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Die Elemente der Aristotelischen Metaphysik

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Book cover Die Ontologie Franz Brentanos

Part of the book series: Phaenomenologica ((PHAE,volume 172))

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Zusammenfassung

Bevor wir auf Brentanos Philosophie direkt eingehen werden, wollen wir in diesem Kapitel kurz die grundlegenden Thesen der Aristotelischen Metaphysik erörtern. Da die permanenten Verweise auf Aristoteles bei der Besprechung der Ontologie Brentanos auf jeden Fall unumgänglich sein werden, finden wir es zweckmäßig, die Hauptinformationen zu den relevanten Punkten seiner Metaphysik an einem Ort zu sammeln. Wir wollen dadurch dem Leser schon am Anfang einen Überblick über den begrifflichen Rahmen ermöglichen, in dem Brentano sein Philosophieren anfing und dessen viele Elemente er Zeit seines Lebens bewahrte. Die folgende Darstellung ist allerdings keineswegs als ein selbständiges und ausführliches Referat der ontologischen Position Aristoteles’ gedacht. Umso weniger werden in diesem Kapitel die einzelnen Thesen begründet und verschiedene Interpretationen der Aristotelischen Lehre diskutiert. Was folgt, ist eine synthetische und in vielen Punkten auch eher dogmatische Darstellung derjenigen Punkte der Aristotelischen Metaphysik, die für Brentanos Verständnis des Seienden ausschlaggebend waren. Es ist eine Einführung in die Lehre Brentanos, und als solche soll es auch gelesen werden.

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Literatur

  1. Die folgenden Sätze können z.B. sowohl von den allgemeinen Entitäten als auch von den Begriffen oder Prädikaten handeln: „Das Allgemeine ist das Gemeinsame. Denn was mehreren zukommt, nennen wir das Allgemeine.”, Aristoteles, Von den Teilen der Tiere, Buch I, Kap. 4, 644a 27; oder „[D]as Allgemeine […] ist mehrerem gemeinsam; denn eben das heißt ja allgemein, was seiner Natur nach mehreren zukommt.”, Metaphysik, 1038b 10-12.

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  2. Die bekannteste zeitgenössische Argumentation dieser Art finden wir in Strawsons Individuais (Strawson 1964).

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  3. Vgl. z.B. die Prozeßontologie in Whitehead 1929/1978, die „kombinatorische Tatsachenontologie” in Wittgensteins Tractatus (Wittgenstein 1922), die Situationsontologie in Barwise/Perry 1983 und in Wolniewicz 1985. Die Theorie der konkreten Individuen als Bündel von Universalien war für einige Perioden Russells charakteristisch. Die These, daß die konkreten Individuen Bündel von individuellen Eigenschaften sind, ist die orthodoxe Position im Rahmen der Tropenontologie.

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  4. Vgl. „Vereinfacht, was nicht mehr geteilt werden kann und somit eines der Zahl nach ist, wird von keinem Zugrundeliegenden ausgesagt […].”, Kategorien, 1b 6-7.

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  5. Die Philosophen des XVII und XVIII Jahrhunderts haben sich in ihren Formulierungen des Substanzbegriffs in der Regel auf einen der Aspekte des Aristotelischen Begriffs konzentriert. Descartes betont vor allem die ontologische Selbständigkeit der Substanz. Vgl. „Unter Substanz können wir nur ein Ding verstehen, das so existiert, daß es zu seiner Existenz keines anderen Dinges bedarf; und eine Substanz, die durchaus keines anderen Dinges bedarf, kann man nur als einzige denken, d.h. als Gott. Alle anderen aber können, wie wir sehen, nur mit Gottes Beistand existieren. Deshalb gebührt der Name Substanz Gott und den übrigen Dingen nicht in gleichem Sinne, univoce, wie man in den Schulen sagt, d.h. es gibt keine deutlich einzusehende Bedeutung dieses Wortes, welche Gott und den Geschöpfen gemeinsam wäre.”, Descartes 1644, § 51 (S. 17 f.). Ähnlich sieht die Sache Spinoza, wobei er in erster Linie die konzeptuelle Unabhängigkeit des Substanzbegriffs betont. Vgl. „Unter Substanz verstehe ich das, was in sich ist, und durch sich begriffen wird, das heißt das, dessen Begriff, um gebildet werden zu können, den Begriff eines anderen Dinges nicht bedarf.”, Spinoza 1677, Definition 3 (S. 3). Ihren Höhepunkt hat diese Entwicklungslinie im Werk von Leibniz gefunden. Vgl. „Es ist wohl wahr, daß man, wenn mehrere Prädikate ein und demselben Subjekte zugeschrieben werden, und wenn dieses Subjekt wiederum keinem anderen mehr zugeschrieben wird, dies eine individuelle Substanz nennt; das ist aber nicht ausreichend, und eine solche Erklärung ist nur nominal. […] Nun steht fest, daß jede wahre Aussage eine Grundlage in der Natur der Sache hat, und wenn ein Satz nicht identisch ist, das heißt, wenn das Prädikat nicht im Subjekte enthalten ist, so muß es darin virtuell enthalten sein, und das nennen die Philosophen in-esse (In-sein), indem sie sagen, daß das Prädikat im Subjekt ist. So muß der Subjektbegriff immer den des Prädikats in sich schließen, derart, daß derjenige, der den Begriff des Subjektes vollkommen verstünde, auch urteilen würde, daß das Prädikat ihm zugehört. Da dies so ist, können wir sagen, daß die Natur einer individuellen Substanz oder eines vollständigen Wesens darin besteht, einen so erfüllten Begriff zu haben, daß er zureichend ist, um alle Prädikate des Subjekts, dem dieser Begriff zugeschrieben wird, zu verstehen und daraus abzuleiten.”, Leibniz 1686a, S. 75. Andere Philosophen haben hingegen die Substrat-Funktion für den wichtigsten Aspekt des Substanzbegriffs gehalten. Der Substanzbegriff, der für Locke maßgebend ist, ist der Begriff eines erfahrungsmäßig nicht gegebenen (bloß postulierten) Trägers der erfahrungsmäßig feststellbaren Eigenschaften (die Locke ausnahmslos als Akzidentien interpretiert). Vgl. „So that if any one will examine himself concerning his Notion of pure Substance in general, he will find he has no other Idea of it at all, but only a Supposition of he knows not what Support of such Qualities, which are capable of producing simple Ideas in us; which Qualities are commonly called Accidents.”, Locke 1689, Book II, Ch. XXIII, § 2. Kant verfolgt die Intuition, welche die Substanz als ein bleibendes Substrat der Veränderung sieht. Vgl. Kritik der reinen Vernunft, A 182, B 225.

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  6. Die Frage, worin dieses Verhältnis besteht, bildet übrigens das Hauptproblem aller Anhänger der individuellen Eigenschaften. Typischerweise beruft man sich, wie wir im ersten Kapitel gesehen haben, auf die Relation der Ähnlichkeit, die zwischen den individuellen abstrakten Eigenschaften besteht.

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  7. Vgl. „[D]ie einen Gegenstände [sind] allgemein […], die anderen einzeln — mit ‘allgemein’ meine ich: Was von der Art ist, von mehreren Gegenständen ausgesagt zu werden; mit ‘einzeln’ etwas, wo das nicht geht; Beispiel:’ Mensch’ gehört zum Allgemeinen, ‘Kallias’ zu den Einzelbestimmungen […]”, Hermeneutik, 7, 17a 38-39.

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  8. Die Philosophen, die nur individuelle Eigenschaften anerkennen, versuchen indes zu zeigen, in welchem Sinne solche individuellen Eigenschaften von den konkreten Individuen doch ausgesagt werden können und wie, durch gewisse mengentheoretische Konstruktionen, sogar die Prädikation der Identität von Eigenschaften simuliert werden kann.

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  9. Vgl. z.B. die ausführliche Argumentation in der Metaphysik, 1038b 8-1041a 5.

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  10. Weiter schreibt jedoch Aristoteles: „In einer anderen Bedeutung nennt man Akzidens auch das, was einem Gegenstand an sich zukommt, ohne in seinem Wesen zu liegen, z.B. dem Dreieck die Winkelsumme von zwei Rechten. Das Akzidens in diesem Sinne kann ewig sein, in jenem aber durchaus nicht.”, Metaphysik, 1025a 30-33. Wir haben hier die Bestimmungen, die mit Notwendigkeit aus dem Wesen des Gegenstands folgen. Der Begriff Akzidens ist also bei Aristoteles zweideutig. Die Bestimmung, die sich durchgesetzt hat, ist jedoch vor allem die Erstgenannte: Akzidens als etwas Unwesentliches. Vgl. „Ein Seiendes ist entweder an sich oder akzidentell, bzw. ein Begriff ist entweder notwendig oder veränderlich. So ist ein Mensch ein an sich Seiendes, wogegen ein gelehrter Mensch oder ein König akzidentelle Seiende sind. Denn jedes Ding, das ‘Mensch’ genannt wird, kann nicht aufhören, Mensch zu sein, außer es würde vernichtet, dagegen kann jemand beginnen oder aufhören König oder Gelehrter zu sein, auch wenn er selbst derselbe ist.”, Leibniz 1686b, S. 5.

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  11. So ist es z.B. bei Husserl und Ingarden, wenn sie von der formalen und materialen Ontologie sprechen.

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  12. Ingarden schreibt sogar explizit, daß die Materie im Sinne von Aristoteles einen Aspekt der Form eines individuellen Gegenstands darstellt. Vgl. Ingarden 1964/65, Bd. II, Teil 1, Kap VII, §34.

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  13. Vgl. „Jede Monade muß sogar von jeder anderen verschieden sein. Denn es gibt niemals in der Natur zwei Seiende, die einander vollkommen gleich wären und bei denen es nicht möglich wäre, einen inneren oder auf einer inneren Bestimmung (denominatio intrinseca) beruhenden Unterschied zu finden.”, Leibniz 1714, S. 443.

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  14. Brentano bestand auf diesem Prinzip. Vgl. z.B. Brentano 1933, S. 247.

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  15. Vgl. „Dem Begriffe nach nämlich ist das Allgemeine früher, der sinnlichen Wahrnehmung nach das Einzelne. Und dem Begriffe nach ist auch das Akzidens früher als das Ganze (dem es zugehört), z.B. Gebildet früher als gebildeter Mensch. Denn der Begriff kann als gesamter nicht bestehen, ohne den Teil; wiewohl Gebildet auch nicht existieren kann, ohne daß jemand gebildet ist.”, Metaphysik, 1018b 34-37. Chisholm nennt dieses Prinzip das Prinzip des mereologischen Essentialismus. Vgl. z.B. Chisholm 1982a, S. 8.

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  16. Es ist allerdings logisch nicht ausgeschlossen, daß es nur eine Art von Lebewesen, nämlich Pferde, gibt. In diesem Fall würde natürlich die Regel scheitern. Deswegen haben wir betont, daß man hier eigentlich von den möglichen Gegenständen sprechen muß. Im Allgemeinen haben wir es hier mit einem stark nicht-extensionalen Diskurs zu tun.

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  17. Es gibt allerdings Philosophen, die die Aristotelische Unterscheidung zwischen substantialer Art-Form („kinds”) und akzidentellen Bestimmungen auch heute ernst nehmen. Vgl. Loux 1978, S. 163-166; Loux 1998, S. 117-127; Wiggins 1980; Lowe 1989.

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  18. Platon, der einerseits zwischen dem Allgemeinen und Individuellen eine unüberbrückbare Kluft sah, und andererseits als den Gegenstand der Wissenschaft das Allgemeine sehen wollte, wurde schließlich zur Theorie geführt, die die echte Realität den real abgetrennten Allgemeinheiten (Ideen) zumißt und die Welt der sinnlichen Individuen für eine Art Schein erklärt. Für Aristoteles, der den Allgemeinheitsaspekt in den Individuen plaziert und dem menschlichen Verstand ein Abstraktionsvermögen zuschreibt, existiert dieses Dilemma nicht. Die Wissenschaft handelt in allgemeiner Weise von den konkreten Individuen.

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  19. Wenn wir dazu noch die Zweckursache berücksichtigen, erhalten wir das klassische Aristotelische Zusammenspiel von vier Ursachen (Materie, Form, bewegende Ursache und Zweckursache). Die Probleme der Teleologie in der Aristotelischen Welt lassen wir allerdings in diesem Buch beiseite.

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  20. Mit der Ausnahme der einfachen Substanz — der reinen Aktualität des ersten Bewegers, die wir jedoch im Rahmen unserer beschränkten Untersuchung beiseite lassen.

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  21. Vgl. auch: „Die bloßen Namen und Handlungsworte für sich gleichen nun dem Denkinhalt ohne Verknüpfung und Trennung, z.B. ‘Mensch’ oder ‘weiß’, wenn nicht etwas hinzugesetzt wird: da liegt nirgends wahr oder falsch vor. Beleg dafür ist: Auch ‘Bockhirsch’ bezeichnet ja etwas, nur noch nichts Wahres oder Falsches, — solange man noch nicht ein’ sein’ oder ‘nicht sein’ dazusetzt, entweder einfach so oder auf Zeit.”, Hermeneutik, 1, 16a 13-18.

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  22. So interpretiert Thomas von Aquin die Aristotelische Lehre von der tätigen Vernunft. Vgl. „Demgemäß also wird, soweit die Phantasiebilder in Betracht kommen, die intellektuelle Erkenntnis durch den Sinn verursacht. Weil aber die Phantasiebilder den möglichen Verstand (intellectus possibilis, Verstand in Möglichkeit) nicht verändern können, sondern dieselben durch den wirkenden Verstand (intellectus agens) actu intelligibel werden müssen, so kann man nicht sagen, daß die sinnliche Erkenntnis die ganze und vollkommene Ursache der Verstandeserkenntnis sei, sondern sie ist vielmehr gewissermaßen die Materie der Ursache.”, Summa theologica, I, q. 84, a. 6 (in: Thomas von Aquin 1977, S. 23 f.)

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  23. Vgl. „Es ist Thomas zufolge entscheidend, daß ich dann etwas bestimme und erfasse, was bereits in den Phantasmata enthalten ist. Ich füge den Phantasmata nichts hinzu. Vielmehr werden diese von meinem Intellekt ‘illuminiert’, wie Thomas in metaphorischer Weise sagt (vgl. STI, q. 85, art. 1, ad 4).”, Perler 2002, S. 63.

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Chrudzimski, A. (2004). Die Elemente der Aristotelischen Metaphysik. In: Die Ontologie Franz Brentanos. Phaenomenologica, vol 172. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-007-0964-5_3

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