Kapitelvorwort
Wie sind Wahrscheinlichkeitsaussagen über physikalische Systeme möglich?
Welchen statistischen Gesetzen folgt eine große Menge gleichartiger Systeme?
Wie können solche Systeme einheitlich beschrieben werden?
Wie wird diese einheitliche Beschreibung auf konkrete Systeme angewandt?
Wie können chemische Reaktionen thermodynamisch beschrieben werden?
Teil IV, der sich mit Thermodynamik befasst, gleicht viel mehr einer Wendeltreppe als einem geradlinigen Fortschreiten. Die Axiome der Thermodynamik wurden bereits in Kap. 33 eingeführt und als Abstraktionen physikalischer Erfahrung begründet. Weitere Axiome sind seitdem nicht dazugekommen, stattdessen haben wir sie vertieft: In Kap. 34 durch die statistische Begründung der Entropie und in Kap. 35 durch Anwendungen auf einfache Systeme.
Wir beginnen nun mit einem weiteren, vertiefenden Durchgang durch die Thermodynamik und die statistische Physik, in dem wir zunächst in Abschn. 36.1 den Begriff des Ensembles noch einmal näher besprechen und in Abschn. 36.2 und 36.3 den Begriff der Zustandssumme einführen. Zustandssummen können als die zentralen Objekte einer einheitlichen Beschreibung der statistischen Physik angesehen werden, die bis in die statistische Quantenfeldheorie hinein Anwendung finden. Insbesondere ergeben sich Mittelwerte und Korrelationen beliebiger thermodynamischer Größen durch geeignete Ableitungen von Zustandssummen. Dieser methodische Schritt ist das zentrale Anliegen dieses Kapitels.
Ausgehend von der üblichen Unterscheidung zwischen mikrokanonischen, kanonischen und großkanonischen Ensembles besprechen wir die dazugehörigen Zustandssummen ebenso wie die thermodynamischen Potenziale, die ihnen zugeordnet sind. Anschließend bestimmen wir in drei Abschnitten, die verschiedenen Anwendungen gewidmet sind, die Zustandssummen für verschiedene physikalische Systeme, nämlich für das ideale Gas im Schwerefeld in Abschn. 36.4, für chemisch reagierende ideale Gasgemische in Abschn. 36.5 und in Abschn. 36.6 für einfache Modelle magnetischer Systeme.
Das wesentliche Ziel dieses Kapitels ist es zu zeigen, wie sich verschiedenste thermodynamische Systeme anhand von Zustandssummen auf einheitliche Weise beschreiben lassen und wie alle Arten thermodynamischer Größen aus Zustandssummen gewonnen werden können.
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Literatur
Birkhoff, G.D.: Proof of the Ergodic Theorem. Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 17(12), 656 (1931)
Sethna, J.P.: Statistical Mechanics: Entropy, Order Parameters, and Complexity. Oxford University Press, Oxford (2006)
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Appendices
So geht’s weiter
1.1 Das Curie‐Weiss‐Modell
Mit einer augenscheinlich kleinen Änderung an der Hamilton‐Funktion wird aus dem Ising‐ das Curie‐Weiss‐Modell:
Der wesentliche Unterschied ist, dass nun alle Spins miteinander wechselwirken, nicht nur die direkt benachbarten. Dieser Übergang tritt bei der sogenannten Molekularfeldnäherung des Ising‐Modells auf, bei der mikroskopische Spins zu mittleren Spins zusammengefasst werden. Dies wird zu erheblichen Änderungen im Verhalten des Systems führen, die es sich sehr zu betrachten lohnt. Diese Wechselwirkung aller Spins miteinander erfordert die Division durch die Anzahl der Spins N, um sicherzustellen, dass der thermodynamische Grenzwert existiert.
Die kanonische Zustandssumme
lässt sich unter Einsatz der folgenden Gauß’schen Identität
mithilfe einer eigens zu diesem Zweck eingeführten Hilfsgröße μ faktorisieren. Wir identifizieren zu diesem Zweck
und erhalten zunächst, indem wir (36.196) „rückwärts“ lesen:
Die Zustandssumme (36.200 ) nimmt damit die Form
an, in der die Spins entkoppelt sind. Die Exponentialfunktion über die Spinsumme zerfällt deswegen in gleichartige Faktoren, die jeweils über \(\sigma=\pm 1\) summiert werden müssen. Das ergibt
Die Zustandssumme lautet damit
wobei im Exponenten die Landau‐Funktion auftritt (Abb. 36.13):
Nun bleibt das Integral über die Hilfsgröße μ zu lösen, das noch in der Zustandssumme übrig geblieben ist. Wegen des Faktors N vor der Landau‐Funktion im Argument der Exponentialfunktion wird das Argument sehr groß. Nur in der unmittelbaren Nähe des Minimums \(\mu_{0}\) der Landaufunktion bezüglich μ wird der Integrand daher überhaupt nennenswert beitragen können. Deshalb ist es angemessen, das Argument der Exponentialfunktion um \(\mu_{0}\) herum in eine Taylor‐Reihe zu entwickeln und nur die niedrigsten Ordnungen beizubehalten:
Diese Vorgehensweise wird Sattelpunktentwicklung genannt. Nach Voraussetzung ist \(\mu_{0}\) ein Minimum der Landau‐Funktion, sodass dort deren erste Ableitung nach μ verschwindet.
Die ersten beiden Ableitungen der Landau‐Funktion nach μ sind
wobei im letzten Schritt \(\cosh^{-2}x=1-\tanh^{2}x\) verwendet wurde. Aus der Bedingung, dass die erste Ableitung der Landau‐Funktion nach μ verschwinden möge, folgt die implizite Gleichung
für die Lage \(\mu_{0}\) eines Extremums von \(L(\mu,b)\). An solchen Stellen \(\mu_{0}\) nimmt die zweite Ableitung den Wert
an, den wir als L 2 abkürzen. Die Zustandssumme wird dann
was nach kurzer Rechnung auf das einfache Ergebnis
schrumpft. Im Grenzfall sehr großer N wird die freie Energie pro Freiheitsgrad
wobei \(\mu_{0}\) durch (36.205) gegeben ist.
Mittlerer Spin pro Freiheitsgrad im Curie‐Weiss‐Modell
Wiederum ist der mittlere Spin pro Freiheitsgrad gleich der negativen Ableitung der freien Energie pro Freiheitsgrad nach b:
Die Ableitung des mittleren Spins pro Freiheitsgrad nach b ist die Suszeptibilität
Durch Ableitung von (36.205) nach b folgt
Frage 16
Überzeugen Sie sich, dass die Suszeptibilität tatsächlich durch (36.212) gegeben ist. Beachten Sie dabei, dass Sie \(\mu_{0}\) auf beiden Seiten der letzten Gleichung (36.210) nach b ableiten müssen.
Betrachten wir nun etwas genauer den Grenzfall eines kleinen äußeren Magnetfeldes, \(b\to 0^{+}\). Dann ist \(\mu_{0}\) durch
gegeben. Da die Steigung mit \(\mu_{0}\) bei \(\mu_{0}=0\) auf der rechten Seite gleich \(\beta J\), auf der linken aber gleich eins ist, gibt es bei hohen Temperaturen \(k_{\mathrm{B}}T> J\) nur die Lösung \(\mu_{0}=0\). Für \(k_{\mathrm{B}}T> J\) und \(\mu_{0}=0=m\) ist die Suszeptibilität
Sie divergiert, wenn \(k_{\mathrm{B}}T=J\) wird. Die Temperatur \(T_{\mathrm{c}}=J/k_{\mathrm{B}}\) heißt kritische Temperatur oder Curie‐Temperatur.
Wenn dagegen \(k_{\mathrm{B}}T<J\) ist, also \(T<T_{\mathrm{c}}\), hat (36.213) drei Lösungen, davon eine bei \(\mu_{0}=0\). Die zweite Ableitung der Landau‐Funktion nach μ aus (36.206) zeigt, dass nur die beiden Lösungen mit \(\mu_{0}^{2}> 0\) Minima der freien Energie sind. Nahe, aber unterhalb der Curie‐Temperatur, \(T\lesssim T_{\mathrm{c}}\), kann (36.213) näherungsweise gelöst werden. Mit \(\tanh x\approx x-x^{3}/3\) finden wir zunächst
und daraus, für \(\mu_{0}\neq 0\):
Entsprechend kann die Suszeptibilität \(\chi_{\mathrm{m}}\) genähert werden durch
Gleichung (36.213) zeigt, dass die mittlere Magnetisierung pro Spin im Grenzfall \(T\to 0\) gegen eins geht, denn \(\tanh(x)\to 1\) für \(x\to\infty\).
Suszeptibilität und Magnetisierung
Die Magnetisierungskurve (Abb. 36.14 ) fällt bei \(T\to T_{\mathrm{c}}^{-}\) senkrecht auf null ab. Mit seiner unterhalb der Curie‐Temperatur spontan auftretenden Magnetisierung stellt das Curie‐Weiss‐Modell ein Beispiel für den Phasenübergang von einer para‐ in eine ferromagnetische Phase dar.
Nähert sich die Temperatur ihrem kritischen Wert \(T_{\mathrm{c}}=J/k_{\mathrm{B}}\), divergiert die Suszeptibilität im Curie‐Weiss‐Modell. Kleine Änderungen des äußeren Magnetfeldes bewirken dann sprunghafte Änderungen der Magnetisierung.
Frage 17
Überprüfen Sie die beiden Gleichungen (36.216) und (36.217).
Die Wärmekapazität ergibt sich aus der freien Energie (36.209) durch zweifache Ableitung nach der Temperatur. Bei b = 0 ist die Landau‐Funktion (36.202) bei \(\mu_{0}\) durch
gegeben. Aus der zweiten Ableitung dieser Funktion nach der Temperatur folgt für die Wärmekapazität pro Teilchen
Frage 18
Rechnen Sie das Ergebnis (36.219) nach.
Aus der Näherung (36.216) für Temperaturen nahe bei, aber unterhalb von \(T_{\mathrm{c}}\) erhalten wir
und daraus die Wärmekapazität \(C=\frac{3}{2}k_{\mathrm{B}}\) bei \(T\to T_{\mathrm{c}}^{-}\).
Wärmekapazität
Die Wärmekapazität pro Teilchen springt also bei der Curie‐Temperatur um den Wert \(\frac{3}{2}k_{\mathrm{B}}\) pro Spin.
Die Wärmekapazität pro Teilchen als Funktion der Temperatur ist ebenfalls in Abb. 36.14 dargestellt. Ihre Unstetigkeit weist den ferromagnetischen Phasenübergang bei der Curie‐Temperatur nach der Ehrenfest‐Klassifikation (Abschn. 35.7) als Phasenübergang erster Ordnung aus.
Unterhalb der Curie‐Temperatur bilden sich in der ferromagnetischen Phase Bereiche aus, in denen sich die Spins spontan ausrichten. Diese Bereiche sind die Weiss’schen Bezirke (Kap. 15).
Aufgaben
Gelegentlich enthalten die Aufgaben mehr Angaben, als für die Lösung erforderlich sind. Bei einigen anderen dagegen werden Daten aus dem Allgemeinwissen, aus anderen Quellen oder sinnvolle Schätzungen benötigt.
- •:
-
leichte Aufgaben mit wenigen Rechenschritten
- ••:
-
mittelschwere Aufgaben, die etwas Denkarbeit und unter Umständen die Kombination verschiedener Konzepte erfordern
- •••:
-
anspruchsvolle Aufgaben, die fortgeschrittene Konzepte (unter Umständen auch aus späteren Kapiteln) oder eigene mathematische Modellbildung benötigen
36.1 • Freie Energie und Entropie eines Systems aus freien klassischen Teilchen
-
(a)
Bestimmen Sie für ein System aus N freien klassischen Teilchen im Volumen V die Helmholtz’sche freie Energie \(F(T,V,N)\).
-
(b)
Berechnen Sie den Mittelwert des Quadrats der Geschwindigkeit v eines Teilchens und die mittlere quadratische Schwankung der Geschwindigkeit.
-
(c)
Vergleichen Sie die „kanonische“ Entropie
$$S_{\mathrm{k}}=-\left(\frac{\partial F}{\partial T}\right)_{V,N}$$(36.221)mit der mikrokanonischen Entropie \(S_{\mathrm{mk}}=k_{\mathrm{B}}\ln\Upomega\) und diskutieren Sie den Unterschied zwischen \(S_{\mathrm{k}}\) und \(S_{\mathrm{mk}}\), falls Sie einen finden.
36.2 •• Entropie und Zustandsgleichung eines linearen, eindimensionalen Systems
N klassische harte Kugeln mit dem Durchmesser d können sich längs einer Strecke der Länge L bewegen. Da sich die Teilchen nicht durchdringen, sind sie angeordnet. Das Wechselwirkungspotenzial zweier benachbarter Teilchen mit den Indizes i und j lautet
Bestimmen Sie die Entropie und die Zustandsgleichung dieses Systems. Wie lautet die Zustandsgleichung im thermodynamischen Limes \(N,L\to\infty\) bei \(N/L={\mathrm{const}}\)?
36.3 •• Thermodynamik eines Kettenmoleküls
Ein Kettenmolekül besteht aus N gleichen Gliedern der Länge a. Die Glieder sind untereinander so verbunden, dass sich jedes Glied unabhängig von den anderen Gliedern um den Verknüpfungspunkt räumlich frei, d. h. um den Raumwinkel \(4\uppi\), drehen kann. Das eine Ende des Kettenmoleküls ist im Punkt 0 drehbar befestigt, am anderen Ende greift die Zugkraft K an. Sei L der End‐zu‐End‐Abstand des Kettenmoleküls, dann ist die zur Zugkraft K gehörige potenzielle Energie des Kettenmoleküls
wobei \(\vartheta_{i}\) der Winkel ist, den das i‐te Glied des Kettenmoleküls mit einer willkürlich eingeführten Achse einschließt.
-
(a)
Bestimmen Sie die kanonische Zustandssumme des Kettenmoleküls, wenn allein die potenzielle Energie Φ in der Hamilton‐Funktion berücksichtigt wird.
-
(b)
Welche mittlere Länge \(\langle L\rangle\) stellt sich ein? Diskutieren Sie das Ergebnis für \(k_{\mathrm{B}}T\ll Ka\) und \(k_{\mathrm{B}}T\gg Ka\).
Lösungshinweis:
Vernachlässigen Sie die kinetische Energie der Glieder des Kettenmoleküls.
36.4 •• Dichteverteilung in einem rotierenden Gas
Ein ideales einatomiges klassisches Gas der Temperatur T befinde sich in einem Hohlzylinder mit starren Wänden. Der Hohlzylinder rotiere mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω um die Zylinderachse.
-
(a)
Zeigen Sie, dass das chemische Potenzial eines idealen einatomigen Gases als Funktion der Teilchendichte n und der Temperatur T durch
$$\mu(T,n)=bT-k_{\mathrm{B}}T\ln\left[\left(\frac{T}{T_{0}}\right)^{3/2}\frac{n_{0}}{n}\right]$$(36.224)ausgedrückt werden kann, worin \(\mu_{0}\), T 0 und n 0 geeignet gewählte Konstanten sind.
-
(b)
Bestimmen Sie im stationären Zustand die Dichte n des Gases als Funktion des Abstands r von der Zylinderachse aus der thermodynamischen Gleichgewichtsbedingung.
Diese Aufgabe zielt darauf ab zu zeigen, dass sich in einem äußeren Potenzial ein Gleichgewichtszustand derart einstellt, dass nicht das chemische Potenzial allein, sondern die Summe aus chemischem und äußeren Potenzial maßgeblich ist. Aufgrund der Zylindersymmetrie des hier vorgegebenen Problems denkt man sich das Gasvolumen in Zylinderschalen zerlegt. Jede dieser Zylinderschalen muss mit ihren Nachbarn in einem chemischen Gleichgewicht stehen, das durch das Gesamtpotenzial aus chemischem und äußerem Potenzial bestimmt wird.
Lösungshinweis:
Auf ein Gasteilchen wirkt im rotierenden Zylinder die Zentrifugalkraft
wobei \({\boldsymbol{e}}_{r}\) der Einheitsvektor in radialer Richtung ist.
36.5 ••• Konzentrationsverhältnisse bei einer chemischen Reaktion
Bestimmen Sie bei der Dissoziationsreaktion von molekularem und atomarem Wasserstoff,
im thermodynamischen Gleichgewicht das Verhältnis
der Konzentrationen \(c_{\mathrm{H}}\) bzw. \(c_{\mathrm{H_{2}}}\) des atomaren bzw. molekularen Wasserstoffs als Funktion der Temperatur T und des Druckes P (Massenwirkungsgesetz). Der Temperatur‐ und Druckbereich sei so gewählt, dass beide Gase als ideal betrachtet werden können. Die molaren Wärmekapazitäten bei konstantem Volumen sind
Lösungshinweis:
Zeigen Sie zunächst, ausgehend von
dass ζ für ein ideales Gas durch
gegeben sein muss, wobei \(\zeta_{0}\) eine von T und P unabhängige Konstante ist. Verwenden Sie das Massenwirkungsgesetz.
36.6 ••• Magnetostriktion: Volumenänderung eines Ferromagneten
Die differenzielle Fundamentalrelation eines Ferromagneten habe die Form
bei konstanter Teilchenzahl N. Die magnetische Suszeptibilität
sei durch den Zusammenhang
gegeben, wobei A, α und \(\Theta_{0}\) geeignete positive Konstanten sind. Berechnen Sie die Volumenänderung des Ferromagneten nach quasistatischem Einschalten eines Magnetfeldes, B = 0 zu \(B=B_{0}> 0\), bei konstantem Druck und konstanter Temperatur \(T> \Theta(P)\).
Lösungshinweis:
Transformieren Sie auf ein geeignetes Potenzial und benutzen Sie dann eine geeignete Maxwell‐Relation. Verwenden Sie ferner den linearen Zusammenhang \(M=\chi_{\mathrm{m}}B\).
Lösungen zu den Aufgaben
36.5
Das gefragte Konzentrationsverhältnis ist
Ausführliche Lösungen zu den Aufgaben
36.1
-
(a)
Die Helmholtz’sche freie Energie F ist durch die kanonische Zustandssumme \(Z_{\mathrm{k}}\) über
$$F=-k_{\mathrm{B}}T\ln Z_{\mathrm{k}}$$(36.235)bestimmt, die für N freie Teilchen durch den Einteilchenbeitrag Z 1 gegeben ist:
$$Z_{\mathrm{k}}=\frac{Z_{1}^{N}}{N!}\,.$$(36.236)(Die Division durch \(N!\) könnten wir auch wieder weglassen, weil sie hier unerheblich ist.) Wir benötigen also zunächst die Einteilchen‐Zustandssumme
$$\begin{aligned}Z_{1}&=\int\exp\left(-\frac{p^{2}}{2mk_{\mathrm{B}}T}\right)\mathrm{d}\Upgamma\\ &=\frac{4\uppi V}{(2\uppi\hbar)^{3}}\int_{0}^{\infty}\exp\left(-\frac{p^{2}}{2mk_{\mathrm{B}}T}\right)p^{2}\mathrm{d}p\\ &=V\left(\frac{2\uppi mk_{\mathrm{B}}T}{h^{2}}\right)^{3/2}\,,\end{aligned}$$(36.237)aus der die freie Energie
$$F=-k_{\mathrm{B}}T\ln\left[\frac{V^{N}}{N!}\left(\frac{2\uppi mk_{\mathrm{B}}T}{h^{2}}\right)^{3N/2}\right]$$(36.238)folgt.
-
(b)
Der Mittelwert des Quadrats der Geschwindigkeit ist leicht zu finden, denn
$$\langle v^{2}\rangle=\frac{1}{m^{2}}\langle p^{2}\rangle=\frac{2}{Nm}\langle H\rangle=\frac{2U}{Nm}\,.$$(36.239)Die innere Energie ist
$$U=-\frac{\partial\ln Z_{\mathrm{k}}}{\partial\beta}=\frac{1}{Z_{\mathrm{k}}}\cdot\frac{3N}{2}\frac{Z_{\mathrm{k}}}{\beta}=\frac{3N}{2\beta}\,,$$(36.240)woraus unmittelbar
$$\langle v^{2}\rangle=\frac{3}{m\beta}=\frac{3k_{\mathrm{B}}T}{m}$$(36.241)folgt. Die mittlere Geschwindigkeit eines Teilchens ist
$$\begin{aligned}\langle v\rangle&=\frac{1}{m}\langle p\rangle=\frac{1}{mZ_{1}}\int\exp\left(-\frac{p^{2}}{2mk_{\mathrm{B}}T}\right)p\mathrm{d}\Upgamma\\ &=\frac{1}{mZ_{1}}\frac{4\uppi V}{h^{3}}\int_{0}^{\infty}p^{3}\exp\left(-\frac{p^{2}}{2mk_{\mathrm{B}}T}\right)\,\mathrm{d}p\\ &=\frac{2}{m\uppi}\left(2\uppi mk_{\mathrm{B}}T\right)^{1/2}=\sqrt{\frac{8}{\uppi}}\sqrt{\frac{k_{\mathrm{B}}T}{m}}\,,\end{aligned}$$(36.242)woraus sich zusammen mit dem Mittelwert des Geschwindigkeitsquadrats die mittlere quadratische Schwankung
$$\langle v^{2}\rangle-\langle v\rangle^{2}=\frac{k_{\mathrm{B}}T}{m}\left(3-\frac{8}{\uppi}\right)$$(36.243)ergibt.
-
(c)
Die „kanonische“ Entropie ist
$$S_{\mathrm{k}}=-\left(\frac{\partial F}{\partial T}\right)_{V,N}=k_{\mathrm{B}}\ln Z_{\mathrm{k}}+\frac{3N}{2}k_{\mathrm{B}}\,.$$(36.244)Der zweite Term auf der rechten Seite ist die Ableitung der inneren Energie U nach der Temperatur:
$$\frac{3N}{2}k_{\mathrm{B}}=\left(\frac{\partial U}{\partial T}\right)_{V,N}=\frac{U}{T}\,,$$(36.245)wodurch wir auf die Legendre‐Transformation von der inneren Energie zur freien Energie zurückgeführt werden:
$$k_{\mathrm{B}}T\ln Z_{\mathrm{k}}=-F=TS_{\mathrm{k}}-U\,,$$(36.246)in der nun die kanonische Entropie den Platz der mikrokanonischen Entropie einnimmt. Die kanonische Entropie kann daher mit der mikrokanonischen Entropie identifiziert werden, ist aber nun nicht mehr allein ein logarithmisches Maß für die kanonische Zustandssumme.
36.2
Wir beginnen wie üblich damit, die kanonische Zustandssumme aufzustellen:
Darin stellt V i die potenzielle Energie des i‐ten Teilchens relativ zu allen anderen Teilchen dar. Das Integral über den Konfigurationsraum ist
Formal ist dieses Integral schwierig zu berechnen. Am einfachsten sieht man das Ergebnis vielleich auf folgende Weise: Jedem Teilchen steht das „Volumen“ \(L-Nd\) zu, innerhalb dessen es sich frei bewegen darf. Wären alle Teilchen unabhängig, wäre das Integral über die Ortskoordinaten einfach gleich \((L-Nd)^{N}\). Da die Teilchen aber angeordnet sein (und bleiben) sollen, muss noch durch die Anzahl \(N!\) möglicher Permutationen geteilt werden.
Das Integral über den Impulsraum faktorisiert. Ein Einteilchenfaktor ergibt
Die kanonische N‐Teilchen‐Zustandssumme ist demnach
Die innere Energie des Systems ist
Seine Helmholtz’sche freie Energie ist
woraus die Entropie durch die Ableitung nach der Temperatur folgt:
Die Zustandsgleichung ergibt sich aus
Im thermodynamischen Limes wird die Zustandsgleichung zu
wobei die eindimensionale Teilchendichte \(n=N/L\) definiert wurde.
36.3
-
(a)
Nach Vorgabe hängt die Hamilton‐Funktion allein von der Funktion Φ ab, die proportional zur Gesamtlänge \(L(\vartheta_{1},\ldots,\vartheta_{N})\) des Kettenmoleküls ist:
$$L(\vartheta_{1},\ldots,\vartheta_{N})=a\sum_{i=1}^{N}\cos\vartheta_{i}\,.$$(36.256)Die kanonische Zustandssumme erhalten wir demgemäß aus
$$\begin{aligned}Z_{\mathrm{k}}&=\int_{0}^{2\uppi}\int_{0}^{\uppi}\exp\left(\beta Ka\sum_{i=1}^{N}\cos\vartheta_{i}\right)\prod_{i=1}^{N}\mathrm{d}\varphi\sin\vartheta_{i}\mathrm{d}\vartheta_{i}\\ &=(2\uppi)^{N}\int_{-1}^{1}\exp\left(\beta Ka\sum_{i=1}^{N}\mu_{i}\right)\mathrm{d}\mu_{i}\\ &=(2\uppi)^{N}\left[\frac{1}{\beta Ka}\left.\exp\left(\beta Ka\mu\right)\right|_{-1}^{1}\right]^{N}\\ &=\left(\frac{4\uppi}{\beta Ka}\sinh(\beta Ka)\right)^{N}\,.\end{aligned}$$(36.257) -
(b)
Die mittlere Länge ergibt sich aus
$$\begin{aligned}\langle L\rangle&=\frac{1}{\beta}\left(\frac{\partial\ln Z_{\mathrm{k}}}{\partial K}\right)_{T,N}\\ &=\frac{N}{\beta}\frac{\partial}{\partial K}\ln\left(\frac{4\uppi}{\beta Ka}\sinh(\beta Ka)\right)\\ &=\frac{N}{\beta}\left(\beta a\coth(\beta Ka)-\frac{1}{K}\right)\\ &=Na\left(\coth(\beta Ka)-\frac{1}{\beta Ka}\right)\,.\end{aligned}$$(36.258)Für \(T\to 0\) geht \(\beta\to\infty\). Der zweite Ausdruck in Klammern verschwindet, der erste geht gegen eins, und das Kettenmolekül erweist sich als maximal gestreckt, \(L\to Na\). Für \(k_{\mathrm{B}}T\gg Ka\) ist \(\beta Ka\ll 1\). Aufgrund der Näherung (36.175) können wir für \(x\ll 1\) in führender Ordnung \(\coth x\approx 1/x\) setzen, weshalb dann der gesamte Klammerausdruck gegen null geht. Dies zeigt an, dass das Kettenmolekül bei hoher Temperatur vollkommen verknäuelt, \(L\to 0\).
36.4
-
(a)
Ausgehend von (36.120) und der Einteilchen‐Zustandssumme
$$\zeta=\frac{V}{h^{3}}\left(2\uppi m_{j}k_{\mathrm{B}}T\right)^{3/2}$$(36.259)ist der Ausdruck
$$\mu=-k_{\mathrm{B}}T\ln\left[\frac{V}{h^{3}N}\left(2\uppi mk_{\mathrm{B}}T\right)^{3/2}\right]$$(36.260)für das chemische Potenzial leicht zu finden. Um auf die angegebene Form zu kommen, reicht es, die Teilchendichte \(n=N/V\) und die Temperatur jeweils auf feste, aber beliebige Referenzgrößen n 0 und T 0 zu beziehen und die übrigen Konstanten auf der rechten Seite von (36.260) zu einer Konstanten zusammenzufassen:
$$\begin{aligned}\mu&=-k_{\mathrm{B}}T\ln\left[\frac{1}{h^{3}n}\left(2\uppi mk_{\mathrm{B}}T\right)^{3/2}\right]\\ &=-k_{\mathrm{B}}T\ln\left[\frac{1}{h^{3}n_{0}}\left(2\uppi mk_{\mathrm{B}}T_{0}\right)^{3/2}\frac{n_{0}}{n}\left(\frac{T}{T_{0}}\right)^{3/2}\right]\\ &=bT-k_{\mathrm{B}}T\ln\left[\left(\frac{T}{T_{0}}\right)^{3/2}\frac{n_{0}}{n}\right]\,;\\ b&:=-k_{\mathrm{B}}\ln\left[\frac{1}{h^{3}n_{0}}\left(2\uppi mk_{\mathrm{B}}T_{0}\right)^{3/2}\right]\,.\end{aligned}$$(36.261) -
(b)
Entsprechend der Erläuterung ist die relevante Gleichgewichtsbedingung, dass die Summe aus chemischem Potenzial μ und der potenziellen Energie aufgrund der Zentrifugalkraft konstant, also unabhängig vom Radius r, sein muss. Dies liegt daran, dass im Gleichgewicht keine Energie aufgewendet werden muss, um ein Teilchen von einem Radius zu einem anderen zu verschieben. Die Energie, die mit einer reinen Änderung der Teilchenzahl verbunden ist, muss daher gerade durch die potenzielle Energie kompensiert werden. Also muss
$$\mu(r)+m\phi(r)={\mathrm{const}}=C$$(36.262)gelten, wenn \(\phi(r)\) das Zentrifugalpotenzial ist. Mit dem gegebenen Ausdruck für die Zentrifugalkraft ist
$$\phi(r)=-\int\omega^{2}r\mathrm{d}r=-\frac{\omega^{2}}{2}r^{2}\,.$$(36.263)Folglich gilt im thermodynamischen Gleichgewicht
$$bT-RT\ln\left[\left(\frac{T}{T_{0}}\right)^{3/2}\frac{n_{0}}{n}\right]=\frac{m}{2}\omega^{2}r^{2}+C\,.$$(36.264)Diesen Ausdruck gilt es nun nach der Dichte aufzulösen. Wir erhalten als Zwischenergebnis
$$\ln\frac{n}{n_{0}}=\frac{\displaystyle\frac{m}{2}\omega^{2}r^{2}+C-bT}{RT}+\ln\left(\frac{T}{T_{0}}\right)^{3/2}$$(36.265)und daraus den radialen Dichteverlauf
$$n(r)=n_{0}\left(\frac{T}{T_{0}}\right)^{3/2}\exp\left(\frac{bT-C}{RT}\right)\exp\left(\frac{m\omega^{2}r^{2}}{2RT}\right)\,.$$(36.266)Die Dichte nimmt demnach steil nach außen zu, wobei das Dichteprofil bei steigender Temperatur flacher wird. Die verbleibende, bisher unbestimmte Konstante C in diesem Ergebnis wird dadurch festgelegt, dass die Dichte bei r = 0 frei gewählt werden kann.
36.5
Das Massenwirkungsgesetz besagt, dass die Anzahlen der Wasserstoffmoleküle bzw. ‐atome durch
gegeben sind. Sobald ζ für die beiden Teilchensorten gefunden ist, ist die Aufgabe gelöst.
Aufgrund der Definition von ζ wissen wir zunächst, dass
gelten muss. Weiterhin folgt aus
dass für ein ideales Gas
ist. Aus beiden Ableitungen zusammen folgt, dass \(\ln\zeta\) die Form
haben muss. Verwenden wir schließlich noch
ebenfalls aufgrund der idealen Gasgleichung, erhalten wir
wie im Hinweis angegeben, denn \(C_{P}=C_{V}+R\). Nun folgt sofort
Mit steigender Temperatur dissoziiert der molekulare Wasserstoff, mit steigendem Druck rekombiniert er.
36.6
Wir benötigen die Volumenänderung mit dem Magnetfeld bei konstantem Druck P und konstanter Temperatur T:
Da Druck und Temperatur konstant gehalten werden sollen, bietet sich die freie Enthalpie G als geeignetes thermodynamisches Potenzial an. Wir wollen sie als Funktion von \((T,P,B)\) auffassen, während die innere Energie U durch (36.236 ) als Funktion von \((S,V,M)\) vorgegeben ist. Wir müssen daher neben den Legendre‐Transformationen \(S\to T\) und \(V\to P\) noch eine weitere Legendre‐Transformation \(M\to B\) durchführen. Die Differenzialform von G ist dann
Sie besagt insbesondere, dass das Volumen V und die Magnetisierung M durch
gegeben sein müssen. Leiten wir die erste Gleichung bei konstantem \((T,P)\) nach B ab, die zweite dagegen bei konstantem \((T,B)\) nach P und identifizieren die gemischten zweiten Ableitungen, erhalten wir die Maxwell‐Relation
Links steht bereits die gewünschte Ableitung, der sogenannte Magnetostriktionskoeffizient. Rechts setzen wir \(M=\chi_{\mathrm{m}}B\) ein und bekommen
Nun brauchen wir noch die Ableitung der Suszeptibilität nach dem Druck,
und erhalten für die gesuchte differenzielle Volumenänderung mit dem Magnetfeld
Wird das Magnetfeld bei konstantem Druck und konstanter Temperatur quasistatisch eingeschaltet, nimmt das Volumen des Ferromagneten um
ab. Dieses Phänomen, Magnetostriktion genannt, kommt durch die Ausrichtung der magnetischen Momente im äußeren Magnetfeld B zustande.
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Bartelmann, M., Lüst, D., Wipf, A., Rebhan, A., Feuerbacher, B., Krüger, T. (2014). Ensembles und Zustandssummen. In: Theoretische Physik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-54618-1_36
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