Zusammenfassung
Die tierschutzorientierte Labortierethologie ist eine neue Richtung der Ethologie. Forschungsschwerpunkt ist das Erarbeiten von naturwissenschaftlich nachvollziehbaren und reproduzierbaren Grundlagen zur Beurteilung der Tiergerechtheit von Haltungsformen und zur Entwicklung tiergerechter Haltungskonzepte und neuer Haltungsnormen. Untersucht werden die Verhaltenssteuerung sowie die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen des Verhaltens für das Tier und dessen räumliche und soziale Umgebung. In restriktiver Haltung auftretende Störungen des Verhaltens werden in Beziehung gebracht zu streßphysiologischen Veränderungen, morphologischen Schäden und klinisch-somatischen Dysfunktionen.
In der vorliegenden Arbeit wird die Bedeutung der tierschutzorientierten Ethologie für die Ausbildung und für die Tierschutzforschung in der Tiermedizin und in der Versuchstierkunde diskutiert. Dem Refinement bei der Haltung und im Umgang mit Labortieren sind grundsätzlich keine Grenzen gesetzt. Haltungsnormen sind dagegen verbindliche minimale Grenzwerte, die unter dem Aspekt des Tierschutzes eine tiergerechte Haltung erlauben sollten. Konsensfahiges Refinement der Haltungsnormen setzt differenzierte und belegte ethologische Kenntnisse der Labortierarten und -stämme voraus. Ein beim Refinement der Haltung und des Umgangs mit Versuchstieren verbreitet angewandter intuitiv-empirischer Forschungsansatz bringt große Probleme bei der Interpretation der Befunde. Er wird einem zoologischen Forschungsansatz gegenübergestellt, der eine wissenschaftliche Entwicklung tiergerechter Haltungskonzepte und Haltungsnormen ermöglicht.
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Stauffacher, M. (1993). Tierschutzorientierte Labortierethologie in der Tiermedizin und in der Versuchstierkunde — ein Beitrag zum Refinement bei der Haltung von und im Umgang mit Versuchstieren. In: Schöffl, H., Spielmann, H., Koidl, B., Gruber, FP., Reinhardt, A. (eds) Alternativen zu Tierversuchen in Ausbildung, Qualitätskontrolle und Herz-Kreislauf-Forschung. Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-9307-5_2
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