Zusammenfassung
Eine scheinbar alltägliche Gerichtsverhandlung bildet den äußeren Rahmen für das Handlungsgeschehen der Erzählung „Ein Wildermuth“ von Ingeborg Bachmann:
Ein Landarbeiter hatte seinen Vater erschlagen und sich am darauffolgenden Tag der Polizei gestellt 1 . Obwohl der Angeklagte die Tat eingesteht, bleibt der eigentliche Tathergang unklar 2 . Selbst die Vernehmung eines Sachverständigen bringt kein eindeutiges Ergebnis 3 . Im Gerichtssaal breitet sich angesichts unterschiedlicher Tatversionen Unsicherheit aus 4 . Da schreit der Richter Wildermuth auf. Er schreit nach der Wahrheit 5 .
Dieser Aufschrei steht für ein Suchen nach der Wahrheit, nach der wirklichen vollen Wahrheit des Geschehens, das Gegenstand dieses Prozesses ist6. Im Aufschrei des Richters Wildermuth drückt sich die Einsicht aus, daß es bei der Wahrheitserforschung im Strafverfahren nicht um die absolute Wahrheit gehen kann. Angesichts dessen bleibt die beunruhigende Frage, wie sich die persönliche Überzeugung von der Wahrheit objektivieren läßt, ohne bloß in ein subjektives Meinen zu verfallen7.
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Eicker, A. (2001). Prolog. In: Die Prinzipien der »materiellen Wahrheit« und der »freien Beweiswürdigung« im Strafprozeß. Reihe Rechtswissenschaft. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-373-8_1
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Publisher Name: Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim
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