Zur Situation in Deutschland

Zusammenfassung

Kriminalprognosen haben im deutschen Strafrecht eine erhebliche Bedeutung, da die einschlägigen Gesetzesvorschriften vielfältige und mitunter sehr weitreichende Rechtsfolgen von der Einschätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit von Rechtsbrechern abhängig machen. Nicht zuletzt die aktuelle Debatte über die Verschärfung der Möglichkeiten zur Anordnung von Sicherungsverwahrung unterstreicht das Bedürfnis nach entsprechenden Vorhersagen und das Vertrauen, das der Gesetzgeber offenbar in die tatsächlichen Möglichkeiten einigermaßen verlässlicher Kriminal(rückfall)prognosen setzt. Vor allem bei Rechtsentscheidungen mit größerer Tragweite sehen Gesetzestexte und Rechtsprechung die Herbeiziehung sachverständiger Prognosegutachter vor, die den Rechtsanwender bei seiner Entscheidungsfindung mit fachlicher und methodischer Expertise unterstützen und die richterliche Entscheidung in ihren verhaltensprognostischen Bezügen auf eine rationale und wissenschaftlich fundierte Grundlage stellen sollen. Das Rechtssystem verlangt dabei streng individuelle, d. h. auf die Besonderheiten des Einzelfalls zugeschnittene Prognosebeurteilungen des jeweiligen Betroffenen. Diese Aufgabe erfordert in letzter Konsequenz klinisch-idiographische Prognosemethoden. Statistische Vorhersagekonzepte fußen prinzipbedingt auf statistischen Durchschnittsverhältnissen und können daher für sich genommen den Rechtsansprüchen nicht genügen.