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Ortsraum und weltraum. Zeit-Analytik Diastema-Begriff Leitend das in-der-Zeit-Sein

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Book cover Zur Ontologischen Frühgeschichte von Raum — Zeit — Bewegung
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Zusammenfassung

Die Raumanalytik des Aristoteles ist durch seinen prinzipiell binnenweltlichen Grundansatz bestimmt: der Raum ist nichts Selbständiges, nichts Eigenes, — er ist nicht etwas, was allem innerräumlichen Seienden voraufgeht, er ist aber auch nicht einfach die Ausdehnung der Dinge; weder eigenständig neben den Dingen, noch identisch mit der eigenen figuralen Struktur der Dinge hat er einen seltsamen Charakter: er ist gleichsam nirgendwo. Aristoteles bestimmt den Raum primär als Ort (Topos); alle räumlichen Dinge sind „im Ort“; der Ort umfängt; das Umfangen ist das Wesen des Ortes. In diesem reinen Umfangen meldet sich die Welthaftigkeit des Raumes. Aristoteles, der mit der größten Schärfe immer wieder das Umfangen herausarbeitet, interpretiert es aber dann immer wieder als eine Art von quasi-dinglichem Umfangen; TOPOS wird bestimmt als die ruhende äusserste Grenze des umfangenden Körpers; das Welthafte des Umfangens wird wieder ins Dinghafte umgedeutet. Leitmodell ist das AGGEION, das Gefäß. Der Ort ist jeweils im einzelnen das Gefäß, das ein ruhender Körper bildet für solches, was in ihm sich bewegt, was in ihm den Platz tauscht, wie etwa das Flußbett der Ort ist des Flusses; der Ort im ganzen aber ist die äusserste ruhende Grenze des Weltalls, des Himmelsgebäudes; die Ganzheit des Ganzen wird in der Metapher eines binnenweltlichen Enthaltens gedacht, das Weltgefäß verwischt eben den Unterschied von Welt und Ding. Was einen immer wieder bestürzt, ist die NÄHE des aristotelischen Denkens zur Welt und sein Zurückweichen vor ihrer Unfaßlichlkeit in ein ontisches Modell. OURANOS der Himmel, der allumfangende, wird letztlich doch gedacht im Bilde eines Dinges, das umfängt. Der Raum ist für Aristoteles endlich, weil gleichsam die kristallene Schale des Himmelsgewölbes die äußerste, ruhende Grenze ist, — die Wand, welche alle ver einzelten Dinge und auch die Elemente umwandet und umrandet. Aristoteles entkommt der sofort auftauchenden Schwierigkeit, ob denn nicht ein solcher Weltrand unweigerlich ein „Jenseits” fordere, durch die These, Ort ist prinzipiell Ort für Be w e g b a -r e s. Wenn also die Himmelsschale nicht mehr bewegbar ist, wenn nur an ihr die großen Bewegungen der kreisenden Gestirne laufen und unter ihr die kleinen Bewegungen der flüchtigen Einzeldinge, welche ihrerseits angetrieben werden durch den Drang der Elemente nach ihrem einheimischen Ort, dann hat ein Umfangen, welches noch über die Himmelsschale hinausläge, keinen angebbaren Sinn mehr. Das Denken geriete dabei in das Leere. In dieser Rückbindung des Ortes an die Bewegung, sofern er der unbewegte Raum für Bewegliches ist, liegt der entscheidende Grundzug der aristotelischen Raumanalytik; hier liegt ihre Größe und — ihre Grenze. Der Raum ist für Aristoteles endlich, die Zeit un-endlich. Der Raum-und Zeit-Analyse geht voran die Erörterung des APEIRON, zwischen der Raum-und Zeit-Analyse liegt die Erörterung des KENON, des Leeren. Das Leere ist gleichsam das APEIRON im Felde des raum-und zeithaft Quantitativen. Erst mit der ausdrücklichen Zurückstellung der Raum-und Zeit-Auslegung in den umfassenderen Zusammenhang könnte der volle Sinn dieser Auslegungen herauskommen. Es ist also eine notgedrungene Vereinfachung, wenn wir das beiseite lassen. Das KENON vermittelt zwischen dem endlichen Raum und der unendlichen Zeit; erst von ihm her ist die aristotelische Fundierung der Zeit in der Größe ganz einsichtig zu machen. Das ist nur als eine Warnung gesagt; man kann überhaupt philosophische Gedanken nicht herauslösen aus dem Gesamtzug der Problementfaltung — und doch muss man das aus didaktischen Gründen der Darstellung immer wieder tun. Aber es ist wichtig, daß ein Wissen um die Vorläufigkeit dabei wach bleibt, — daß man nicht des Aristoteles Raumverständnis gleichsam in Händen zu haben glaubt, wenn man seine Definition des Orts als der ruhenden äussersten Grenze des umfassenden Körpers begriffen hat.

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© 1957 Springer Science+Business Media Dordrecht

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Fink, E. (1957). Ortsraum und weltraum. Zeit-Analytik Diastema-Begriff Leitend das in-der-Zeit-Sein. In: Zur Ontologischen Frühgeschichte von Raum — Zeit — Bewegung. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-9630-7_18

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