werke (letztere bezeichnet als selbstreflexiv offene Werke in Bewegung). Als Ausgangspunkt meiner eigenen Betrachtungen wird Umberto Ecos Analyse der Romane von James Joyce dienen, da er selbst diese Werke als Beispiele speziell offener, aber physisch abgeschlossener Werke vorführt. Bei der Wiedergabe der Ausfiihrungen Ecos beschränke ich mich jedoch auf das Herausgreifen der entscheidenden Punkte, um nachfolgend die eigenen Beispiele eingehender darzustellen. Die Präsentation weiterer Beispiele ist insbesondere deshalb notwendig, da bei Eco eine eigentliche Textanalyse nur in Bezug auf die erwähnten Joyce-Romane durchgefiührt wird. Kafkas Werk wird von Eco zwar kurz als Beispiel für die Gruppe speziell offener Kunstwerke erwähnt32, jedoch erfolgt keine genaue und befriedigende Analyse. Die vorliegende Schrift stellt insofern auch den Versuch dar, Ecos theoretische Erkenntnisse konsequenter als es bei ihm geschieht auf den Bereich der Literatur zu übertragen und anzuwenden. Dies gilt speziell für die Kategorie des Werks in Bewegung, fir das Eco selbst kein tatsächlich existierendes Beispiel aus der Literatur anführt.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Ecos Analysen der Romane Ulysses und Finnegans Wake waren Teil der Erstausgabe von Opera Aperta, wurden später jedoch selbständig veröffentlicht. Die deutsche Ausgabe (Das offene Kunstwerk) hat diese Teile wieder aufgenommen.
Explizit berührt Eco dieses Thema allerdings nur am Rande (Das offene Kunstwerk, S. 377 und 379f).
Abbildung entnommen aus Umberto Eco. The Limits of Interpretation. Bloomington and Indianapolis: Indiana University Press, 1990, S. 141 (with kind permission of Indiana University Press, Bloomington, IN)
Der diesem Argument zugrundeliegende Gedankengang wird von mir im Rahmen der Analyse anderer Werke im Teil „Abgrenzungen“, Kapitel 2 detaillierter ausgeführt.
ebd., S. 57, 61, 67, 69, 72 (Kap. „Erste Untersuchung“ und „Im leeren Sitzungssall/Der Student/Die Kanzleien”
The New Encyclopaedia Britannica. Ready Reference. Chicago (u. a.): Encyclopaedia Britannica, Inc., 1991 (Stichwort: „Nike“)
vgl. hierzu beispielsweise Winfried Kudszus, „Erzählhaltung und Zeitverschiebung in Kafkas,Prozeß` und,Schloß“`
Kudszus, „Erzählhaltung und Zeitverschiebung in Kafkas,Proceß’und,Schloß“`, S. 194
Dieses Argument ist angelehnt an Darlegungen Eric R. Millers in Bezug auf eine vergleichbare Stelle im Schloß-Roman. Die Ausführungen Millers werden an entsprechender Stelle näher dargestellt werden.
ders., „Erzählhaltung und Zeitverschiebung in Kafkas,Proceß’und,Schloß“`, S. 196
vgl. hierzu W. Kudszus (ebd., S. 203), der zwar nicht die hier dargestellten unterschiedlichen Deutungen anführt, der jedoch ebenfalls auf die Ambuität dieses Satzes hinweist.
Grözinger, Kafka und die Kabbala, S. 31f; ders., „`Trübselige Meinung’ (Chrw(133))“, S. 130
Beicken, „`Berechnung’ und,Kunstaufwand in Kafkas Erzählrhetorik“, S. 223
ders., Beim Bau der chinesischen Mauer und andere Schriften aus dem Nachlaß, S. 163
Dieser Begriff ist angelehnt an die sehr treffende Charakterisierung durch Eric R. Miller, der in Bezug auf Das Schloß von „vertigo“ spricht (ders., „Without a Key: The Narrative Structure of Das Schloß”, S. 132).
Kudszus, „Erzählhaltung und Zeitverschiebung in Kafkas,Prozeß` und,Schloß“`, S. 193
Miller, „Without a Key: The Narrative Structure of Das Schloß“, S. 136; „figural narration” steht bei Miller für die personale Erzählung, obwohl in der Regel im Englischen von „third person narration“ gesprochen wird
ders., „Erzählhaltung und Zeitverschiebung in Kafkas,Prozeß` und,Schloß“`, S. 193
Franz Kafka. Die Romane, Hrsg. M. Brod, S. 716 bzw. Das Schloß (Taschenbuchausgabe nach der Kritischen Ausgabe), S. 318f
Kudszus, „Erzählhaltung und Zeitverschiebung in Kafkas,Prozeß` und,Schloß“`, S. 193
Die verstärkte Desorientierung des Lesers, die Miller herausarbeitet, umschließt letztlich die von Kudszus’ benannte „beunruhigende Wirkung“, die dieser dem Schloß, aufgrund des Bruchs in der Erzählperspektive, ebenso zuschreibt wie dem Proceß (ders., S. 196). Die Feststellungen Millers sind jedoch überzeugender, da sie die erwähnten Schlussfolgerungen hinsichtlich der Konfrontation der Leser mit der Offenheit dieses Romans zulassen.
vgl. Das Schloß, Kritische Ausgabe, Apparatband, S. 420 — 424 (Abdruck des Fragments) und S. 71f (Hintergrundinformationen) sowie die Ausgabe von M. Brod, S. 765 — 768 (Abdruck des Fragments)
Auch Martin Walser rechtfertigt die editorische Entscheidung (M. Brods), diese Passage nicht in den Roman aufzunehmen. Jedoch ist seine entsprechende Begründung problematisch. Er kommentiert diese Textstelle mit der Bemerkung, dass sie „selbstverständlich von Kafka selbst als ein Irrweg erkannt werden worden sein muß und darum im,Schloß` nicht erscheinen konnte“ (Beschreibung einer Form, S. 37). Da Kafka, wie wir nicht erst seit Erscheinen der Kritischen Ausgabe wissen, dieses Fragment nicht ausdrücklich gestrichen hat, muss offen bleiben, wie er selbst letztlich damit verfahren wäre.
Dieses Argument wird überzeugend von E. R. Miller ausgeführt (ders., „Without a Key (Chrw(133))“, S. 135)
Das nachfolgende Argument basiert ebenfalls auf E. R. Miller (ebd.), wird jedoch von mir in eigener Weise ausgeführt.
vgl. hierzu auch Miller: „Even the dizziest of contemporary meta-texts cannot match its marriage of freefall and claustrophobia.“ (ders., S. 132)
The Unnamable, S. 311; Mahood, von dem hier in der dritten Person gesprochen wird, steht für die anderen und deren Sprache.
Iser, Der implizite Leser, S. 252ff, Der Akt des Lesens, S. 343ff, „Die Figur der Negativität in Becketts Prosa“
Adorno, „Erpreßte Versöhnung“ und „Versuch, das Endspiel zu verstehen” in: Noten zur Literatur II
Pero esta segunda lectura solo abre la puerta a una tercera y, sospechamos, al infinito de la verdadera lectura.“ C. Fuentes, „Cortâzar: La caja de pandora”, S. 69 (Ubersetzung S. K.)
Puede ser también que con la inclusion del tablero y las molestias que representa seguirlo, se tata de despertar la rebeldía del lector para hacerle emprender otra lectura diferente, que no tendria que ser necesariamente la propuesta en el mismo tablero, sino otra cualquiera, con objeto de sacarlo de su pasividad, casi sin que él se dé cuenta, y convertirlo en lector activo solo con esa minima accion. Tal vez el libro no fue impreso en el orden apuntado en el tablero para no imponerle nada, para dejarle un amplio margen de libertad.“ M. T. Perdomo, El lector activo y la comunicación en Rayuela, S. 28f (Übersetzung S. K.)
Der Roman Rayuela erschien erstmalig im Jahre 1963, W. Iser entwickelte seine Rezeptionstheorie ab Anfang der 70er Jahre. Ebenso wie im hier angeführten Zitat wird die Aktivität des Lesers von Wolfgang Iser mit Verweis auf die Gestaltpsychologie dargestellt. Dies wird an entsprechender Stelle im Kapitel über dessen Theorie näher dargelegt werden.
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Deutscher Universitäts-Verlag GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Kuhangel, S. (2003). Beispiele selbstreflexiv offener Werke. In: Der labyrinthische Text. Literaturwissenschaft/Kulturwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag. https://doi.org/10.1007/978-3-322-81294-0_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-81294-0_3
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag
Print ISBN: 978-3-8244-4521-9
Online ISBN: 978-3-322-81294-0
eBook Packages: Springer Book Archive