Zusammenfassung
Während es in den 70er Jahren in der EG-Bußgeldpraxis noch Anzeichen dafür gab, daß die Verwirklichung des subjektiven Merkmals des Vorsatzes auch aktuelles Unrechtsbewußtsein voraussetzt, ist bereits seit 1978 davon auszugehen, daß sich der Vorsatz ausschließlich aus der Tatsachen- und Bedeutungskenntnis bezüglich der tatbestandsrelevanten Umstände konstituiert. Das (fehlende) Unrechtsbewußtsein und die (mit der Wahrnehmung der Unternehmensinteressen zusammenhängenden) Handlungsmotive (der befugterweise handelnden Mitarbeiter) des betroffenen Unternehmens bei der Begehung von Kartelldelikten büßen im Rahmen dieser Praxis gleichwohl nicht jede Bedeutung ein. Sie werden vielmehr in der neben dem Vorsatz stehenden und ebenfalls als Voraussetzung für die Bejahung der Schuld wegen eines Vorsatzdelikts geltenden Wertungsebene der Verantwortlichkeit berücksichtigt. Zur Annahme von Schuld wegen eines Vorsatzdelikts ist danach zumindest die Erkennbarkeit des Unrechts (Unrechtsfahrlässigkeit) erforderlich, die unter Heranziehung von Unvermeidbarkeitskriterien überprüft wird. Unter Umständen kann außerdem das Handeln unter dem psychologischen Zwang von dritten Marktteilnehmern oder die Verfolgung legitimer Geschäftsinteressen zum Wegfall der Verantwortlichkeit fuhren. Nicht zu übersehen ist allerdings das Bestreben der Gemeinschaftsorgane, die mit dem Unrechtsbewußtsein sowie den Handlungsmotiven zusammenhängenden Fragen — aus generalpräventiven Gründen — auf den Bereich des verwaltungsrechtlichen Opportunitätsprinzips bzw. richterlichen Ermessens zu verlagern.
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Papakiriakou, T. (2002). Kritische Zusammenfassung der europäischen Praxis und die daraus für das griechische Recht zu ziehenden Lehren. In: Das Europäische Unternehmensstrafrecht in Kartellsachen. Studien zum Wirtschaftsstrafrecht. Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim. https://doi.org/10.1007/978-3-86226-319-6_19
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Publisher Name: Centaurus Verlag & Media, Herbolzheim
Print ISBN: 978-3-8255-0359-8
Online ISBN: 978-3-86226-319-6
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