Zusammenfassung
Wenn die Hermeneutik die Frage und den Fragenden an den Anfang des Erkenntnisprozesses stellt, werden im Geschichtsunterricht die Fragen der Schüler besonders wichtig. Echte Fragen werden aus Neugier gestellt und nicht, weil versucht wird, den diesbezüglichen Erwartungen des Lehrer und den Sachzwängen eines bestimmten Unterrichtsstils zu entsprechen. Ritualisiertes Fragen um des Fragens willen ist in Schule häufig zu beobachten323. Warum fällt Schülern das echte Fragen so schwer beziehungsweise warum scheint, das ist mein Eindruck, die Bereitschaft dazu mit wachsendem Alter immer mehr abzunehmen? Neugier ist alltagssprachlich oft negativ besetzt, wie das Sprichwort zeigt, das ich als Titel dieses Kapitels gewählt habe. Neugierige Fragen werden zurückgewiesen, als Zumutung empfunden oder als Zeichen für Inkompetenz interpretiert. Im Unterricht kann die Frage eines Schülers, die vom Lernziel wegführt, als Störung empfunden und mit dem Hinweis, später darauf zurückkommen zu wollen, ausgeklammert werden, wenn sie nicht sogar als Zeichen für Dummheit oder fehlende Konzentration interpretiert wird und schlechte Noten nach sich zieht. Man stelle sich vor, in einer Lehrprobe oder der Examensstunde würde der zu prüfende Referendar mit einer Flut von Fragen aus der Lerngruppe konfrontiert, die er in seinem Verlaufsplan nicht unterbringen kann. Ein solcher Albtraum ist nur mit der entgegengesetzten, aber ähnlich schrecklichen Situation zu vergleichen, dass eine Schülerin gleich zu Anfang der Stunde diejenige Antwort gibt, die erst an ihrem Ende fallen soll, so dass das Lernziel bereits nach fünf Minuten erreicht zu sein scheint.
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Literatur
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van Norden, J. (2011). „Neugier kommt vor dem Fall!“. In: Was machst Du für Geschichten?. Reihe Geschichtsdidaktik, vol 13. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-499-5_4
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