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Der Systematische Ort der Vorkategorialen Erfahrung in Kants Transzendentaler Korrespondenztheorie

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Erfahrung und Kategoriales Denken

Part of the book series: Phaenomenologica ((PHAE,volume 147))

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Zusammenfassung

Nur durch das Zusammenwirken der zwei grundlegenden Vermögen, der Anschauung und des Denkens, kann Erkenntnis zustandekommen. Die grundlegende Bedingung für den möglichen Gegenstandsbezug von Vorstellungen ist für Kant die Anwendung der Verstandeskategorien. Die Anwendung dieser Kategorien auf Anschauungen und allgemein die Anwendung von Begriffen auf Gegenstände, d.h. die Subsumtion unter Begriffe wird von Kant im ersten Satz des Schematismuskapitels an eine Bedingung geknüpft:

„In allen Subsumtionen eines Gegenstandes unter einen Begriff muß die Vorstellung des ersteren mit der letzteren gleichartig sein, d.i. der Begriff muß dasjenige enthalten, was in dem darunter zu subsumierenden Gegenstande vorgestellt wird, denn das bedeutet eben der Ausdruck: ein Gegenstand sei unter einem Begriffe enthalten.„ (A 137/B 176).

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Notes

  1. In diesem aktiven Sinn ist die Rede von der Beziehung einer Anschauung auf einen/ihren Gegenstand bei Kant immer zu verstehen. Er besagt, daß ich die Anschauung erfolgreich auf diesen Gegenstand beziehen kann.

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  2. Zur Unterscheidung von diskursiven und intuitiven Merkmalen R 2286 und R. Stuhlmann-Laiesz: Kants Logik. Berlin 1976, 73, 89 f.

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  3. Vgl. hierzu G. Prauss: Erscheinung bei Kant, Berlin 1971, 29 ff., 39, 43 ff. und zu Kants Urteilsbegriff R. Stuhlmann-Laeisz: Kants Logik. A.a.O., 55.

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  4. In seinen Reflexionen zur Logik, die sich in seinem Exemplar von G.F. Meiers Auszug aus der Vernunftlehre (Halle 1752, abgedruckt in AA XVI) finden, bietet Kant einige Unterscheidungen, die sich zum Teil an die Ausführungen Meiers anlehnen. Neben den intuitiven und diskursiven Merkmalen (R 2286, R 2892), unterscheidet Kant noch analytische und synthetische Merkmale (R 2289, R 2290, R 2291, R 2358, R 2363). Diese beiden Unterscheidungen finden sich nicht bei Meier. Weiter unterscheidet Kant mittelbare und unmittelbare Merkmale (R 2293, in Anlehnung an Meier § 116. Kant verwendet sie bereits 1762, AA II, 47 f.), allgemeine Merkmale (R 2278, was tautologisch scheint, da Merkmal als Begriff bzw. „Teilbegriff’ immer allgemein ist, vgl. R 2281, R 2283, R 2285, R 2282, — es sci denn, man denkt an die conceptus singulares), bejahende und verneinende Merkmale (R 2296, R 2298, R 2299, R 2300, vgl. Meier § 117), wichtigere, geringere Merkmale (R 2302, R 2305, vgl. Meier § 118), fruchtbare (R 2302, R 2303, vgl. Meier § 118), zureichende und unzureichende Merkmale (R 2308, vgl. Meier § 119), äußerliche und innerliche Merkmale (R 2311, vgl. Meier § 121) notwendige und zufällige Merkmale (R 2312, R 2313, R 2323, vgl. Meier § 120 und § 121), wesentliche und außerwesentliche Merkmale (R 2311, R 2322, R 2346, vgl. Meier § 121), koordinierte und subordinierte Merkmale (R 2293, R 2316, R 2317, R 2318, R 2357, R 2359, R 2367, R 2368, R 2413). Außerdem erwähnt Kant primitive (R 2319), klare (R 2354), äußere und innere (R 2368), erläuternde (R 2397), abgesonderte (AA II, 49) und entfernte Merkmale (AA II, 47), sowie Zwischenmerkmale (AA II, 47 f.). Vgl. hierzu auch die Ausführungen der Jäsche-Logik AA IX, 59 ff.). Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Unberücksichtigt blieb z.B. der Kontext der verschiedenen Kriterien der Wahrheit (innere/äußere, wesentliche/unwesentliche Merkmale) AA XVI, 237 ff.

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  5. M. Loebbert (Wie ist die Unterscheidung analytischer und synthetischer Urteile möglich? Eine Untersuchung zu Kants Theorie des Urteils., Rheinfelden-Freiburg-Berlin 1989) will zeigen, daß sich alle drei Unterscheidungen in gewisser Hinsicht miteinander zur Deckung bringen lassen. In seiner Sicht handelt es sich nur um verschiedene Gesichtspunkte, die zu verschiedenen Bezeichnungen führen. Loebbert bemüht sich zuerst darum, die weitgehende Übereinstimmung von intuitiven mit synthetischen Merkmalen und diskursiven mit analytischen Merkmalen aufzuweisen (S.35). Auf dem Hintergrund der Formulierung von R 2286 ist dies zunächst unverständlich. Die Fehlinterpretation erklärt sich dadurch, daß Loebbert die gleichzeitigen (‘g’) und späteren (’s’)-Zusätze in den Reflexionen (vgl. E. Adickes’ Einleitung zu Bd. XIV der Akademie-Ausgabe, AA XIV, S. LVII f.) als „‘gestrichen’ oder’ später gestrichen’„ versteht (Loebbert, a.a.O., S.34, Anm. 11). Weiterhin will Loebbert zeigen, daß die unmittelbaren mit den intuitiven Merkmalen und die mittelbaren mit den diskursiven Merkmalen weitgehend gleichgesetzt werden können. Dies belegt er vor allem dadurch, daß Anschauungen sich unmittelbar auf den Gegenstand beziehen (A 19/B 33, A 68/B 93) und das urteilende Denken nur mittelbar, d.h. „vermittelst gewisser Merkmale zuletzt auf Anschauungen„ (B 33). Zumindest fragwürdig ist bei Loebbert auch, daß er nicht wenigstens die Problematik andeutet, die mit der Voraussetzung der Übereinstimmungs-Theorie, es gebe so etwas wie anschaulich gegebene Merkmale eines Dinges (a.a.O., 42), verbunden ist, selbst wenn sich dieser Ausdruck bei Kant findet (AA II, 47).

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  6. Vgl. aber auch die Erwähnung in R 2892, „intuitiva vel discursiva„, die sich wohl auf Merkmale bezieht.

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  7. Vgl. R. Stuhlmann-Laiesz, Kants Logik, a.a.O., 73.

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  8. So hält P. Baumanns fest, daß „Kants ‘Anschauung’ unfähig zur Gestaltpräsentation ist„ (vgl. Kants Begriff des inneren und äußeren Sinnes. In: Akten des 5.Internationalen Kant-Kongresses. Mainz 1981,91).

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  9. Kant denkt gelegentlich auch an andere Modelle als das Enthaltensein von Merkmalen in der Anschauung. In einer Reflexion im Handexemplar der Kritik (A-Auflage) wird das Problem zumindest versuchsweise in einer neuen Variante formuliert: „Anschauung ist dem Begriff, [der blos Merkmal der Anschauung ist], entgegengesetzt.„ (Refl. X, E 15-A 19, in: AA XXIII, 21). Hier ist die strikte tranzendental-topologische Entgegensetzung von Anschauung und Begriff festgehalten. Anders als in R 2286, wo das Merkmal als Teil der Anschauung konzipiert wird, wird hier das erkenntnisermöglichende Merkmal versuchsweise als Merkmal der Anschauung selbst gedacht.

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  10. „Zwar kennt Kant auch ‘Teile’ anschaulicher Vorstellungen, jedoch sind diese dann selbst wieder Anschauungen, ‘intuitive Merkmale’„, vgl. R. Stuhlmann-Laiesz, Kants Logik, a.a.O., 89.

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  11. Vgl. R. Stuhlmann-Laiesz, Kants Logik, a.a.O., 93.

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  12. Für Kant ist die Reihe der Begriffe wohl nach oben, aber nicht nach unten abgeschlossen: „Wir haben ein höchstes genus, aber keine niedrigste species.„ (R 2293, vgl. auch A 655-658/B 683-686). Die Reihe der Oberbegriffe ist durch das bloße Etwas nach oben beschränkt. Umgekehrt gilt „jede Art enthält Unterarten„ (A 658/B 686). Da „keine Art als die unterste an sich selbst angesehen werden„ (A 655/B 683) kann, gibt es keine conceptus singulares. Die Lehre von den conceptus singulares findet sich z.B. in Meiers Auszug (§ 260, AA XVI, 551). Meier erwähnt „abgesonderte oder abstracte Begriffe (conceptus abstractus, notio)„, die allein aufgrund der Art, wie wir sie als „übereinstimmende Begriffe von verschiedenen Dingen„ „machen„ (§ 259, AA XVI, 549 f.) conceptus communis sind. Er kennt aber auch Begriffe, die nicht allgemein sind „Begriffe, die nicht abgesondert sind, heissen einzelne Begriffe (conceptus singulares, idea). Z.E. Leibniz.„ (§ 260, AA XVI, 551). Vgl. hierzu auch R. Stuhlmann-Laiesz, Kants Logik, a.a.O., 77-81.

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  13. Stuhlmann-Laiesz erwähnt hier, daß Kant Freges Unterscheidung von Merkmalen eines Begriffs und Eigenschaften eines Gegenstandes, die Stuhlmann-Laiesz eine Lösung vorzuzeichnen scheint, fast erreicht hat („im Ansatz„, vgl. Kants Logik, a.a.O., 93). Es scheint mir eher, daß Kant viel Mühe darauf verwendet, die Problematik eines solchen Lösungsweges im Auge zu behalten. Kant fragt nämlich, wie Merkmale überhaupt als Teil der Anschauung vorstellbar sind. Auch mit den in Freges Sinn veränderten Bezeichnungen wird sich diese Aporie herausstellen lassen.

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  14. Vgl. hier Kap. II, 9 und II, 10.

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  15. Ebenso paradox faßt G. Prauss die Schwierigkeit der transzendentalen Korrespondenztheorie: Um überhaupt Übereinstimmung oder Widerstreit von etwas (Erkenntnis) mit einem anderen ‘finden’ zu können, muß bereits dort, wo sie gesucht wird, ‘Erkenntnisartiges’, d.h. wahre Erkenntnis sein. Die Übereinstimmungstheorie muß so etwas wie Wahrheit sowohl in der Erkenntnis als auch im Gegenstand (bzw. Ereignis) annehmen. Vgl. G. Prauss, Einführung in die Erkenntnistheorie, Darmstadt 1980, 162 f.

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  16. Die erste Ansicht vertritt z.B. F. Delekat (Immanuel Kant. Historisch-kritische Interpretation der Hauptschriften. Heidelberg 1963, S. 42), er schreibt, Kant „lehnt die alte aristotelische Definition, Wahrheit sci ‘Übereinstimmung der Erkenntnis mit ihrem Gegenstand’ ab.„ Für die zweite Ansicht vgl. z.B. G.F.W. Hegel, Wissenschaft der Logik, (Hrsg. H. Glockner, Jubiläumsausgabe Bd.5, Stuttgart 1964, S.27), F. Brentano will in seiner Polemik gegen Windelband (Wahrheit und Evidenz, Leipzig 1930, S. 9-15) vor allem behaupten, daß Kant an der Aristotelischen Bestimmung der Wahrheit als Übereinstimmung des Urteils mit der Wirklichkeit festgehalten hat. M. Heidegger, Sein und Zeit, (4.Aufl., Tübingen 1935, S.215) ist ebenso der Ansicht, daß Kant an diesem Wahrheitsbegriff so sehr festhalt „daß er ihn gar nicht erst zur Erörterung stellt„, (vgl. ders., Nietzsche, Bd.l, Pfullingen 1961, S. 514 f.). Auch H.-D. Heckmann (Was ist Wahrheit?, Heidelberg 1981, 44) ist der Ansicht, daß Kant der traditionellen Korrespondenztheorie verhaftet bleibt. Th. Nenon (Objektivität und endliche Erkenntnis. Kants transzendentalphilosophische Korrespondenztheorie der Wahrheit. Freiburg 1986, 45 f.) arbeitet heraus, daß Kant sie zum Ausgangspunkt seiner erkenntnistheoretischen Überlegungen macht, aber keineswegs ihren Sinn unverändert übernimmt.

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  17. Vgl. zu Kants Definitionslehre Th. Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis, a.a.O., 19-38, R. Stuhlmann-Laiesz, Kants Logik, 105-114, und L.W. Beck, Kants Theory of Definition. In: The Philosophical Review 65 (1956), 179-191.

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  18. Kant scheint in seinen Vorlesungen — im Hinblick auf die Funktion, das definierte Ding von anderen zu unterscheiden — sogar eine Art Übergang zwischen beidem vorzuschweben. Während Nominaldefinitionen manchmal dazu ausreichen, die bezeichnete Sache von anderen zu unterscheiden, kann man mit einer Realdefinition „die Sache jederzeit, und von allen übrigen unterscheiden„ (AA XXIV, 920). „Nominalerklärungen dienen lediglich [dazu] ein Ding zu unterscheiden. Eine Nominaldefinition, welche hinreichend wäre, das Ding von allen anderen zu unterscheiden, wäre völlig so gut wie eine Realdefinition.„ (AA XXIV, 760).

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  19. G. Prauss hat durch grammatische Analysen zu zeigen versucht, daß sich das „hier„ auf die unmittelbar zuvor genannten „Logiker„ bezieht, daß also nur deren Ansicht referiert wird (vgl. G. Prauss, Zum Wahrheitsproblem bei Kant. In: G. Prauss (Hrsg.): Kant, Köln 1973, 73-89). Das wesentliche Argument muß sich jedoch auf die von Kant gesehenen Schwierigkeiten der Korrespondenztheorie beziehen.

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  20. Die Formulierung der Wahrheit in der Begrifflichkeit des Übereinstimmens mit dem Gegenstand findet sich in der Kritik der reinen Vernunft A 58/B 82, „Wenn Wahrheit in der Übereinstimmung einer Erkenntnis mit ihrem Gegenstande besteht„, A 58/B 83, „Wahrheit, (Einstimmung mit dem Objekt)“ A 157/B 197 f., „weil Übereinstimmung der Erkenntnis mit dem Objekt Wahrheit ist“, A 191/B 236, „Wahrheit, d.i. der Übereinstimmung unserer Erkenntnis mit Objekten“ A 237/B 296. Vgl. auch AA IV, 298.

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  21. Vgl. auch Th. Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis. A.a.O., 39-66.

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  22. Vgl. z.B. (AA XXIV, 386) „Die Regeln müssen schon zu Grunde gelegt seyn, über die man ein Urteil fällen soll. Ich soll die Regeln der Wahrheit untersuchen und muß, indem ich dies thue, selbst nach den Regeln der Wahrheit verfahren“, vgl. auch R 2126 „Was ist Wahrheit? Dieser Satz ist nur durch solche Regeln beantwortlich, die schon voraussetzen, daß ich das Wahre vom Falschen unterscheiden kan.“ Vgl. auch Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis. A.a.O., 42 ff. Kant greift damit ein Argument der skeptischen Tradition auf, vgl. Sextus Empiricus, Grundriß der pyrrhonischen Skepsis, Übers, v. M. Hossenfelder, Frankfurt 1982, 157 f.

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  23. Vgl. auch R 2155. Eine treffende Formulierung des methodischen Widerstreits bietet auch die Jasche-Logik AA IX, 51. Auf die unumgängliche Individualität der Glieder der Übereinstimmung weist AA XXIX, 20 deutlich hin. Th. Nenon (Objektivität und endliche Erkenntnis, a.a.O., 53-63) behandelt diesen methodischen Widerstreit unter dem Titel einer „Diallele der Unbestimmtheit“. Lediglich die Bezeichnung als Diallele scheint schwer zu rechtfertigen. Nenons Argument ist, daß Kant zumindest in der A-Auflage hier den Ausdruck „Dialele“ (A 57) verwendet. Es ist aber nicht auszuschließen, daß Kant an dieser Stelle die epistemologische Diallele meint. Auch die Jäsche-Logik nennt lediglich die letztere eine „Diallele“ (AA IX, 50), während die Forderung nach einem allgemeinen und hinreichenden Kriterium der Wahrheit nur „ungereimt“ genannt wird (AA IX, 51). Vgl. auch Th. Scheffer: Kants Kriterium der Wahrheit. Berlin 1993, 8 f.

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  24. Vgl. Th. Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis, a.a.O., 60. G. Prauss liest diese Veränderung als Druckfehler (Zum Wahrheitsproblem bei Kant, in: G.Prauss (Hrsg.): Kant, Köln 1973, 79 Anm.46). Die Veränderung von „Dialele“ in „Dialexe“ gibt auch den Hinweis, daß Kant bei der Redaktion der 2.Auflage einsah, daß weder der methodische Widerstreit in der Vorstellung eines formal-allgemeinen und zugleich materialen Kriteriums der Wahrheit, noch der dialektische Mißbrauch eines notwendigen für ein hinreichendes Kriterium eigentlich eine Diallele (d.h. ein Definitions-bzw. Beweiszirkel) war.

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  25. Kant bezeichnet auch das formale, notwendige Kriterium der Wahrheit als eine „Übereinstimmung“ zwischen „einer Erkenntnis“ und „den allgemeinen und formalen Gesetzen des Verstandes und der Vernunft“ (A 59/B 84, R 2177). D.h. es handelt sich um allgemein-logische (formal-logische) Prinzipien, wie z.B. den Satz vom Widerspruch oder der Identität, vgl. auch die Jäsche-Logik AAIX, 51 ff. Da es sich um eine „Übereinstimmung der Erkenntnis mit sich selbst“ handelt, nennt er diese „Conditio sine qua non“ auch eine „bloße Übereinstimmung“ (R 2177).

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  26. Vgl. R 2151. Eine treffende Formulierung findet sich auch in der Jäsche-Logik, AA IX, 50. Vgl. zu dem erkenntnistheoretischen Zirkel auch Th. Scheffer, Kants Kriterium der Wahrheit, 63 ff. Wir werden den Text der Jäsche-Logik hier jedoch nur nachrangig, d.h. nur im Zusammenhang mit den zugehörigen Reflexionen bzw. Vorlesungsnachschriften verwenden, da seine Zuverlässigkeit mit guten Gründen umstritten ist. Vgl. K. Reich, Die Vollständigkeit der Kantischen Urteilstafel, Hamburg 3.Aufl. 1986, 21-24 und Stuhlmann-Laiesz, Kants Logik. Berlin 1975, 1. Th. Scheffer (a.a.O., 32-38) versucht, die Einwände von Reich gegen den Text der Jäsche-Logik im einzelnen zu entkräften, er empfiehlt jedoch dennoch eine Prüfung an den Reflexionen und Nachschriften (a.a.O., 2, 38).

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  27. Vgl. G. Prauss, Einführung in die Erkenntnistheorie. Darmstadt 1980, 162 ff.

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  28. Kurz zuvor gebraucht Kant dieselbe Charakterisierung für das ebenso negative, formal-logische Kriterium der Wahrheit. Man erwartet hier anstelle des ‘Widersprechens’ eher so etwas wie Nicht-Übereinstimmung als Gegensatz. Auch an anderer Stelle spricht Kant davon, daß eine ‘falsche Erkenntnis1 dem Gegenstand bzw. dem Objekt widerspreche, vgl. A 151/B 191. G. Prauss (Einführung in die Erkenntnistheorie, Darmstadt 1980, 162 f.) bezeichnet die Redeweise von einem Widerspruch in diesem Kontext sogar als „leere Metapher“.

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  29. Vgl. zum Wahrnehmungsurteil hier Kap. II, 6. Die Gründe, warum man hierin einen Korrespondenzpunkt der Erfahrung sehen kann, ergeben sich im einzelnen in den Kap. II, 6-11.

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  30. Auch in R 2155 ist das materiale Kriterium der Wahrheit „Übereinstimmung der Urtheile mit Anschauungen“. In R 2145 konzipiert Kant „reale“ Wahrheit als „Wahrheit der Anschauungen“.

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  31. Auch in R 2161 und R 2155 ist das materiale Kriterium der Wahrheit die „Übereinstimmung der Urtheile mit Anschauungen“, vgl. ebenfalls den Hinweis auf die „Wahrheit der Anschauungen“ R 2145 und R 2144. Auch an den Stellen, an denen noch die Rede von dem korrespondierenden Gegenstand bzw. Objekt ist, (B XVIII, BXXVI, BXLI, usw.) deutet der Textzusammenhang immer daraufhin, daß einem Begriff ein Gegenstand korrespondiert, wenn dem Begriff seinerseits eine Anschauung korrespondiert (vgl. A 224/B 272, A 240/B 299, A 244/B 302, B 308, A 276 f./B 332 f., A 290 f./B 347 u.ö.).

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  32. Vgl. die Hervorhebung der Beziehung auf ein ganz bestimmtes Objekt in der Jäsche-Logik (AA IX, 51) „In dieser Übereinstimmung einer Erkenntniß mit demjenigen bestimmten Objecte, worauf sie bezogen wird, muß aber die materielle Wahrheit bestehen.“

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  33. Die Konzeption einer Synthesis impliziert generell einen zeitlichen Prozeß. Wir müssen in der Apprehension die Teile einer Linie, wie auch die einer Zeitspanne zusammenfügen (A 102). Die Einheiten einer Zahl müssen „nach und nach zueinander von mir hinzugetan“ werden, eine Vorstellung muß „nach und nach […] erzeugt werden“, das „nach und nach Angeschaute“ muß in einer begrifflichen Vorstellung vereinigt werden (A 103). Bereits in der Leibniz-Wolffschen Tradition kann Übereinstimmung nicht zwischen dem Denken und dem Gegenstand im ganzen befragt werden, sondern nur Schritt für Schritt. Die begriffliche Seite muß dazu in ihren einzelnen Elementen, d.h. in ihren Merkmalen oder Teilbegriffen betrachtet werden. So schreibt G.F. Meier, daß wir eine „richtige und deutliche Erkenntnis von den Dingen“ erlangen, wenn wir „deutlich erkennen, welche Merkmale in ihnen angetroffen werden, und welche nicht in ihnen angetroffen werden.“ Man muß „in den meisten Fällen das Ding sich vorstellen, und ein Merkmal von demselben; und alsdenn untersuchen, ob dieses Merkmal in ihm angetroffen werde oder nicht; und daraus entstehen die Urteile.“ (vgl. Meier, Vernunftlekre, 1752, abgedruckt in AA XVI, 624 f.).

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  34. Vgl. G. Prauss, Einführung in die Erkenntnistheorie. Dannstadt 1980, 165-171. Zur Kritik dieser These vgl. z.B. Th. Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis. A.a.O., 209-231. Für die Zuschreibung einer Kohärenztheorie an Kant vgl. auch W. Becker, Selbstbewußtsein und Erfahrung. Zu Kants transzendentaler Deduktion und ihrer argumentativen Rekonstruktion. Freiburg 1984, 59-63.

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  35. Vgl. Prauss, Einführung in die Erkenntnistheorie, a.a.O., 168.

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  36. Vgl. Prauss, Einfiihrung in die Erkenntnistheorie, a.a.O., 162.

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  37. Zu einer Darstellung der modernen Wahrheitstheorien vgl. B. Puntel, Wahrheitstheorien in der neueren Philosophie, Darmstadt 1978. Th. Nenon weist drei Gemeinsamkeiten von Kant mit der Kohärenztheorie der Wahrheit auf: (1) Es ist aussichtslos, die Wahrheit einer Erkenntnis an einem Gegenstand messen zu wollen, der gänzlich unabhängig von der Erkenntnis ist. (2) Ein einzelnes empirisches Urteil kann für sich allein niemals endgültig gewiß sein und (3) die Möglichkeit der Einordnung eines einzelnen Satzes in ein System von wahren Sätzen ist eine weitere Bedingung seiner Wahrheit. Vgl. Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis, a.a.O., 212-215.

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  38. Prauss vermeidet übrigens, eine für seine Zwecke scheinbar gut geeignete Formulierung zu erwähnen. Kant schreibt A 104, daß wir „außer unserer Erkenntnis doch nichts haben, welches wir dieser Erkenntnis als korrespondierend gegenübersetzen könnten“. Diese Formulierung steht jedoch in einem Kontext, in dem Kant den Gebrauch objektivierender Kategorien als Bedingung einheitlichen Gegenstandsbezuges und diesen wiederum als eine Art Garantie für die Übereinstimmung der Erkenntnisse untereinander vorstellt (A 104, AAIV 298).

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  39. Th. Nenon, Objektivität und endliche Erkenntnis. a.a.O., 218-231.

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  40. So kann es z.B. vorkommen, „daß Menschen, die der Sprache nach einig sind, in Begriffen himmelweit von einander abstehen; welches nur zufälligerweise, wenn ein jeder nach dem seinigen handelt, offenbar wird.“, vgl. AA VII, 193. Kant erwähnt A 101 — allerdings in einem irrealen Konjunktiv — eine Art ‘Babylonischer Sprachverwirrung’, bei der „ein gewisses Wort bald diesem, bald jenem Dinge beigelegt“ würde und umgekehrt „dasselbe Ding bald so bald anders benannt“ würde.

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  41. Kant kennt wenigstens drei Formen subjektiver Verzerrung. 1. Die’ subjektiv-gattungsmäßige’ Variation, die vor allem im Kontext der praktischen Philosophie eine Rolle spielt. Sie scheidet Vernunftwesen mit Sinnlichkeit von Subjekten ohne Sinnlichkeit. 2. Die’ subjektiv-organisationsgebundene’ Variation, die vor allem die von Person zu Person verschieden vermutete „subjektive Beschaffenheit der Sinnesart“ (B 44) meint. Sie hängt ab von den „zufällig beigefügten Wirkungen der besonderen Organisation“ bzw. von den jeweiligen zufälligen Veränderungen des „Sinnes an dem Subjekte“ (A 29). Beispiele hierfür sind die Blinden, die Farbenblinden und die sogenannten sekundären Qualitäten Gefühl, Farbe, Geschmack und Geruch. Es handelt sich bei ihnen „bloß um Veränderungen unseres Subjekts, die sogar bei verschiedenen Menschen verschieden sein können.“ (A 29/B 45). 3. Es gibt eine ‘intrasubjektiv-perspektivische’ Variation der „verschiedenen Lage zu den Sinnen“ (A 45 f./B 62 f., bzw. der „Stellung und Organisation“). Sie läßt sich noch um eine ‘intrasubjektiv-zeitabhängige’ Variation ergänzen. Meine Zustände, Befindlichkeiten und meine Aufnahmefähigkeit können sich ändern. Sie sind noch variabler als die physiologische Organisation. Ich kann entspannt, müde, berauscht oder aufmerksam sein.

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  42. Vgl. A 293 ff/B 349 ff., R 2157, R 2158, R 2242-2259 und die näheren Ausführungen zum Irrtum hier Kap. II, 8, a) und b).

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  43. Vgl. auch R 2175 „(Szu Vermeidung des Scheins)“

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  44. Für die Frage der Anwendungsbedingungen der Kategorien, dürfen wir uns auf die bestimmende Urteilskraft beschränken. Zur Unterscheidung von reflektierender und bestimmender Urteilskraft (in der Kritik der Urteilskraft), vgl. AA V, 179 f., 385 f.

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  45. Vgl. R 2878 sowie R 2276, und R. Stuhlmann-Laeisz: Kants Logik, a.a.O., 82. Zur Gegenüberstellung von logischer Reflexion (objektive Komparation) und transzendentaler Reflexion, vgl. A 260-264/B 316-320.

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  46. Zum Stand der Forschung vgl. die ‘Forschungsübersicht’ von W. Detel (Zur Funktion des Schematismuskapitels in Kants ‘Kritik der reinen Vernunft’. In: Kant-Studien 69 (1978), 17-45) und P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant. In: Bewußtsein und Zeitlichkeit. Hrsg. H. Busche/G. Heffernan/D. Lohmar, Würzburg 1990, 23-59.

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  47. Vgl. A 241 f., A 245 und auch A 727 ff./B 755 ff. Es kann „kein a priori gegebener Begriff definiert werden, z.B. Substanz, Ursache, Recht, Billigkeit usw.“. Eine strenge Definition ist aber auch bei empirischen Begriffen nicht möglich. Diese stehen „niemals zwischen sicheren Grenzen“ (A 728/B 756), und zwar, weil niemals sicher ist, ob jeder mit dem Wort dieselben Merkmale verbindet. So kann „der eine im Begriffe vom Golde sich außer dem Gewichte, […] noch die Eigenschaft, daß es nicht rostet, denken, der andere davon vielleicht nichts wissen.“ Mit diesem Argument wird auch die Definition willkürlich gedachter Begriffe (Schiffsuhr) unmöglich (A 729/B 757). Allein die „ursprünglich gemachten“ Begriffe der Mathematik sind definierbar.

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  48. Umgekehrt können Kategorien abgeleitete Unterbegriffe unter sich enthalten (A 81/B 107). Zu Kants Lehre von Umfang und Inhalt eines Begriffs R. Stuhlmann-Laeisz: Kants Logik, a.a.O., 87-92 und ders.: Über Kants Problem der ‘Anwendung der Kategorien’durch den’ schematismus des reinen Verstandes’. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 55 (1973), 301-309.

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  49. Vgl. hierzu D. Lohmar: Kants Schemata als Anwendungsbedingungen von Kategorien auf Anschauungen. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 45 (1991), 77-92.

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  50. Vgl. hierzu den § 260 von Meiers Auszug aus der Vernunftlehre (AA XVI, 551) und die Ausführungen in R 2872, R 2885, R 2896, R 2902, R 2904 und die §§ 7 ff. der Jäsche-Logik. Vgl. auch R. Stuhlmann-Laeisz, Kants Logik, a.a.O., S. 87-89.

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  51. Wir wollen einen kurzen Vorblick auf Kants Vorschlag werfen, wie die spontane Handlung des Verstandes und die Vorstellung von Merkmalen in der Anschauung verbunden sind. In der figürlichen Synthesis handelt der Verstand, indem er Anschauliches verbindet (B 151). Die Präparation des ‘Angebots’ von Seiten der Sinnlichkeit (z.B. durch Verbindung in der Apprehension) orientiert sich an den Schemata. Sie ist ‘regel’geleitet (d.h. durch Begriffe geleitet). Weil die Schemata als Anwendungsbedingungen von Begriffen erfüllt sein müssen, kann man sie also zugleich als Leitfaden zur Verbindung und Nachbesserung des gegebenen ‘Angebots’ verwenden. Die Vergleichbarkeit von Begriff und Anschauung wird hierbei auf dem Hintergrund des dreigliedrigen Modells von Regel (Begriff), regelgeleiteter Handlung und dem Ergebnis der Handlung gedacht, und zwar als durch Verbindung von sinnlich Vorgegebenem hergestellte bzw. präparierte Anschauung. Vgl. hier Kap. II, 9-11).

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  52. Vgl. auch E. Curtius: Das Schematismuskapitel in der ‘Kritik der reinen Vernunft’. In: Kant-Studien 19(1914), 346 f.

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  53. Die Subordination ist von Kant wohl mitgemeint, wenn auch nicht explizit genannt. Vgl. die A 68/B 93 „(sie sci Anschauung oder selbst schon Begriff)“ angedeutete Alternative.

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  54. Irritierend ist das Beispiel in mehrfacher Hinsicht. Zunächst erklärt es explizit nur eine Gleichartigkeit zwischen Begriffen. Dazu kommt, daß man in diesem Kontext zuerst einen Fall von Subsumtion als Erläuterung des ersten Begriffs von Gleichartigkeit1A erwartet. Jedoch läßt sich weder der Teller als Kreis noch ein Kreis als Teller begreifen. Wohl kann beides als rund begriffen werden. In einer aktivitätstheoretisch gewendeten Konzeption des ‘rund’, d.h. als die Möglichkeit, daß das sinnlich Gebotene eine vom gleichen Begriff (rund) geleitete Synthesis erlaubt, wird deutlich, daß Kant beides leicht modifiziert als Beispiel der Gleichartigkeit1A hätte nehmen können. Vgl. W. Detel, Zur Funktion des Schematismuskapitels in Kants ‘Kritik der reinen Vernunft’. In: Kant-Studien 69 (1978), 38 f. und P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant, a.a.O., 39.

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  55. Vgl. z.B. Curtius, Das Schematismuskapitel in der ‘Kritik der reinen Vernunft’, a.a.O., 348.

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  56. Wiederum ein anderer, für uns jedoch peripherer Begriff von Gleichartigkeit vergleicht unter dem Gesichtspunkt der „Erstreckung“ („Größe“) der Reihe der Bedingungen die Ideen der Vernunft mit den Begriffen des Verstandes (bzw. mit möglichen empirischen Begriffen). Vgl. A 528 ff./B 556 ff., A 486-489/B 514-517. Dieser Begriff von Gleichartigkeit soll auch dazu dienen, in Entgegensetzung der Gleichartigkeit des mathematisch Synthetisierten und der (in dynamischer Synthesis wohl denkbaren) Ungleichartigkeit des dynamisch Synthetisierten, z.B. bei Ursache und Wirkung (B 201, Anm.*), eine intelligible Ursache als denkmöglich zu erweisen.

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  57. Es scheint so, als ob es weder wünschenswert noch möglich sei, daß eine Verbindung wie durch das von Kant projektierte ‘Dritte’ zustande komme: Weil beide Varianten der Gleichartigkeitsrelation in transzendental-topologischer Hinsicht (2A und 2B) transitiv sind, droht nämlich als widersinnige Konsequenz die Gleichartigkeit von Verstand und Sinnlichkeit. Hierbei müßte jedoch die Verschiedenheit beider Varianten bei gleicher Hinsicht (2A und 2B) übersehen werden. Auch L. Chipman (Kant’s Categories and their Schematism, Kant-Studien 63 (1972), S. 42) kommt zu diesem Ergebnis. Er unterscheidet allerdings nicht die verschiedenen Arten von Gleichartigkeit.

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  58. Dieser Ansicht ist z.B. R. Stuhlmann-Laeisz, Über Kants Problem der ‘Anwendung der Kategorien’ durch den’ schematismus des reinen Verstandes’. A.a.O., 308 f. Sein Argument gegen die Vermittlungsbedürftigkeit empirischer Begriffe ist die Aussage Kants, daß in den Fällen, in denen es nicht um die Anwendung von Kategorien geht, „die Begriffe, durch die der Gegenstand allgemein gedacht wird, von denen, die diesen in concrete vorstellen, wie er gegeben wird, nicht so unterschieden und heterogen sind“ (A 138/B 177). Dieser Hinweis deutet zunächst nur einen graduellen Unterschied an („nicht so unterschieden“). Er verliert aber dadurch seine Überzeugungskraft, daß Kant hier auf die von ihm bekämpften conceptus singulares zurückgreift, die sich hier als Vermittler anbieten, da sie einerseits Begriff aber auch Begriff eines Einzelnen sein sollen (vgl. Stuhlmann-Laeisz: Kants Logik, 77-80, 88). Denn nur diese sind Begriffe, die den Gegenstand ebenso durchgängig bestimmt vorstellen, wie er (in concreto) in der Anschauung gegeben wird.

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  59. Zu der Frage, ob das Verfahren der Anwendung der Kategorien ein Vernunftschluß sei, vgl. P. Plaaß Kants Theorie der Naturwissenschaften, Göttingen 1965, 73-78, dazu die Aufnahme dieser Thematik durch R. Stuhlmann-Laeisz, Über Kants Problem der ‘Anwendung der Kategorien’ durch den’ schematismus des reinen Verstandes’. A.a.O., 301-309.

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  60. Vgl. AA IV, 305, Anm.*. Zu dem ‘Hinzutun’ AA IV, 299, Anm.*; 320. Vorbereitet ist dieser Vergleich durch die Rede von ‘Hineinlegen’ einer Ordnung in die Natur A 125. Weitergeführt z.B. AA IV, 319 f.; B 162, Anm* u.ö.

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  61. Wahrnehmung kann „in Erfahrung […] verwandelt werden“ AA IV, 297, genauer, sie kann durch Hinzukommen der Kategorie „in Erfahrung verwandelt“ werden, AA IV, 301, Anm.*, es kann „aus Wahrnehmung Erfahrung werden“ AA IV, 300 (ebenso AA IV, 299, Anm.*). Vgl. auch die Begrifflichkeit des ‘Erzeugens’ von objektiver Erfahrung durch den „Zusatz der Verstandesbegriffe“, AA IV, 305, Anm.*.

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  62. Es findet sich also auch in der Beantwortung der scheinbar so kargen Frage, ob ein bestimmter Begriff auf eine gegebene Anschauung angewandt werden darf, die volle Dimension von Humes vermeintlich nur empirischen Zuordnungs-Problem (Vgl. hier Kap. I, 3).

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  63. Vgl. hier Kap. II, 10, b) und c).

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  64. Einerseits sind Zeitbestimmungen als Form des inneren Sinnes in allen Vorstellungen enthalten, d.h. sie sind gleichartig1B mit jeder Anschauung, andererseits stammen sie allein aus dem Verstand und der reinen Einbildungskraft, d.h. sie sind gleichartig2A mit den Kategorien.

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  65. Kant sieht „eine beharrliche Anschauung“ als „die unentbehrliche Bedingung der objektiven Realität eines Begriffes“ an (B 412). Hierzu ist allerdings auch eine Bestimmung des äußeren Sinnes nötig, weil im inneren Sinn kein Beharrliches zu finden ist (B 291 f.). Es fehlt uns sonst z.B. an der „notwendigen Bedingungen, den Begriff der Substanz […] anzuwenden“ (B 413). R. Stuhlmann-Lacisz sieht das systematische Problem („Es ist also beispielsweise zu fragen, was in der Erscheinung ‘die Substanz sei’“, vgl. Über Kants Problem der ‘Anwendung der Kategorien’ durch den’ schematismus des reinen Verstandes’. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 55 (1973), 306) und bietet in einer späteren Untersuchung auch eine Lösung an, die der hier vorgeschlagenen recht nahe ist. Vgl. Stuhlmann-Laiesz: Kants Thesen über sein Kategoriensystem und ihre Beweise. In: Kant-Studien 78 (1987), 21 f.

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  66. Vgl. A 100, A 121. Zum Gebrauch von „gewöhnlich“, A 91/B 123 f., A 113 und AA IV, 301, Anm.*. Zu Assoziation und Gewohnheit als subjektiver Notwendigkeit vgl. B 127 u.ö.

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  67. Vgl. AA IV, 305 „(nachdem sie durch Vergleichung allgemein gemacht wurden)“; AA IV, 300 „bloß die Wahrnehmungen vergleiche“; AA IV, 301 „durch Vergleichung“; AA IV, 307 „Erkenntnis der Übereinstimmung […] der Erscheinungen untereinander“.

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  68. Für die Gleichsetzung von ‘Begebenheit’ mit einer einmaligen Folge von Erscheinungen, vgl. die Formulierung der 2.Analogie A 192 ff./B 237 ff.

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  69. Im allgemeinen wird das Verschwinden der reproduktiven Einbildungskraft in der 2. Auflage nur als ein Teilaspekt der Rücknahme der Einbildungskraft als eigenständiges Vermögen interpretiert. In dem Rahmen unserer Untersuchung zeigt sich die Erfahrungsthematik in der Assoziation als ein eigenständiges Motiv für diese Umorientierung in der 2. Auflage.

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  70. Zur Diskussion der Wahrnehmungsurteile vgl. A. Riehl: Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft. 2 Bde., Leipzig 1887, S. 61-65, R. Hönigswald: Zum Begriff der kritischen Erkenntnislehre. In: Kant-Studien 13 (1908), 414-416 (der vor allem die Wahrnehmungsurteile von der’ sinnlichen Erkenntnis’ der Leibniz-Wolffschen Schule Abgrenzt), N. Kemp-Smith: A Commentary to Kants ‘Critique of Pure Reason’. London 1923, 288 f., H. J. Paton: Kant’s Metaphysic of Experience. Vol. I, London 1970, 330 f. und die im folgenden diskutierte Literatur. Für die Diskussion ab 1970 vgl. G. Prauss: Erscheinung bei Kant. Berlin 1971, L. W. Beck: Hatte der Philosoph von Königsberg keine Träume? In: Akten des 4.Internationalen Kant-Kongresses (Mainz 1974), Bd. III, Berlin 1974, 26-43, H. Wagner, Ein blinder Fleck im Empirismus und ein Einfalt Kants, in: Sinnlichkeit und Verstand in der deutschen und französischen Philosophie von Descartes bis Hegel. Bonn 1976, 151-166. Eine kritische Diskussion von Prauss’ Versuch findet sich bei M. Baum: Deduktion und Beweis in Kants Transzendentalphilosophie. Untersuchungen zur ‘Kritik der reinen Vernunft’, Königstein 1986, 32-37. Weitergeführt wird das Problem auch von P. Baumanns: Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant. A.a.O., 29-34. Vgl. auch J. Freudiger, Zum Problem der Wahrnehmungsurteile in Kants theoretischer Philosophie, in: Kant-Studien 82 (1991), 414-455 und P. Baumanns: Kants transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe (B). Ein kritischer Forschungsbericht. In: Kant-Studien 82 (1991), 329-348, 436-455 und Kant-Studien 83 (1992), 60-83, 185-207.

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  71. E. Adickes ist der Ansicht, daß die Unterscheidung von Erfahrungs-und Wahrnehmungsurteilen den Konsequenzen des Kantischen Systems widerspricht und deshalb in der 2.Auflage beiseite gelegt wurde, vgl. E. Adickes: Die bewegenden Kräfte in Kants philosophischer Entwicklung und die beiden Pole seines Systems, in: Kant-Studien 1 (1897), 48. F. Paulsen ist der Ansicht, daß kein Mensch „sich rühmen kann, diese Gedanken wirklich zu verstehen, d.h. denken zu können.“, vgl. F. Paulsen: Einleitung in die Philosophie. Berlin 1893, 417. Oft wird die Unvereinbarkeit der Behauptung, daß Wahrnehmungsurteile keine Kategorien enthalten, mit der grundlegenden Ansicht hervorgehoben, daß Urteile Bewußtsein und damit die Einheit der Apperzeption und auch eine Kategorienanwendung beinhalten müssen. Vgl. z. B. L. W. Beck: Hatte der Philosoph von Königsberg keine Träume? In: Akten des 4.1nternationalen Kant-Kongresses (Mainz 1974), Bd. III, Berlin 1974, 36 f., P. Guyer (Kant and the claims of Knowledge. Cambridge 1987, 100) fragt „How can judgements of perception express any form of selfconsciousness, yet not use the categories?“ Dieselbe These findet sich bei J. Baumgärtner (An Uncritical Sense of’ subjective’ in the ‘Critique of Pure Reason’ and in the ‘Prolegomena’. In: Akten des 7. Internationalen Kant-Kongresses (Mainz 1990), Bd. II, 1, Bonn 1991, 73-80), der behauptet, daß die „subjektive Einheit des Bewußtseins“ (B 139), die „subjektive Folge der Apprehension“ (A 193/B 238) und das Wahrnehmungsurteil auf kritisch-transzendentalem Grund ‘nicht konstituiert’ („not constituted“, a.a.O., 79 f.) sind und daß diese Thesen unhaltbar (a.a.O. 77) sind und es sich nur um ein Selbstmißverständnis aufgrund von metaphysisch-ontologischen Doktrinen handelt (a.a.O., 78). Das Wahrnehmungsurteil sci nur eine „manifold of intutition“ ohne begriffliche Einheit.

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  72. Kant schreibt „die aber, so nur subjektiv gültig sind, nenne ich bloße Wahrnehmungsurteile.“ (AA IV, 298). Diese zurückhaltende Ausdrucksweise steht im starken Kontrast zu Kants selbstbe-wußter Darstellung in der ‘Vorrede’, durch die Kritik etwas ganz Neues erbracht zu haben. (AA IV, 261 f.).

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  73. Vgl. P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant. A.a.O., 29-34.

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  74. Vgl. P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant. A.a.O., 31.

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  75. Vgl. P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant. A.a.O., 29.

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  76. Vgl. P. Baumanns: Kants transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe (B). Ein kritischer Forschungsbericht. In: Kant-Studien 83 (1992), 193 ff.

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  77. Vgl. zu den vorläufigen Urteilen z.B. R 2505-2538 und hier Kap. II, 8.

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  78. Das Ergebnis der Zurückhaltung der Relationskategorien liegt also noch ‘unterhalb’ des problematischen Urteils. Nach Baumanns ist das Wahrnehmungsurteil „schon überbestimmt, wenn man es, wie nicht selten anzutreffen, als problematisches Erfahrungsurteil einstuft.“, vgl. P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant. A.a.O., 31. Die selbstkritische Zurückhaltung des vorläufigen Urteils (’suspensio judicii’) bezieht sich sinngemäß auf ein problematisches Urteil. „De suspensio judicii: Das Bewußtseyn, daß mein Urtheil problematisch sey, ist suspensio judicii.“ (AA XIV/1, 545). Auch ein problematisches Urteil beansprucht, vom Objekt gelten zu können. Es kann sich deshalb nicht um ein Wahrnehmungsurteil handeln.

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  79. Vgl. M. Baum, Deduktion und Beweis in Kants Transzendentalphilosophie. Königstein 1986, 40. Dagegen wendet P. Baumanns (Kants transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe (B). Ein kritischer Forschungsbericht. In: Kant-Studien 83 (1992), 193 f.) ein, das Wahrnehmungsurteil enthalte gar keinen Modus des FUr-Wahr-Haltens und nicht einmal ein subjektives Meinen.

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  80. „Glauben: Subiective Nothwendigkeit des Vorwahrhaltens“, R 2450. Die Fortsetzung der Reflexion scheint aber auch dem glaubenden Urteil den Objektivitätsanspruch streitig machen zu wollen: „[…] (logisch) obiectiv ist das Vorwahrhalten nothwendig (zulänglich) welches aus Gründen (die communicabel sind), die unabhängig von der Beschaffenheit des subjects sind, die Wahrheit bestimmt“, R 2450.

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  81. Vgl. J. H. Wolf: Kants Lehre vom Wahrnehmungs-und Erfahrungsurteil, Magisterarbeit Bonn 1988, 19 ff.

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  82. A. Riehl meint, daß die Wahrnehmungsurteile sich „derselben Kategorien hypothetisch bedienen sollen, die in den Erfahrungsurteilen kategorisch gebraucht werden“, vgl. A. Riehl, Der philosophische Kritizismus, Bd. II/l, S. 64, Anm.l und auch W. Zschocke, Über Kants Lehre vom Schematismus der reinen Vernunft, in: Kant-Studien 12 (1907), 185 f.

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  83. Vgl. G. Prauss, Erscheinung bei Kant. Ein Problem der ‘Kritik der reinen Vernunft’, Berlin 1971, 139-321, bes. 198 ff. Eine ähnliche Umformulierung der Wahrnehmungsurteile bietet bereits S. Kömer: Aus „Dieser Stein ist schwer“ wird „Dies erscheint mir schwer.“ Vgl. S. Körner, Kant, Göttingen 1937, S. 37. Eine vergleichbare Formulierung für die „subjektive Komponente innerhalb des Erfahrungsurteile“ findet sich auch bei P. F. Strawson, Die Grenzen des Sinns, Königstein 1981, 85 (l.Aufl. engl. 1966). Kant selbst erwähnt auch ähnliche Formulierungsmöglichkeiten, allerdings eher ablehnend, z.B. im § 7 der Anthropologie, AA VII, 142.

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  84. Vgl. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 154. Vgl. auch 145 „diese subjektiven Erfahrungen […] müssen daher als solche […] auch gegenständlich werden können“, vgl. ebenfalls 160. P. Baumanns hält bereits diesen Ansatz für ein Mißverständnis, vgl. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant, a.a.O., 54. Auch die Kritik von M. Baum deutet an, daß es sich hier eher um ein Problem handelt, daß nur Prauss, nicht aber Kant sich gestellt hat, vgl. M. Baum, Deduktion und Beweis in Kants Transzendentalphilosophie. Königstein 1986, 34-40. Baum hebt hervor, daß die Annahme von subjektiven Gegenständen (wie den Erscheinungen) nicht zwingend ist, weil für Kant die Modifikationen des Gemüts nur Akzidenzien des Gemüts, aber keine eigenständigen Gegenstände sein können (a.a.O., 35). Die Meinungsdifferenzen führen beide Kritiker von Prauss auf dessen umstrittene Interpretation der Definition der Erscheinung als „unbestimmter Gegenstand einer empirischen Anschauung“ (B 34) zurück.

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  85. Vgl. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 159-166. Dies hängt damit zusammen, daß Relationskategorien „allein es sind, deren Anwendung zur Deutung der Erscheinungen und damit zu Erfahrungsurteilen führt“ (a.a.O., 163).

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  86. Vgl. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 169 f.

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  87. Vgl. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 198 ff.

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  88. Vgl. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 207, 226. Prauss weist dann von diesen „Es scheint …“-Urteilen nach, daß sie die von ihm genannten drei Kriterien für Wahrnehmungsurteile alle erfüllen.

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  89. Im Kap. III, 8, 1 und im IV. Abschnitt dieser Arbeit werden Argumente entwickelt, die eine noch weitgehendere Rücknahme der These von der gegenstandskonstitutiven Funktion der reinen Verstandesbegriffe angemessen erscheinen lassen. Dort soll die gegenstandskonstitutive Funktion der erfahrungsgewirkten Typen und der phänomenologischen Entsprechung der Wahrnehmungsurteile (d.h. die assoziativen Erwartungsintentionen) herausgearbeitet werden.

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  90. Es ist ein eigenes umfangreiches Thema, zu untersuchen, welches der Werke Humes, der Übersetzungen oder sekundärer Werke zu der ‘Erweckung’ Kants geführt haben kann und welches die Grundlage von Kants Kenntnissen der Humeschen Philosophie war. Vgl. hierzu N. Kemp Smith: A Commentary to Kants ‘Critique of Pure Reason’. London 1923, xxvii ff. Kant war Humes Treatise höchstens stückweise bekannt (vgl. dazu A. Riehl, Der philosophische Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft. 1 Bd., Leipzig 1876, 69 f. Gesichert scheint dagegen, daß sich in Kants Nachlaß die Übersetzung der Untersuchungen über den menschlichen Verstand von 1755 fand. (Ausgabe: Herrn David Hume, Esq. Vermischte Schriften. 4 Bände. Hamburg und Leipzig 1754-1756, darin die Philosophische Versuche über die menschliche Erkenntnis von David Hume. Als dessen vermischte Schritte zweyter Theil. Nach der zweyten vermehrten Ausgabe aus dem Englischen übersetzt und mit Anmerkungen des Herausgebers begleitet. Hamburg, Leipzig 1755). Vgl. dazu Verzeichnis der Bücher des verstorbenen Professor Johann Friedrich Gensichen,-wozu auch die demselben zugefallenen Bücher des Professor Kant gehören, Königsberg 1908, 14 (vgl. hierzu auch B. Erdmann, Kant und Hume um 1762. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 1 (1888), 66-77). R.P. Wolff bietet eine nützliche Untersuchung darüber, was Kant über Humes Ansatz auf dem Weg der Übersetzungen des populären Hume-Kritikers Beattie erfahren haben kann, vgl. R.P. Wolff, Kant’s Dept to Hume via Beattie, in: Journal of the History of Ideas 21 (1960), 117-123. Kant kannte die Schrift von Beattie, der seinerseits ausgiebig Hume zitierte (AA IV, 258 f.). Als weitere Quelle kommt die anonyme Übersetzung des existentiellen Schlußteils von Buch I durch J. G. Hamann in Frage (Nachtgedanken eines Zweiflers. In: Königsbergsche gelehrte und politische Zeitung, Beylage zum 53. Stück, 5.6.1771 und zum 55. Stück vom 12.6.1771. Jetzt in: J.G. Hamann: Sämtliche Werke. Bd. IV. Kleine Schriften 1750-1788. Hrsg. v. J. Nadler, Wien 1952, 364-367). Zu bemerken ist noch, daß es einige aufschlußreiche Übereinstimmungen zwischen Kants Texten und dem Treatise gibt. Vgl. hierzu B. Erdmann, Kant und Hume um 1762. A.a.O., 62-77, B. Bauch, Parallelstellen bei Hume und Kant. In Kant Studien 19 (1914), 521-523 und K. Groos, Hat Kant Hume’s Treatise gelesen? In: Kant-Studien 5 (1901), 177-181. Weitere Hinweise auf Kants Kenntnis des Treatise und dafür, daß seine ‘Erweckung’ auf dieses Werk zurückzuführen ist, bietet die ausgezeichnete Studie von G. Gawlick/L. Kreimendahl, Hume in der deutschen Aufklärung. Umrisse einer Rezeptionsgeschichte. Stuttgart-Bad Cannstatt 1987, 174-198.

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  91. Es ist fraglich, ob Kants Erweckung durch den Einfluß Humes wirklich buchstäblich zu verstehen ist und historisch situierbar ist. So arbeitet z.B. W. Carl heraus, daß es bei Kant zwei ganz verschiedene Darstellungen seiner ‘Erweckung’ gibt. Vgl. W. Carl, Der schweigende Kant. Göttingen 1989, 149 f.

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  92. Vgl. hier Kap. 1, 3 und 1, 4

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  93. G. Prauss folgend könnte man hier sagen, Kategorien dürfen wohl vorkommen, aber nicht ‘angewandt’ sein. Vgl. G. Prauss: Erscheinung bei Kant. A.a.O., 161-166 und L. W. Beck: Hatte der Philosoph von Königsberg keine Träume? In: Akten des 4.Internationalen Kant-Kongresses (Mainz 1974), Bd. III, Berlin 1974, 34-37.

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  94. Vgl. z.B. „unter die jede Wahrnehmung allererst subsumiert“, AAIV, 297, „unter dem die Wahrnehmung subsumiert ist“, AA IV, 298. „Nun wird, ehe aus einem Wahrnehmungsurteil ein Urteil der Erfahrung werden kann, zuerst erfordert, daß die Wahrnehmung unter einem dergleichen Verstandesbegriffe subsumiert werde“ (AA IV, 300 f.).

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  95. Nur insoweit folgen wir der Deutung von G. Prauss. Wir werden aber seinen Weg, eine für diese Absicht zureichende Formulierung (‘Es scheint …’ oder ‘Mir scheint …’) zu bieten, nicht beschreiten. Vgl. G. Prauss: Erscheinung bei Kant. A.a.O., 198 ff. Prauss versucht unter anderem, die von Kant angestrebte, aber nicht gefundene Formulierung durch Weglassen der näheren Umstände der Wahrnehmung zu finden, vgl. Prauss, a.a.O., 190.

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  96. Vgl. die deutlichen Hinweise AA IV, 305 „(nachdem sie durch Vergleichung allgemein gemacht wurden)“; AA IV,300 „bloß die Wahrnehmungen vergleiche“; AA IV, 301 „durch Vergleichung“. Sehr deutlich spricht Kant auch von „Erkenntnis der Übereinstimmung […] der Erscheinungen untereinander“ (AA IV, 307).

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  97. Vgl. R 2839, R 2854, R 2876 und auch AA IX, §§ 5-6, dazu R. Stuhlmann-Laeisz: Kants Logik. Berlin 1976, 82 f.

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  98. Vgl. R 2876 „Es ist nicht immer Vergleichung mit anderen nötig, um einen allgemeinen Begriff zu bekommen“ und R 2878.

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  99. Vgl. AA IV, 312: „daß auf eine gewisse Erscheinung eine andere (obgleich nicht umgekehrt) beständig folgt“ und AA IV, 305, Anm.*: „Erfahrung lehrt mir etwas […], z.B. daß auf die Beleuchtung des Steins durch die Sonne jederzeit Wärme folge“. Das „jederzeit“ kann hier nicht als ‘allgemein und notwendig’ im Sinne der Kategorie verstanden werden, da es sich um etwas handeln soll, was mich die Wahrnehmung allein lehren kann.

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  100. Es ist m. W. noch nicht untersucht worden, ob Kant hiermit auf die beiden Modifikationen (rot und schwarz) des QuecksiIber(II)sulfids, d.h. des Zinnobers, anspielt.

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  101. G. Prauss sieht dagegen die Sache der Wahrnehmungsurteile in der 1.Auflage in der Synthesis der Rekognition enthalten. Vgl. Erscheinung bei Kant. A.a.O., 157 ff. Nach Prauss hat Kant in der 1.Auflage das „besondere Bewußtsein der Wahrnehmung“, das die Wahrnehmungsurteile ausdrücken unter dem Titel der Rekognition „ganz einseitig mit der Erfahrung zusammenfallen“ lassen.

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  102. Hinweise auf die Nähe der Wahrnehmungsurteile zur Assoziation bietet z.B. H. Hoppe, Synthesis bei Kant, Berlin 1983, 29 ff., 92 u.ö. Diese Interpretation findet sich bereits bei W. Zschocke (Über Kants Lehre vom Schematismus der reinen Vernunft. In: Kant-Studien 12, 1907, 186 ff.). Zschocke arbeitet heraus, daß die Vorstellungsbeziehung z.B. zwischen Druck und Schwere im Wahrnehmungsurteil nicht objektiviert werden soll, sondern daß nur festgehalten werden soll, daß sie in dem Bewußtsein eines Individuums vorhanden ist. Wahrnehmungsurteile sind für P. Baumanns wohl assoziationsfundiert, dennoch gilt ihre’ subjektive Gültigkeit’ nicht vom Subjekt, sondern für das Subjekt. Sie sind keineswegs als Rechenschaftsbericht über das erkennende Subjekt seiner empirisch-psychologischen Seite nach zu verstehen (Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant, a.a.O., 33, Anm.7; 33, Anm. 8). — In einem gewissen Gegensatz dazu scheint Baumanns spätere Charakterisierung des Wahrnehmungsurteils als „Humesches Gewohnheitsurteil“ zu stehen, „Dieses Urteil artikuliert ein Spiel, das die assoziationsgesetzlich bestimmte Einbildungskraft mit meinen Vorstellungen treibt“, vgl. P. Baumanns, Kants transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe (B). Ein kritischer Forschungsbericht. In: Kant Studien 83 (1992), 194. Auch K. Düsing bietet eine Analyse der Vorstellungsassoziationen als eine Form des Erlebens subjektiver Zeit bei Kant, hiermit bezieht er sich implizit auch auf die Wahnehmungsurteile. Vgl. K. Düsing, Objektive und subjektive Zeit. Untersuchungen zu Kants Zeittheorie und zu ihrer modernen kritischen Rezeption. In: Kant Studien 71 (1980), 19-27. In unserem Beitrag soll dagegen gezeigt werden, daß Wahmehmungsurteile nicht nur Veranlassung sein können, überhaupt zu urteilen, sondern auch möglicher Grund dafür sind, gerade so zu urteilen. Wir bemerken in ihnen unsere Neigung, in der ‘Richtung’ zu urteilen, die die Assoziation angibt. Sie wären demnach auch eine Art Rechenschaftsbericht über unsere Neigung (Dispositionslage, Zustand), in bestimmter ‘Richtung’ zu objektivieren. H. Wagners Hinweis auf den Humeschen Hintergrund von Kants Theorie der Wahrnehmungsurteile würdigt sie in erster Linie als einen gelungenen Einfall Kants zur erneuten Darstellung seiner Lehre. Vgl. H. Wagner, Ein blinder Fleck im Empirismus und ein Einfall Kants. In: Sinnlichkeit und Verstand in der deutschen und französischen Philosophie von Descartes bis Hegel. Bonn 1976, S. 151-166

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  103. Vgl. hierzu die Fortsetzung des letzten Zitats: „welches soviel sagen will, als, diese beiden Vorstellungen sind im Objekt, d.i. ohne Unterschied des Zustandes des Subjekts, verbunden, und nicht bloß in der Wahrnehmung (so oft sie auch wiederholt sein mag) beisammen.“ (B 142). Die Relativität aufs jeweilige Subjekt und dessen jeweilige Konstitution und Lage wird auch R 3051 erwähnt. Vgl. ebenfalls R 3056.

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  104. Diese Passage des Dialoges Akiphron (G. Berkeley: Alciphron. Übers, und hrsg. von L. Raab und F. Raab, Leipzig 1915, § 9, 164 f.) soll die These belegen, daß die Gegenstände des Gesichtssinnes in keiner bestimmten Entfernung (eigentlich in gar keiner Entfernung) zum Wahrnehmenden stehen. Kant verwendet das Beispiel natürlich zu seinen eigenen Zwecken. Er erinnert am Ende der Reflexion 3145 aber auch an diese These Berkeleys, indem er dessen im gleichen Zusammenhang stehendes Beispiel des Mondes aufnimmt, der für uns augenscheinlich nur ein runder, unregelmäßig leuchtender Fleck in der Größe eines Sixpencestückes ist, und zwar in der Formulierung: „Ob im Monde lichte Puncte sich bewegen, oder in der Luft, oder in meinem Auge.“ Berkeleys Dialoge lagen schon 1737 in deutscher Übersetzung vor: Alciphron ou le petite Philosophe. Das ist: Schutz-Schrijft für die Wahrheit der Christlichen Religion, wider die so genannten starcken Geister in sieben Gesprächen verfasset. Nach dem Original und der Frantzösichen Übersetzung verdeutscht, […] vom Wigand Kahler, […]. Lemgo, gedruckt bei Johann Heinrich Meyern, 1737.

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  105. Damit haben wir allerdings schon auf Kants These von der Selbstaffektion vorgegriffen, die hier erst im Kapitel II, 10 behandelt wird. Zur näheren Ausführung muß auf die dort gebotene Untersuchung der Selbstaffektion bei Kant hingewiesen werden. Sie zeigt Kant als einen bewunderungswürdigen, scharfsichtigen und subtilen Deskriptor unserer Bewußtseinsereignisse und-funktionen.

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  106. Vgl. hierzu Kap. 1, 2 und 1, 3.

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  107. Vgl. dazu A 91/B 123 f. und A 112, wo Kant schreibt, daß uns die Erfahrung lehren kann, „daß auf eine Erscheinung gewöhnlichermaßen etwas anderes folge, aber nicht, daß es notwendig darauf folgen müsse“. Diese Regel nach Maßgabe der Gewohnheit ist eine „empirische Regel der Assoziation“.

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  108. Kant kritisiert an dieser Stelle eine Position, die allein von „eingepflanzten Anlagen“ (B 167 f.) ausgeht. Hierdurch wird der Bezug zu Hume etwas verdeckt, so daß A. Riehl (Der Philosophisch Kritizismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft. Bd.I, Leipzig 1876, 187 f.) Tetens als Adressaten vermuten konnte. Hume unterscheidet im Treatise (aber nicht im Enquiry) die Funktionen der Einbildungskraft, die dauernd, unwiderstehlich und allgemein sind von denjenigen, die veränderlich, schwach und unregelmäßig sind (vgl. T 295 f. Nur die ersten betrachtet ‘der Skeptiker’ als von der Natur „eingepflanzte Instinkte“ (E1 77 u.ö). Die zweiten sind in Erfahrungen erworben und veränderlich.

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  109. Man kann hierzu von den ersten Beispielen Kants in den Prolegomena absehen: „Das Zimmer ist warm. Der Zucker ist süß. Der Wermut ist widrig.“ (AA IV, 299). Sie sind unaufhebbar subjektiv und können nicht Erfahrungsurteile werden. Kant nennt sie auch „ästhetische Sinnenurteile“. Vgl. I. Kant, Erste Fassung der Einleitung in die ‘Kritik der Urteilskraft’, Hrsg. v. W. Weischedel, Frankfurt 1974, 36 f. und 43 (vgl. auch AA XX, 193-251).

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  110. Kant versucht in einigen Beispielen, die Umstände in die Formulierung der Wahrnehmungsurteile aufzunehmen, unter denen sich meine Assoziationsgewohnheiten zeigen. „Wenn ich einen Körper trage […]“, „Bei der Berührung des Ofens […]“. Hierin kann man eine Art Erfahrungsanleitung sehen, die sagt, bei welcher Gelegenheit ‘es mir so vorkommen konnte’, daß z.B. die Sonne den Stein erwärmt. In dieser Hinsicht scheint die Ausblendung der näheren Umstände durch G. Prauss (Erscheinung bei Kant, a.a.O., 190 f.) nicht zwingend zu sein. Im Ganzen ist sein Versuch, die Wahrnehmungsurteile als Ausdruck’ subjektiver Gegenstände’ anzusehen und sie in „Es scheint, daß …“-Urteile zu ‘übersetzen’ aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung. Sie wirkt jedoch wie eine lediglich nachträgliche’ subjektivierung’ des objektivierenden Ausdrucks durch den Zusatz „Es scheint mir, daß …“. Für Prauss sprechen die Wahrnehmungsurteile über Erscheinungen oder Empfindungen als Gegenstände, sie können „daher ebenso gut Erscheinungs- oder Empflndungsurteile heißen“. Vgl. Prauss, Erscheinung bei Kant, a.a.O., 152. Da in unserer Interpretation die Wahrnehmungsurteile nicht über singuläre Empfindungen sprechen, sondern über assoziative Vorstellungsverbindungen, können wir sie weder als Erscheinungs-noch als Empfindungsurteile begreifen.

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  111. Wie dies bereits bei der Analyse des Turm-Beispiels angedeutet wurde, vgl. hierzu weiter Kap. II, 10.

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  112. Vgl. hierzu auch Hume E1 68 ff., 81, 100 f.

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  113. Vgl. A 192-195/B 237-240 und A 196 f./B 242. Bei dem Beispiel des Schiffes das den Fluß hinabtreibt, ist die bemerkte subjektive Nötigung, „daß B auf A in der Apprehension nur folgen, die Wahrnehmung A aber auf B nicht folgen, sondern nur vorhergehen kann.“ (A 192/B 237), bzw. „daß ich die Apprehension nicht anders anstellen könne, als gerade in dieser Folge“ (A 193/B 238) das eigentliche Ausgangsphänomen. Sie ließe sich auch als Wahrnehmungsurteil formulieren.

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  114. Gerechterweise muß man jedoch auf die Differenz zwischen Kants Interpretation Humes und Humes eigenem Selbstverständnis hinweisen, welche sich aus der im I. Teil dieser Arbeit skizzierten sogenannten Kemp-Smith-Interpretation ergibt: Auch für Hume ist eine erworbenen Assoziation nicht einfach schon einer Erkenntnis gleichzustellen. Nur dann, wenn eine gegebene Anschauung, eine assoziative Verbindung und das ungestörte Agieren eines ‘Prinzips der menschlichen Natur’ (z.B. die instinktive Annahme der Gleichförmigkeit des Naturverlaufs) zusammenkommen, werden aus den assoziativen Verbindungen Erkenntnisse. In dieser Sicht erscheinen beide Konzepte wieder sehr ähnlich.

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  115. Vgl. R. Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie, Hamburg 1972, 4. Meditation ‘Über Wahrheit und Irrtum’.

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  116. A 58/B 83, A 709/B 737; AA IX, 54, 75. Vgl. auch G. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 39 (Anm.8), 65, 70-81. Prauss sieht, daß für Kant das eigentlich herausfordernde und verständlich zu machende ‘Faktum der Erfahrung’ viel eher die „mögliche Falschheit der empirischen Erkenntnis“ (a.a.O., 65) ist, als deren mögliche Wahrheit.

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  117. Ähnlich in der Jäsche-Logik: „in jedem irrigen Urtheile muß immer etwas Wahres liegen. Denn ein totaler Irrtum wäre ein gänzlicher Widerstreit wider die Gesetze des Verstandes und der Vernunft“ (AAIX, 54).

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  118. Vgl. G. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 70 ff. Prauss weist auch darauf hin, daß Kants Rückgriff auf den Schein auf den ersten Blick sogar wie ein Rückfall in die Abbildtheorie aussieht (A.a.O., 78).

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  119. Vgl. hierzu R 1676 und G. Prauss, Erscheinung bei Kant. A.a.O., 64 f., 70 ff.

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  120. Dasselbe Modell findet sich R 2244, wo Kant die Bewegung im luftleeren Raum und die in der Luft einander gegenüberstellt. Vgl. auch R 2259.

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  121. Vgl. die Ausführungen über das ‘äußere Kriterium der Wahrheit’ hier Kap. II, 3, c).

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  122. Für eine genauere Datierung der Nachschrift (K.H.L. Poelitz, Vorlesungen Immanuel Kants über die Metaphysik zum Drucke befördert, Erfurt 1821, AA XXVIII) gibt es nur wenig Hinweise. Max Heinze (Vorlesungen Kants über Metaphysik aus drei Semestern. In: Abhandlungen der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Phil.-hist. Classe 14, Leipzig 1894, S. 516 ist der Ansicht, daß die Vorlesung nicht vor dem Tod von Crusius 18.10.1775 verfaßt sein kann, weil Kant von ihm spricht, („Crusius hat von solchen Schwärmereien den Kopf voll gehabt“ AA XXVIII, 233) als ob er bereits verstorben sci. P. Menzer nimmt als Entstehungszeit 1778/79 oder 1779/80 an (Der Entwicklungsgang der Kantischen Ethik in den Jahren 1760–1785. In: Kant-Studien 3 (1899), S. 64 f.). W. Carl führt vor allem inhaltliche Gründe dafür an, daß sie in der Zeit zwischen dem Wintersemester 1777778 und dem Erscheinen der 1. Auflage der Kritik verfaßt sein müssen. Kant geht in ihr vor allem auf J.N. Tetens’ Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwicklung (Leipzig 1777) ein. Vgl. W. Carl, Der schweigende Kant. Göttingen 1989, 117 ff.

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  123. Vgl. dazu die Tätigkeit des Verstandes, der „jederzeit geschäftig“ ist, „die Erscheinungen in der Absicht durchzuspähen, um an ihnen irgendeine Regel aufzufinden“ (A 126). Den triebhaften Charakter der einzelnen Vermögens-Tätigkeiten betont Kant auch bei anderen Gelegenheiten z.B. als „Begierde zum Erkenntnis“ R 2242, „Trieb, Begriffe zu vergleichen“, „Trieb, sie zu verbinden“ R 2244.

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  124. Vgl. den Hinweis auf die Behandlung des An-Scheins in der Metaphysik Poelitz bei P. Baumanns, Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant, a.a.O., 31f.

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  125. Problematische Hypothesen dienen dazu, „den Verstand bei seinen Nachforschungen zu leiten“ (AA IX, 75).

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  126. Die zentrale Formulierung der Jäsche-Logik, daß ich mir in einem vorläufigen Urteilen bewußt bin, „daß zwar mehr Gründe für die Wahrheit einer Sache, als wider dieselbe da sind“ (AA IX, 74) scheint mir aus diesem Grund irreführend zu sein. R 2506 und R 2511 deuten mit dem Hinweis auf ein Gleichgewicht („aequilibrum“) und R 2480 (auch R 2450) mit dem Hinweis auf ein „Übergewicht“ wohl auf die Tatsache hin, daß in vielen Fällen diesem Übergewicht (der nicht hinreichenden Gründe) gemäß vorläufig geurteilt wird. Dies ist jedoch kein allgemein gültiges Charakteristikum vorläufiger Urteile. Der Grund für die Zurückhaltung des endgültigen Urteils ist also nicht immer eine Vorsichtsmaßnahme bei ansonsten eindeutiger Präferenz, wie es die Jäsche-Logik nahelegt („Wer aber seinen Beifall oft hat zurücknehmen müssen […]“, AA IX, 74, vgl. auch R 2507).

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  127. Das vorläufige Urteil ist „ein mit Bewußtsein bloß problematisches Urtheilen“ (AA IX, 74).

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  128. Meinen ist für Kant „ein mit Bewußtsein sowohl subjektiv, als objektiv unzureichendes Fürwahrhalten.“ und ein „problematisches Urteil“ (A 822/B 850). „Ein mit Bewußtseyn unzureichendes Vorwahrhalten ist meynen“ R 2450, vgl. auch R 2459, R 2474, R 2477 und R 2492.

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  129. Die in der Jäsche-Logik zu findende Frage: „Ob das Wollen einen Einfluß auf unsere Urtheile habe?“ (AA IX, 73) bezieht sich wohl auf diesen Zusammenhang, vgl. R 2508.

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  130. „Bey der Meinung ist man noch frey“ (R 2449), vgl. auch R 2463. Diese Freiheit der Meinung gibt es aber nicht in jedem Gebiet. In „Urteilen aus reiner Vernunft“ und in der reinen Mathematik ist es ungereimt, zu meinen (A 822 f./B 850 f.).

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  131. Die Jäsche-Logik definiert Vorurteil in Abhängigkeit vom vorläufigen Urteil: „Vorurteile sind vorläufige Urteile, sofern sie als Grundsätze angenommen werden.“ (AA IX, 75). Diese Interpretation von Jäsche ist jedoch sehr fragwürdig. Hierbei widerstrebt der Charakter des bloßen ‘An-nehmens’ von Vorurteilen (wie auch bei dem vorläufig-problematischen Urteil) der Möglichkeit, daß aus ihnen Urteile entspringen können, die ihrerseits assertorisch sind (AA IX, 75). Diese unter Umständen irreführende Verbindung von Vorurteil und vorläufigem Urteil, die unbedingt eingeschränkt werden muß, entnimmt Jäsche wohl R 2538: „Vorläufige Urtheile als Grundsätze sind Vorurtheile.“ Kant bezieht sich hier auf Fälle, in denen aus Maximen, ohne Überlegung zu urteilen, ‘nützliche Vorurteile’ werden können: „Es gibt gute maximen Vorläufiger Urtheile, welche aber nicht Grundsatze bestimmender Urtheile werden müssen.“ (R 2525). Daß sie nicht „Grundsatze bestimmender Urtheile werden“, heißt wohl, daß sie vorläufig-problematische Urteile hervorbringen. Das tun Vorurteile jedoch in der Regel nicht. Kant gibt einige Beispiele: Wenn eine ansonsten vernünftige Person offenbar ungereimtes redet, ist es besser, vorzugeben, daß man sie nicht versteht (R 2525, R 2564). Kant nennt dies auch ein „Vorläufiges Urtheilen zum Vorteil anderer“ (R 2564). Ebenso sollte man Gerüchten keinen Glauben schenken (R 2525). „Nützliche Vorurteile’ sind z.B. Klugheitsregeln, die gegen die voreilige Zustimmung zum Urteil anderer warnen. Kant nennt sie auch „kluge Vorurteile“ (R 2516) und sieht selbst, daß sie nicht im vollen Sinne Vorurteile heißen können (R 2517). Man muß betonen: Nur „Zuweilen sind die Vorurteile wahre vorläufige Urtheile“ (AA IX, 75; vgl. auch AA XXIV, 548), aber eben nur in wenigen Fällen. Nur diese Ausnahmen können „Grundsätze richtiger Vorläufiger Urtheile“ (R 2540, „gute maximen Vorläufiger Urtheile“, R 2525) werden. Nur für diese — also keineswegs allgemein, wie Jäsche suggeriert — gilt R 2538: „Vorläufige Urtheile als Grundsätze sind Vorurteile.“ Allgemein gilt: „Vorläufig urtheil ist nicht das Vorurtheil, sondern ist eine Behutsamkeit, um solches zu vermeiden.“ (R 2523).

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  132. K. Düsing weist darauf hin, daß auch die dunklen Vorstellungen von Kant als eine Erscheinungsform des Erlebens subjektiver Zeit verstanden werden (vgl. Objektive und subjektive Zeit. Untersuchungen zu Kants Zeittheorie und zu ihrer modernen kritischen Rezeption. In: Kant Studien 71 (1980), 22-25).

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  133. Vgl. G.W. Leibniz, Betrachtungen über die Erkenntnis, die Wahrheit und die Ideen. In: Hauptschriften zur Grundlegung der Philosophie. Bd.I, Übers, v. A. Buchenau, Hrsg. von E. Cassirer, Leibzig (1903), S. 22 ff. (Gerhardt, IV, 422 f.).

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  134. Einfache Vorstellungen, die keine Vielheit von Merkmalen in sich enthalten, können deutlich sein. Wenn zusammengesetzte Vorstellungen Teilvorstellungen enthalten, die wohl klar, aber verworren sind, sind sie zwar deutlich, aber inadäquat. Wenn jede Teilvorstellung eines deutlichen Begriffs wiederum deutlich ist, ist die Vorstellung adäquat. Vgl. Leibniz, Betrachtungen über die Erkenntnis, die Wahrheit und die Ideen. A.a.O., 24.

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  135. Vgl. Meier, Auszug aus der Vernunftlehre, 195, in AA XVI, 322. Weiter heißt es hier: „Die dunkle Erkentniss ist das Chaos in der Seele, der rohe Klumpen Materie, den die schöpferische Kraft der Seele bearbeitet, und aus welchem sie nach und nach alle klare Erkentniss zusammensetzt. Ohne dunkle Erkenntnis könnten wir gar keine klare Erkenntnis haben […]“.

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  136. Vgl. G.F. Meier, Auszug aus der Vernunftlehre. A.a.O., § 124.

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  137. Damit weicht er von seiner Festlegung in der Kritik ab, daß es nicht auf das Bewußtsein einer Vorstellung ankommt, ob sie klar genannt werden kann oder nicht. Vgl. B 414, Anm.*.

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  138. Diese Klasse von Beispielen ist recht nahe bei Leibniz Konzeption der sogenannten ‘kleinen Perzeptionen’, die der Geist nicht bemerkt, weil er sie nicht alle deutlich machen kann. Vgl. z.B. G.W. Leibniz, Betrachtungen über die Erkenntnis, die Wahrheit und die Ideen. A.a.O., 29 (Gerhardt, IV, 426).

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  139. Dieses Argument findet sich z.B. in der Logik Philippi anhand der kleinen Käsemade erläutert: „Denn gesetzt, ich hätte keine Augen, keinen Kopf, keine Ringeln gesehen, so hätte ich gar nichts gesehen.“ (AA XXIV, 410). Zu dieser Klasse von Beispielen und zu möglichen Wegen, die unmittelbar nicht bewußten Erkenntnisse mittelbar bewußt zu machen, vgl. auch die Logik Blomberg AA XXIV, 118 f. und Logik Philippi AA XXIV, 409 ff.

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  140. Kant hebt die Gefahren der Selbstbeobachtung deutlich hervor, sie „ist entweder schon eine Krankheit des Gemüths (Grillenfängerei) oder führt zu derselben und zum Irrhause.“, vgl. AA VII, 134.

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  141. Kant schreibt zu dieser Möglichkeit: „mithin können uns allerdings Gegenstände erscheinen, ohne daß sie sich notwendig auf Funktionen des Verstandes beziehen müssen, und dieser also die Bedingungen derselben a priori enthielte“ (A 89/B 122), „ohne Funktionen des Verstandes können allerdings Erscheinungen in der Anschauung gegeben werden“ (A 90/B 122) und „es könnten wohl allenfalls Erscheinungen so beschaffen sein, daß der Verstand sie den Bedingungen seiner Einheit gar nicht gemäß fände“ (A 90/B 123).

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  142. Vgl. D. Henrich, Die Beweisstruktur von Kants transzendentaler Deduktion, in: G.Prauss (Hrsg.), Kant, Köln 1973, 93 f. Auch für P. Baumanns (Grundlagen und Funktion des transzendentalen Schematismus bei Kant, a.a.O.) liegt der „Schlüssel zum Verständnis des Schematismus“ (a.a.O., 57) in dem Einschränlcbarkeits-Wesen der Vorstellungen von Raum und Zeit. Durch die Hereinnahme in die einheitliche Anschauung „überträgt sich“ auf alle empirischen Vorstellungen „das kausale und überhaupt kategoriale Gepräge der Zeit“ bzw. des Raumes (a.a.O., 35). Auf diese Weise erhalten alle empirischen Anschauungen eine „elementare Rationalität“ (a.a.O., 57). Die produktive Einbildungskraft macht das sinnlich Gegebene durch Einordnung in vorgegebene Einheit zum möglichen ‘Fall-eines-Begriffes’ (a.a.O., 38).

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  143. Ich möchte bereits hier darauf hinweisen, daß die Vorstellung eines unendlichen, einheitlichen und zusammenhängenden Raumes (d.h. die formale Anschauung), die zudem aller konkreten Raumerfahrung vorangehen muß und Vergleichbarkeit, Verbindbarkeit, Reproduzibilität und sogar Kategoriengeftlgigkeit des Mannigfaltigen im Voraus garantiert, eine sehr starke, idealisierende Voraussetzung ist, die aber als solche hier noch nicht kritisiert werden soll.

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  144. Zum Verhältnis von subjektiver Folge und objektiver Folge, die eventuell auch eine Umordnung erfordert, vgl. K. Düsing, Objektive und subjektive Zeil. In: Kant-Studien 71 (1980), 10, 19 f., 27.

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  145. Natürlich könnte man hier kritisch über Kant hinausgehend fragen, ob diese Funktion unbedingt von einem Allgemeinbegriff ausgefüllt werden muß. Wir sahen bereits, daß immer nur Schemata auf Anschauung anwendbar sind. Vgl. die Ausführungen über die weitgehende Parallele der Funktion der Schemata empirischer Begriffe und der empirischen Typen Husserls, Kap. HI, 6, d).

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  146. Die Apprehension soll die „neue Vorstellung“ „nach und nach“ erst erzeugen (A 103). Die Verwendung des Ausdrucks „nach und nach“ (dreimal A 103) verweist darauf, daß der gesamte Akt in Teilakte unterschieden werden kann.

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  147. Vgl. hier Kap. II, 2.

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  148. Kant erläutert diesen Begriff von Notwendigkeit mit dem empirischen, aposteriorischen Urteil ‘Körper sind schwer’, welches nicht behaupten will, daß die beiden Vorstellungen in der empirischen Anschauung notwendig zusammengehören, sondern nur, daß dieses Urteil den Anspruch der Objektivität erhebt. Vgl. B 142, AAIV, 305, Anm.*.

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  149. Vergleichbare ‘realistisch’ klingende Formulierungen sind: „Die Wirkung eines Gegenstandes auf die Vorstellungsfähigkeit, sofern wir von demselben affiziert werden, ist Empfindung.“, A 19 f./B 34. Anschauung enthält nur die Art, „wie wir von Gegenständen affiziert werden“, A 5 l/B 75. Anschauungen sind Vorstellungen die „unmittelbar von der Gegenwart des Gegenstandes abhängen würden“, AA IV, 281. Vgl. dagegen die Äußerungen, daß wir „außer unserer Erkenntnis doch nichts haben, welches wir dieser Erkenntnis als korrespondierend gegenübersetzen könnten“ (A 104) und, daß wir es „doch nur mit unseren Vorstellungen zu tun“ haben (A 190/B 235).

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  150. Man wird hier an Hume erinnert, für den die Impressionen der Sinnlichkeit „aus unbekannten Ursachen“ (T1 17) entstehen.

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  151. Vgl. A 320/B 369: „Eine Perception, die sich lediglich auf das Subjekt, als die Modifikation seines Zustandes bezieht, ist Empfindung (sensatio)“. Kant bezeichnet diese Folge meiner Zustande auch als ein „Gewühle von Erscheinungen“ (A 111). Man kann gegen die Ansicht, daß Anschauungen noch keinen bleibenden Gegenstand haben, die Aussage anführen „Alle Vorstellungen haben, als Vorstellungen, ihren Gegenstand“ (A 108). Aus dem Kontext ergibt sich jedoch, daß es sich bei dem Gegenstand der Anschauungen um den, von uns zu ihnen hinzugedachten transzendentalen Gegenstand handelt. Im unmittelbaren Anschluß heißt es: „Nun sind aber diese Erscheinungen […] selbst nur Vorstellungen, die wiederum ihren Gegenstand haben, der also von uns nicht mehr angeschaut werden kann, und daher der nichtempirische, d.i. transzendentale Gegenstand = X genannt werden muß.“ (A 109).

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  152. Auch die Anschauungen selbst können in einer reflexiven Rückwendung auf unser Bewußtseins-leben als Gegenstände thematisiert und damit auch objektiviert werden. Kant sagt, „daß Erscheinungen selbst nichts als sinnliche Vorstellungen sind, die an sich, in eben derselben Art, nicht als Gegenstände (außer der Vorstellungskraft) müssen angesehen werden“ (A 104). Sie können aber objektiviert, d.h. gegenständlich thematisiert werden (Gegenstände ‘in der Vorstellungskraft’). Erscheinungen sind dann’ subjektive Gegenstände’, und als solche hat sich auch Kant mit ihnen beschäftigt. Vgl. G. Prauss, Erscheinung bei Kant, a.a.O., S. 32 ff., 73 ff.

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  153. Zu den verschiedenen Fassungen des Gleichartigkeitsbegriffs, vgl. hier Kap. II, 4, b). In erster Linie bezieht sich die Darstellung im Schematismuskapitel auf die Vermittlung der Kategorien. Erst als schematisierte Kategorien sind sie anschauungs-vergleichbar. Jedoch bedürfen auch die rein sinnlichen Begriffe der Geometrie und Arithmetik und die empirischen Begriffe bedürfen jedoch der vermittelnden Schemata.

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  154. Diese Formulierung gehört wohl zu den Stellen der Kritik, an denen Kant einen eher metaphorischen Gebrauch von dem Begriff ‘Bild’ macht, nämlich in Sinn einer Darstellung eines Gegenstandes aus gegebenen Anschauungen, vgl. A 120 f.

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  155. Vgl. A 192 f./B 237 f. Es dient in diesem Kontext dazu, die Notwendigkeit der Zeitzuweisung in der Apprehension bei der Anwendung von Relationskategorien zu erläutern.

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  156. Neben anderen hat M. Heidegger (Kant und das Problem der Metaphysik, 4.Auflage, Frankfurt 1973) auf die Differenz hingewiesen, die zwischen der 1.Auflage, die die Einbildungskraft als eine der drei Erkenntnisquellen nennt, und der 2.Auflage besteht, die sie eher unter das Verstandesvermögen rechnet, so daß nur noch zwei Vermögen bezeichnet werden. Er deutet dies als Zurückweichen oder Abkehr vor dieser „unbekannten Wurzel“ (a.a.O., 155, vgl. auch 159, 161, 163), die Kant „schreckte“ (a.a.O., 162). Seine These, daß die transzendentale Einbildungskraft in der 2. Auflage „nur noch dem Namen nach da“ ist (a.a.O., 158) kontrastiert jedoch bereits merkwürdig mit seiner wiederholten Feststellung, daß ihre ‘Funktion’ weiterhin unentbehrlich blieb (a.a.O., 155, 158). — Auch H. Böhme/G. Böhme (in: Das Andere der Vernunft. Frankfurt 1983, 233-274) haben Hinweise dafür gesammelt, warum die Einbildungskraft den Menschen des ausgehenden 18.Jahrhunderts schrecken konnte. — Im Verlauf der hier vorgelegten Diskussion wird dagegen deutlich werden, daß Kant bei der neuerlichen Konzentration der B-Deduktion auf die konkreten Leistungen der Einbildungskraft in der Wahrnehmung nicht nur weiterhin auf den Leistungen der Einbildungskraft in Form der zunächst rätselhaften synthsis speciosa aufbaut, sondern — zumindest im Hinblick auf die Klarheit des Selbstverständnisses — auch in entscheidender Weise über den Stand der A-Deduktion hinausgeht.

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  157. Hiermit soll nicht in die Diskussion um den Aufbau der transzendentalen Deduktion in der 2.Auflage der Kritik eingegriffen werden. Zum Stand der Forschung vgl. P. Baumanns, Kants transzendentale Deduktion der reinen Verstandesbegriffe (B). Ein kritischer Forschungsbericht. In: Kant-Studien 82 (1991), 329-348,436-455 und Kant-Studien 83(1992), 60-83,185-207.

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  158. Vgl. hier Kap. II, 9, a)

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  159. Aus der Literatur zur Rolle der Einbildungskraft bei Kant seien besonders erwähnt: H. Mörchen, Die Einbildungskraft bei Kant, Tübingen 1970, E. Schaper: Kant on Imagination. In: The Philosophical Forum 2 (1970/71), 430-445, J. M. Young, Kants View of Imagination, Kant-Studien 79 (1988), 140-164 und R. A. Makkreel, Imagination and Interpretation in Kant, Chicago 1990.

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  160. Nicht nur die Einbildungskraft kann einen Gegenstand ‘auch ohne dessen Gegenwart’ anschaulich präsentieren, sondern auch die Erinnerung (vgl. AA VII, 167).

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  161. G. Prauss hat das Deuten von Empfindungen als Gegenstände als das Kantische Modell des Erkennens herausgearbeitet (Einführung in die Erkenntnistheorie. Darmstadt 1980, 66-115), wenngleich Kant selbst noch nicht zum vollen Verständnis der eigenen Intentionen durchgedrungen sci (a.a.O., 85). Prauss’ Interpretation befindet sich wiederum in großer Nähe zu Husserls Modell der Auffassung von vorgegebenen Inhalten.

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  162. Kant beschreibt den Traum als unwillkürliches Spiel der Einbildungskraft, welches im Schlaf an die Stelle der animalischen Bewegungen tritt. Er betont durch eine spekulative Überlegung die große Bedeutung, die er dieser Tätigkeit beimißt. Ohne sie könnte „das Leben sich nicht einen Augenblick erhalten“ (AA VII, 105 f.), ansonsten würde der „tiefste Schlaf zugleich den Tod mit sich führen“ (AA VII, 175).

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  163. Kant greift für die Klärung der Herkunft dieser chimärischen Elemente unserer Wahrnehmung auf eine Theorie zurück, die er Descartes zuschreibt. Alle Vorstellungen der Einbildungskraft werden von „gewissen Bewegungen in dem Nervengewebe oder Nervengeiste des Gehirns begleitet“ (ideas materielles), die derjenigen Bewegung ähnlich sind, welche der sinnliche Eindruck machen kann, wovon das Bild der Einbildung eine „Copie“ ist (AA II, 345). Vgl. Descartes Le Passions de l’Ame, Art. 21, 26, 34. Den sensus communis, der für Descartes seinen Sitz in der Zirbeldrüse hat, d.h. dem Organ, welches die Reizungen empfängt, bezeichnet auch Kant als „Sensorium der Seele“ (AA II, 339, Anm.*). Der sinnliche Eindruck hinterläßt eine bleibende ‘Kopie’ in der Erinnerung bzw. Einbildung. Diese können wir willentlich in der Erinnerung aktivieren. Diese Bilder der Einbildungskraft nennt Kant daher auch „copierte Bilder“ (AA II, 347). Er spricht auch vom „Schattenbild“ (AA II, 346) und stellt „Urbild und Schattenbild“ gegenüber (AA II, 343). Descartes spricht von „Abbild der Empfindung“ und „Schatten“ der Wahrnehmungen, vgl. a.a.O., Art. 21, 26, 34.

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  164. Beide Ausdrücke sind nicht in jedem Kontext gleichbedeutend. Das Adjektiv speciosus bedeutet (Georges) unter anderem wohlgestaltet, schön, prächtig, durch äußeren Schein blendend; species kann Bild, Anblick, Aussehen, Gestalt, Äußeres, Erscheinung, Traumbild, Vision, Schein, Anschein und Blendwerk bedeuten. In R 2247 (1773-75) wird species als’ schein’ verstanden. Für Kant war dieser Sinn von speciosus sehr gebräuchlich, wie sich z.B. aus einer lateinischen Rede vom Februar 1777 ergibt (Vgl. A. Warda: Eine lateinische Rede lmm. Kants als außerordentlichen Opponenten gegenüber Johann Gottlieb Kreutzfeld. In: Altpreussische Monatsschrift Bd. 47 (1910), 662-670 und die Übersetzung von B. A. Schmidt, Eine bisher unbekannte lateinische Rede Kants über Sinnestäuschung und poetische Fiktion. In: Kant-Studien 16 (1911), 5-21). Im Kontext der vorkritischen Untersuchungen der dichterischen Einbildungskraft ließe sich ein Ausdruck wie synthesis speciosa durchaus als „täuschende Einbildung“, „Blendwerk“ oder als „Selbstbetrug in den Empfindungen“ (AA II, 265) verstehen. In und nach der Kritik gebraucht Kant ihn synonym mit figürlicher Synthesis, wie z.B. die explizite Gleichsetzung (AA VII, 191) zeigt.

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  165. Um die Aufklärung eines solchen Normalstiles von ‘empirischen Vorzeichnungen’ hat sich E. Husserl in seiner Spätphilosophie bemüht. Vgl. z.B. Hua. XV, 207 und den I.Abschnitt von Erfahrung und Urteil.

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  166. Vgl. hierzu auch J. M. Young, Kant’s View of Imagination, in: Kant-Studien 79 (1988), 140-164.

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  167. Vgl. z.B. P. Baumanns, Kants Begriff des inneren und äußeren Sinnes, in: Akten des 5. Int. Kant-Kongresses. Mainz 1981, 91 f.

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  168. Eine andere Klasse von Schwierigkeiten, die dasselbe Prinzip verdeutlicht, könnten die Bestandteile eines wahrgenommenen Gegenstandes sein, die für mich nicht unterscheidbar sind, z.B. wenn ich einen Menschen aus großer Entfernung sehe (AA VII, 135). Ein Beispiel für diese mitgedachten, aber nicht unmittelbar bewußten Teilvorstellungen bietet Kant mit der kleinen Käsemade: „Denn gesetzt, ich hätte keine Augen, keinen Kopf, keine Ringel gesehen, so hätte ich gar nichts gesehen.“ (AA XXIV, 410).

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  169. Vgl. D. Lohmar: Wahrnehmung als Zusammenspiel von Schematisierung und figürlicher Synthesis. Überlegungen zur Leistung der Einbildungskraft bei Kant. In: Tijdschrift voor Filosofie 55 (1993), 100-129.

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  170. Es gibt einem dritten Kontext, der aber für unser Interesse wenig ergiebig ist (A 832 ff./B 863 ff.). Hier geht es Kant um die verschiedenen Prinzipien, die einer Wissenschaft Einheit geben können. Er unterscheidet technische und architektonische Einheit und bezeichnet das einheitgebende Prinzip gibt als „Schema“ und auch als „Umriß (monogramma)“.

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  171. Diese ‘im Mittel von vielen Bildern schwebende Zeichnung’ knüpft an den Streit um das anschaulich gegebene ‘allgemeine Dreieck’ an, gegen das Kant Stellung nimmt. „Dem Begriffe von einem Triangel überhaupt würde gar kein Bild desselben jemals adäquat sein. Denn es würde die Allgemeinheit des Begriffs nicht erreichen“ (A 141/B 180). Mit dem Hinweis auf den Durchschnitts-oder Idealtypus der Physiognomen könnte etwa die bekannte Verbildlichung der vier Temperamente (Phlegmatiker, Choleriker, Sanguiniker, Melancholiker, z.B. AA II, 219-225; AA VII, 286-291) z.B. bei J. C. Lavater (Physiognomische Fragmente. 4 Bände. Winterthur 1775 bis 1778) gemeint sein.

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  172. Der erste Teil dieses Ausdrucks läßt die platonische Vorstellung des Urbildes anklingen, der zweite Teil betont die Abhängigkeit von einem sinnlich Vorgegebenen, so daß man an die Platonischen’ schatten der Ideen’ denkt. Eine ähnliche Mischung von Mitbedeutungen findet sich in der Bezeichnung „Schattenbild ihrer Produkte“ (a.a.O.), in einem Kontext, in dem man eher ‘Urbild ihrer Produkte’ erwartet. Auch später bezeichnet Kant die ästhetische Idee als Archetypon und Urbild, das gestalthafte Produkt der künstlerischen Einbildungskraft als Ektypon und Nachbild (AA V, 322).

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  173. Auf die Verwandtschaft dieses Verfahrens mit der Bildung des Schemas durch die Einbildungskraft weist auch K. Düsing hin (Schema und Einbildungskraft in Kants Kritik der reinen Vernunft. In: Aufklärung und Skepsis. Hrsg. von L. Kreimendahl, Stuttgart 1995, 52 f.)

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  174. Auf einen solchen Versuch läuft z.B. A. Dürers Verfahren der geometrischen Zusammensetzung von Körpern mit Hilfe von Proportions-Tafeln hinaus, welches auch in den Zeichenschulen zu Kants Zeit bekannt war. Schon Leonardo da Vinci setzt Körper aus unterschiedlich großen und verschieden proportionierten Zylindern, Pyramiden, Kugeln usw. zusammen. Dann werden diese Elemente in ihrer unbiologischen Eckigkeit mit einer Art Haut überzogen, die die Ecken ‘rundet’. Man muß dann noch die Proportionen aller Bauelemente des Körpers in einer Liste zusammenstellen. Eine solche Liste für die Proportionen des menschlichen Körpers (groß, klein, dick, dünn, männlich, weiblich, …) bietet Dürers Proportionenlehre (vollst. Titel: Hierin sind begriffen vier bücher von menschlicher proportion durch Albrechten Dürer von Nürnberg erfunden und beschrieben zu nutz allen denen, so zu dieser kunst lieb tragen, Nürnberg 1528, Iat. Übers. 1532 und 1534, franz. Übers. 1557). Vgl. M. Steck, Dürers Gestaltlehre der Mathematik und der bildenden Künste. Halle 1948, 108. Auch flir die perspektivische Umkonstruktionen bereits gegebener Gestalten gibt Dürer Regeln und hilfreiche Gerätschaften an. Vgl. das Ende des 4.Buchs seiner Vnderweysung der messunglmit dem zirchel vn richtscheyt […] (1525) und dazu M. Steck, Dürers Gestaltlehre der Mathematik und der bildenden Künste. A.a.O., 78 f.

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  175. Mit ‘Fixpunkten’ ist hier das oben genannte, notwendig vorausgesetzte Gestaltbare in der Sinnlichkeit gemeint.

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  176. Ich sehe z.B. zwei aufeinander folgende astronomische Ereignisse und sehe zunächst das erste als Ursache und das zweite als Wirkung an. Beobachte ich dann eine Rotverschiebung des Lichts bei dem zweiten Ereignis, welche auf einen wesentlich ‘längeren Weg’ schließen läßt, den das Licht bereits zurückgelegt hat, schließe ich, daß das zuerst beobachtete Ereignis später stattgefunden haben muß und daher nicht als Ursache in Frage kommt.

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  177. Dieses Kantische Beispiel zeigt auch die Regionalität des Wahrnehmungsurteils, denn ein Bewohner jener südlichen Sommerquartiere würde eher behaupten: „Wenn die Störche kommen, wird es Winter“.

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  178. Die Situation ist vielleicht derjenigen Descartes in der 3. Meditation (ebenso in dem Gottesbeweis seiner Prinzipien der Philosophie) zu vergleichen, als er die Vorstellung Gottes in unserem Denken entdeckt und mit Hilfe des lumen naturelle mit einem neoplatonischen Argument schließt, daß sie nicht aus etwas weniger vollkommenem z.B. von uns selbst herstammen kann.

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Lohmar, D. (1998). Der Systematische Ort der Vorkategorialen Erfahrung in Kants Transzendentaler Korrespondenztheorie. In: Erfahrung und Kategoriales Denken. Phaenomenologica, vol 147. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-011-5120-7_3

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