Zusammenfassung
Scheinbar unaufhaltsam schreitet die „Demokratisierung der Anatomie“ voran. Weltweit sahen inzwischen über 9 Millionen Menschen die Ausstellung ‚Körperwelten‘, Tendenz steigend, und noch ist kein Ende des Städteparcours abzusehen, auf dem der Heidelberger Anatom Gunther von Hagens seine Plastinate präsentiert. Staunend stehen die Besucher vor posierenden menschlichen Präparaten, die — mit Kunststoff durchtränkt — diverse Körpereinblicke und Körperanblicke bieten. Ein letztes Refugium der Wissenschaften soll geöffnet werden, der Blick unter die Haut in die Körpertiefen einem jeden gestattet sein. Anatomisches Wissen will von Hagens für alle zugänglich machen, die Menschen zum Nachdenken über Tod und Sterben anregen und mit seinen besonders aufwendig gearbeiteten Gestaltplastinaten neue, ungewohnte Körperperspektiven erproben. Von Kunst sprachen die einen, von Scharlatanerie die anderen. Heftig wurde landauf, landab über das Für und Wider dieser Schau gestritten. Politik und Kirchen schalteten sich in die Debatten ein. Gerichte wurden bemüht. Die Medien hatten ein Thema und inszenierten im Verbund mit den Ausstellungsmachern die ‚Körperwelten‘ auch zu einem Medienereignis. Jeder ‚Skandal‘, jeder schrille Ton hatte letztlich nur den einen Effekt: Die Darbietung wurde noch populärer. Aus einem regionalen Projekt wurde, gemessen an der Resonanz, die erfolgreichste Sonderausstellung aller Zeiten.
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Literatur
Vgl. hierzu Jörg Blech: Der Leichenfabrikant. Der Spiegel, Nr. 39, 21.09.2002, S. 190–193.
Vgl. beispielsweise Peter Nonnenmacher: Im Bann des Makabren. Frankfurter Rundschau, Nr. 272, 22.11.2002, S. 3.
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Bogusch, G., Graf, R., Schnalke, T. (2003). ‚Körperwelten‘ und kein Ende. In: Auf Leben und Tod. Schriften aus dem Berliner Medizinhistorischen Museum, vol 2. Steinkopff, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-7985-1961-9_1
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Print ISBN: 978-3-7985-1424-9
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