Skip to main content

Über die „Unschärferelation“ in der Psychopharmakotherapie angesichts des ganzheitlichen somatopsychosoziokulturellen Therapieprozesses in einem individuellen Menschen

On the “uncertainty-principle” in psychopharmacotherapy in the context of the holistic somatopsychosociocultural therapeutic process in the individual human subject

  • Conference paper
Psychodynamik der Medikamente
  • 26 Accesses

Zusammenfassung

Diese Arbeit ist ein theoretisch-konzeptioneller und kritischer Diskurs über die Frage nach der Position der Psychopharmakotherapie innerhalb des Therapieprozesses eines Individuums. Die Antwort, welche dieser Diskurs auf mehreren Argumentationsebenen zu geben versucht, ist, daß die Position des Psychopharmakons, innerhalb der integrierten Bedienungsstruktur des Therapieprozesses und im Einzelfall eines Patienten, grundsätzlich unbestimmbar sei (der Autor nennt dies die „Unschärferelation“ in der Psychopharmakotherapie). Oder praxisnah ausgedrückt: Die Größe des Anteils des Psychopharmakons an der manifesten psychotherapeutischen Wirkung ist im Einzelfall eines Patienten immer ungewiß.

Im speziellen schlägt der Autor einige konzeptionelle Korrekturen vor, die diesem Sachverhalt Rechnung tragen und Mißverständnisse abbauen könnten: (1) Psychopharmaka sollte man nicht „psychotrop“ nennen, sondern „neurotrop“ bzw. „zerebrotrop“; ferner sollte man die manifeste Gesamtwirkung im Rahmen einer Psychopharmakatherapie im Erfolgsfalle „psychotherapeutisch“ nennen (durchaus in dem gleichen Sinne, in welchem man die Symptomremission, z.B. bei einer erfolgreichen Verhaltenstherapie, ebenfalls psychotherapeutisch nennt. (2) Psychopharmaka sind zwar psychotherapeutisch wirksam (im Sinne der Symptomremission), dies aber nicht auf individuell spezifische Weise, denn man könne im Einzelfall eines Patienten nicht entscheiden, ob die manifeste therapeutische Wirkung dem Pharmakon, oder aber einem unspezifischen Placeboeffekt zuzuschreiben sei. Somit reduziert sich die sog. Spezifität der Psychopharmaka auf ihre neurotropen Wirkungen und auf ihre — keineswegs in jeder Forschungsstudie — nachweisbare therapeutische Überlegenheit über Placebo im statistischen Mittelwertvergleich von Gruppen von Patienten. (3) Psychopharmaka interagieren mit anderen Therapieformen, von den leiborientierten Therapien über die Patient-Arzt Beziehung bis hin zu den Gruppentherapien, ebenfalls in einer im Patienteneinzelfall grundsätzlich unbestimmbaren Weise. Diese Art der Unschärferelation der Psychopharmakotherapie beruht u. a. darauf, daß das Psychopharmakon innerhalb des somatopsychosoziokulturellen Therapieprozesses (welchen die ganze Person eines Menschen integriert), an hierarchisch unterster Stelle zur primären Wirkung gelangt (nämlich an zellulären Bindungsstellen). Somit besteht für das Pharmakon eine „vertikale“ Interaktion mit anderen Therapieformen, welche grundsätzliche Beurteilungsprobleme der Beziehung aufwirft, sofern man nicht die beliebte Ausflucht in den naturwissenschaftlichen Reduktionismus wählen will (wo hierarchisch unterschiedliche Ebenen auf eine einzige Untersuchungsebene reduziert werden).

Im Verhältnis zwischen Psychopharmakotherapie und struktureller Psychotherapie sollte, neben ihrer Gemeinsamkeit (s.psychotherapeutisch), auch ein wesentlicher Unterschied festgehalten werden: Die Psychopharmaka kann man als Induktoren zur Desinvolution der Bewußtheit eines Individuums auffassen, wohingegen strukturelle Psychotherapien als Induktoren für Evolutionsprozesse der Bewußtheit einer Person konzipiert werden können.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 84.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Brockhaus Enzyklopädie (1974): Unschärferelation. Band 19, 276

    Google Scholar 

  2. Prigogine, I. und Stengers, I. (1986): Dialog mit der Natur. Neue Wege naturwissenschaftlichen Denkens. Piper, München-Zürich, 236

    Google Scholar 

  3. Uexküll, T. von, und Wesiack, W (1988): Theorie der Humanmedizin. Grundlagen ärztlichen Denkens und Handelns. Urban & Schwarzenberg, München-Wien-Baltimore, 292 ff

    Google Scholar 

  4. Usdin, E. Forrest, E. (1977): Psychotherapeutic drugs. Dekker, New York-Basel

    Google Scholar 

  5. Langer, G. (1986): Über die psychotherapeutischen Wirkungen von Psychopharmaka: Grundsätzliche Anmerkungen aus psychobiologischer Sicht. Wiener Medizinische Wochenschrift 19: 491–497

    Google Scholar 

  6. Strotzka, H. (1984): Psychotherapie und Tiefenpsychologie. Springer, Wien-New York

    Book  Google Scholar 

  7. Langer, G. (1987): Placebo: Jenseits von „Schein“ und „Störgröße“. Argumente für die Aufwertung eines bedeutenden protherapeutischen Begriffes („Aura Curae“). Wiener Klinische Wochenschrift 20, Supplementum 175: 1–20

    CAS  Google Scholar 

  8. Langer, G. (1991): Des Bewußtseins unverbindliche Verbindlichkeit oder Fragmente für eine „Metasemiotische Bewußtseinstherorie“. In, „Das Bewußtsein und seine (Um-)Welt“, G. Guttmann und G. Langer (Hrsg.). Springer, Wien-New York. In Vorbereitung

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1991 Springer-Verlag Wien

About this paper

Cite this paper

Langer, G. (1991). Über die „Unschärferelation“ in der Psychopharmakotherapie angesichts des ganzheitlichen somatopsychosoziokulturellen Therapieprozesses in einem individuellen Menschen. In: Danzinger, R. (eds) Psychodynamik der Medikamente. Schriftenreihe der Wissenschaftlichen Landesakademie für Niederösterreich. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-3371-2_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-7091-3371-2_2

  • Publisher Name: Springer, Vienna

  • Print ISBN: 978-3-211-82314-9

  • Online ISBN: 978-3-7091-3371-2

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics