Auszug
Im dritten Kapitel möchte ich soziologisch erklären, welche Bedeutung die Lebensführung in akademischen Berufen hat und welche Dimensionen eine professionelle Lebensführung in neuen Professionen umfasst.
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Literatur
Die gesellschaftliche Bedeutung der Veränderung einer traditionellen Lebensführung zeigt Weber beispielsweise in seiner Analyse „Die protestantische Ethik und der ‚Geist ‘des Kapitalismus“. Hier beschreibt er den Einfluss von neuem, protestantischem Gedankengut auf die alltägliche Lebensführung der entsprechend geprägten Gruppen. Eher traditionell geleitetes Verhalten entwickelt sich zu einer durch Ziele ausgerichteten zweckrationalen Lebensgestaltung hin. Dieser Umbruch war bedingt durch eine Veränderung der religiösen Werte: Traditionell auf das Jenseits ausgerichtet, verlagerte sich in protestantischen Kreisen der Schwerpunkt auf das Schaffen und Tun im diesseitigen Leben. Die Entwicklung einer zweckrationalen Lebensführung beobachtet Weber vor allem in protestantischen und calvinistischen Kreisen. Diese neue Lebensführung bietet, so führt Weber aus, dem Kapitalismus günstige Vorraussetzungen für seine Weiterentwicklung (Weber 1988).
Webers Begriff der „Lebensführung“ wird in der angloamerikanischen Literatur nicht ganz korrekt mit „lifestyle“ (Lebensstil) übersetzt. Die korrekte Übersetzung lautet „life conduct“ (Abel/ Cockerham 1993). Mittlerweile ist der Lebensstilbegriff auch im deutschen Sprachraum verbreitet.
Steht für die Fürsorge der nachwachsenden Generation nur ein alleinerziehendes Elternteil zur Verfügung, dann ist dieser Prozess umso schwieriger, weil die Einkommenssicherung und Fürsorge sich häufig nur auf eine erwachsene Person konzentriert, die auf gesellschaftliche Unterstützung für Kinderbetreuungsleistungen angewiesen ist (Jurcyk/ Lange 2004).
Arbeiten Abott (1988) machen darauf aufmerksam, dass fachliche Wissensvermittlung und Sozialisation anhand einer Berufsethik gemeinsam betrachtet werden müssen. Freidson (1986) und Larson (1977) beschäftigen sich mit der Frage nach dem sozialen Stellenwert von akademischem Wissen, welches die Vormachtstellung von Professionen legitimiert.
Max Weber hat Marx’ Klassenkonzept ausgearbeitet und unterscheidet drei Klassen: Besitzklassen, Erwerbsklassen und soziale Klassen. Für meinen Untersuchungsgegenstand ist die Erwerbsklasse — bestimmt durch unterschiedliche Erwerbschancen — besonders interessant. Weber unterscheidet in nicht privilegierte und positiv privilegierte Erwerbsklassen (Weber 1976).
Parsons schränkt die Funktion der institutionell gebilligten Erfolge in akademischen Berufen auf Professionelle in gut integrierter Situation ein. In einer randständigen Position kann Erfolg auch durch nicht institutionell gebilligte Praktiken erzielt werden. Die Bedeutung der akademischen Berufe für die Gesellschaft liegt weniger in dem besonderen Glauben an ein spezifisches Feld begründet als in einem komplexen Gleichgewicht der Kräfte. Unterschiede sind weniger durch andere Motive in den Persönlichkeiten (Akademiker — Altruist, Geschäftsmann — Eigeninteresse) als durch andere institutionelle Muster der Handlungsbereiche bedingt (Parsons 1968: S. 171ff.).
Wetterer nutzt Goffmans Ansatz der „institutionellen Reflexivität“ als Schlüssel zur Erklärung von Geschlechterarrangements. Das soziale Geschlecht wird so institutionalisiert, dass es genau die Merkmale des Männlichen und Weiblichen entwickelt, welche angeblich die differente Institutionalisierung begründen. Die interaktive Herstellung der Geschlechterzugehörigkeit von Personen und Arbeitsplatz ereignet sich auf der Mikroebene des beruflichen Alltagshandelns. Aber das „doing gender“ wird nicht nur in der Interaktion erzeugt, sondern es wird auch durch Institutionalisierung der Geschlechterverhältnisse in die Mesoebene transportiert. Es entstehen Frauen-und Männerberufe, Männer-und Frauenprofessionen etc. Auf der Makroebene ist schließlich der geschlechtersegregierte Arbeitsmarkt zu beobachten (Wetterer 2002: S. 27).
Die Unsicherheit, die dadurch bei dem Einzelnen entsteht, z. B. welche Qualifikationen nützlich und karriererelevant sind, kommt in der wachsenden Nachfrage nach Karriereratgebern zum Ausdruck. Die Kombination von Leistung und außerfachlichen Kompetenzen werden hier auf den Beruf zugeschnitten beschrieben (beispielsweise für Ingenieurwissenschaften: Hesse 1998; und für Chemie: Laue, Schmitz 2001). Neben einzelnen Fallbeispielen — der Beschreibung von Karrieren — werden eine Reihe von Merkmalen, wie gute Noten, Auslandsaufenthalt oder Praktika, herausgehoben und dem akademischen Nachwuchs mit der Botschaft, dass diese Merkmale die Karriereverläufe positiv unterstützen sollen, zugänglich gemacht (Schomburg u.a. 2001). Aber die Bedeutung dieser Kennziffern für akademische Karrieren muss in Frage gestellt werden (Minks 2001, Haffner, Könekamp, Krais 2006).
Im Staatsdienst erreichten Ingenieure schneller Anerkennung. In Frankreich und Russland zeigt sich diese Entwicklung eindrucksvoll durch die Gründung der entsprechend anerkannten Ausbildungseinrichtungen. (Späth 1988).
Vorläufer des Fachkulturkonzeptes ist P.C. Snows Rede von den zwei Kulturen aus dem Jahr 1959. Er unterstrich die Gegensätzlichkeit der geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichtechnischen Denkmodelle, die zur wechselseitigen Entfremdung, Gleichgültigkeit und Aversion geführt hätten (Snow 1967). Spätestens nach diesem Vortrag zur Bedeutung der zwei Kulturen entwickelte sich eine Diskussion über die unterschiedlichen Kulturen innerhalb der Wissenschaft. Der Machtkampf in der Wissenschaft, den er als durch zwei gegensätzliche Lager geprägt beschrieben hatte, ist jedoch komplexer. Dennoch macht seine Rede über zwei Kulturen auf eine Verschiebung des Kräfteverhältnisses innerhalb der Disziplinen aufmerksam. Hatte die humanistisch geprägte Universität noch eine andere, eher geisteswissenschaftlich orientierte „Leitkultur“ im Blick, fordern nun immer größer werdende neue Fachbereiche mehr Anerkennung der Bedeutung ihres Wissens ein. Versteht man Wissenschaft als Kräftefeld, in dem unterschiedliche Disziplinen um Mittel, Macht und Einfluss ringen, dann tritt das Bild der Universität stärker in den Hintergrund. Einzelne Wissensinseln, die sich durch Horizontbeschränkung gegenseitig ignorieren und die relativ unabhängig agieren, verkörpern relationale Positionen und kämpfen um mehr Macht und Einfluss auf das gesamte Kräftefeld der Wissenschaft. Die verschiedenen Disziplinen der Universität spiegeln nun, sichtbarer denn je, nicht nur den Kampf um Positionen, sondern auch um ihre Beschreibung des Weltbildes wieder, um die Vormachtstellung ihrer Sichtweise zu untermauern. Die Anerkennung der neuen Sichtweisen, die naturwissenschaftliche und technische Fächer einfordern, benötigt Koalitionen, die sie vor allem im Feld der ökonomischen Macht finden können.
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(2007). Akademische Berufe und Lebensführung. In: Chancengleichheit in akademischen Berufen. DUV. https://doi.org/10.1007/978-3-8350-9681-3_3
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